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Wimbledon 1985 - Finale der Herren: Boris Becker schreibt gegen Kevin Curren Geschichte

Grand Slam

Wimbledon-Finale 1985: Als Boris Becker Geschichte schrieb

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    Boris Becker reckt die begehrteste Trophäe im Tennis in die Höhe. 1985 gewann er Wimbledon.
    Boris Becker reckt die begehrteste Trophäe im Tennis in die Höhe. 1985 gewann er Wimbledon. Foto: dpa (Archivbild)

    Genau sieben Sekunden lang streckte Boris Becker beide Arme in die Luft, die Hände zu Fäusten geballt – unter dem tosenden Applaus der Zuschauer. Der 17-Jährige hatte gerade Geschichte geschrieben, als erster ungesetzter Spieler das legendäre Tennis-Turnier von Wimbledon gewonnen. Der 7. Juli 1985 ist der Beginn einer großen Karriere. Der Karriere eines Ausnahmesportlers, der zu dieser Zeit nicht nach einem solchen aussah.

    Wimbledon 1985 Finale: Becker besiegte Curren

    Als der Teenager in Wimbledon auftrat, hatte er bereits die Größe von 1,90 Meter erreicht. Mit Babyface, stämmigen Oberschenkeln und breiten Schultern sah er nicht wie der Paradeathlet aus. "Er spielte ein seltsames Tennis, er gebrauchte seine Beine nicht. Dafür warf er sich wie ein Torwart den Bällen entgegen und brüllte vor Wut, wenn er sie nicht bekam", erinnert sich Günther Bosch in seinem Buch "Boris" an seine erste Begegnung mit dem neunjährigen Becker. Er wurde in der Folge der Trainer des Jungen, der dann für die vielleicht größte Sensation in der Tennis-Geschichte sorgte.

    "Wenn ich heute an den tollpatschigen Jungen zurückdenke, dann sehe ich seine Augen. Er guckte anders als die übrigen Kinder. Jedem ankommenden Ball sah er so konzentriert entgegen, dass ich dachte: So etwas ist bei einem Kind doch nicht möglich. Wie kann ein Kind den Ball so konzentriert ansehen?", schreibt Bosch. Die Konzentration und der Wille begleiten Beckers Karrie. Formlose Beine, ein undefinierter Körper und leichtes Übergewicht hielten die deutsche Tennis-Legende auch im Wimbledon-Finale 1985 nicht auf.

    In diesem traf er auf den Südafrikaner Kevin Curren, der im Jahr 1985 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft annahm. In London spielte er in diesem Jahr sein bestes Turnier, schlug Jimmy Connors, Stefan Edberg und Titelverteidiger John McEnroe. Letzteren sogar deutlich. Doch für den großen Triumph reichte es nicht, denn Becker war im Wimbledon-Finale 1985 der bessere Spieler. Er siegte mit 6:3, 6:7, 7:6 und 6:4. Er schrieb Geschichte.

    Becker war in Wimbledon 1985 schon vor der Aufgabe

    Der Weg ins Finale war dabei fast so außergewöhnlich, wie der Finalsieg selbst. In der Dritten Runde wurde sein Match gegen Joakim Nyström beim Stand von 3:6 und 7:6 wegen Regens unterbrochen. Die Pause dauerte zwei Tage an. In dieser Zeit hatte Becker Fieber und war stark angeschlagen. "Nyström ist die Nummer Acht in der Welt, es ist keine Schade, als Ungesetzter gegen einen Gesetzten zu verlieren", sagte ihm sein Manager Ion Tiriac.

    Becker verlor aber nicht, auch wenn er drei Matchbälle gegen sich hatte. Zweimal schlug Nyström zum Matchgewinn auf, doch zweimal breakte Becker. Letztlich gewann er im fünften Satz mit 9:7. "Ich spiele jeden Return volles Risiko. Tiriac brüllt Bosch in die Ohren: 'Der ist wahnsinnig! Wie kann er so spielen? Dieses Risiko!'", beschrieb Becker das Spiel später ein seiner Autobiographie "Augenblick, verweile doch...". Becker war mit 84 Kilogramm ins Match gegangen. Nach dem Matchball wog er noch 71 Kilogramm.

    Am Tag darauf muss Becker im Achtelfinale gegen den US-Amerikaner Tim Mayotte ran. Becker liegt mit 1:2 Sätzen und 5:6 im vierten Satz zurück. "Dichtes Gedränge. Lärm. Plötzlich knicke ich um. Mein Knöchel schmerzt", erinnert sich Becker: "Ich gehe aufs Netz zu, will die Hand ausstrecken." Er denkt an seine Verletzung ein Jahr zuvor, die sein Wimbledon-Turnier in der dritten Runde beendet hatte. Doch Trainer und Manager halten Becker auf.

    "Bosch, tu was! Sag was! Er soll drei Minuten Auszeit nehmen!", soll Tiriac geschrien haben. "Es ist nichts. Nimm deine Auszeit. Du spielst weiter!", brüllte Bosch. Becker nahm seine medizinische Auszeit, doch der Arzt schafft es in den drei Minuten gar nicht erst auf den Platz. Dann soll das Spiel weitergehen, doch Tiriac verhindert das. "Tiriac war alles scheißegal, er ist einfach auf den Platz marschiert", verriet Mayottes Bruder John der New York Times. Tim Mayotte habe zwar protestiert, doch es soll ein "Netter-Junge-aus-New-England-Protest" gewesen sein. Das Ergebnis: Becker durfte sich seinen Knöchel noch tapen lassen und Mayotte war in der Folge von der Rolle. Den kommenden Tiebreak gewann Becker, wie auch den fünften Satz mit 6:2.

    Becker: "Ich haue einfach drauf"

    In Deutschland wächst die Begeisterung, die Menschen begleiten Beckers Weg an den Fernsehern. Im Viertelfinale lässt dieser Henri Leconte keine Chance und gewinnt souverän in vier Sätzen. Im Halbfinale sieht es gegen Anders Järryd, die fünf der Welt, allerdings nach einer Pleite aus. Becker verliert den ersten Satz, dann kommt ihm aber der Regen zur Hilfe. "Wenn das Gewitter am Freitag nicht zur Spielunterbrechung geführt hätte, wäre ich von Järryd vom Platz gefegt worden. Einen Tag danach war er so nervös, da hätte meine Großmutter gegen ihn gewonnen. Nur ein Zufall?", schrieb Becker in seiner Autobiografie. Er gewann in vier Sätzen, dann folgte das große Finale.

    Wenn Wimbledon 2022 am 27. Juni beginnt, dann werden viele an "Bum-Bum-Boris" denken – und auch an seine Worte nach seinem größten Triumph. "Ich haue einfach drauf." 37 Jahre ist das nun her. Wimbledon konnte Becker in der Folge noch zwei weitere Male gewinnen. Nach seiner Karriere verlief sein Leben dann auf Abwegen. Anders verhält es sich offenbar bei Curren. "Boris kann die Titel behalten, ich möchte nicht tauschen", sagte der US-Amerikaner im Jahr 2016 der Welt: "Ich habe ein ausbalanciertes, gut strukturiertes, ruhiges Leben. Ich bin glücklich und zufrieden."

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