Werder Bremen gegen den FC Bayern – wenn diese Partie am Samstagnachmittag (15.30 Uhr, Sky) angepfiffen wird, sind die Vorzeichen klar. Hier der Tabellenführer und Meisterschaftsanwärter, der unter der Woche einen der höchsten Siege in der Champions League gefeiert hat – dort der SV Werder, dessen vornehmliches Ziel der Klassenerhalt ist und der bei optimalem Saisonverlauf in Richtung internationales Geschäft schielen darf. Dabei ist es gar nicht so lange her, dass Werder gegen die Bayern ein Spitzenspiel war, das wie kaum andere Spiele aufgeladen war: Norden gegen Süden, Wille Lemke gegen Uli Hoeneß, irgendwie auch SPD gegen CSU.
Vor allem die Rivalität der beiden langjährigen Macher Lemke und Hoeneß hat das Spiel in den 80er und 90er Jahren lange elektrisiert. Für den Fußball-Autoren Ben Redelings steht fest: „Lemke gegen Hoeneß – das ist die größte Feindschaft, die die Bundesliga jemals erlebt hat.“ Redelings ist Filmemacher und Autor mehrere Bücher über die Bundesliga („Das neue Buch der Fußballsprüche“). Den Dauerzoff zwischen dem Werder-Macher und dem Bayern-Patron hat der 48-Jährige mit großem Interesse verfolgt – daran, dass Lemke und Hoeneß sich am Ende noch versöhnt haben, glaubt er aber nicht. „Man muss es leider so sagen: Das ist eine Feindschaft, die den Tod überlebt hat.“ Hoeneß hatte Lemke zu dessem Tod im August als „Mann des Dialogs“ gerühmt. Dass die beiden zu einem, wie Hoeneß sagte, „guten Verhältnis“ gefunden hätten, bezweifelt Redelings.
Lemke gegen Hoeneß: Von Bierfässern und politischen Unterschieden
Dabei waren sich die beiden ähnlicher, als es auf den ersten Blick scheint: „Es waren zwei Männer, die die Bundesliga revolutioniert haben.“ Hoeneß, der 1979 als Manager beim FC Bayern anfing und Lemke, der 1981 das Amt in Bremen antrat, gingen bei der Vermarktung neue Wege. Hoeneß baute das Geschäft mit den Fanartikeln aus. Lemke war der erste, der ganze Spiele vermarktete – und auch das Geschäft mit der Öffentlichkeit beherrschte. „Lemke hat eine Zeit lang für jeden Verein, der die Bayern geschlagen hat, ein 50-Liter-Bierfass ausgelobt“, so Redelings. Darauf prangte dann der Schriftzug eines Werder-Sponsors – win-win nach einer Bayern-Pleite sozusagen.
Die politischen Stempel des roten Lemke und des CSU-nahen Hoeneß treffen für Redelings ebenfalls nicht zu: „Derjenige mit der großen sozialen Ader war eigentlich Hoeneß, der über die Jahre ja für jeden gefallenen Spieler und viele finanziell darbende Vereine da war.“ Fakt ist: Unter den beiden Machern wurden beide zu den besten deutschen Teams. Die Duelle sind voll mit legendären Geschichten: 1982 etwa leistete sich der neu verpflichtete Bayern-Torwart Jean-Marie Pfaff in seinem Debüt gegen Werder einen dicken Fehler, als er einen Einwurf von Uwe Reinders ins eigene Tor klatschen ließ. In der Saison 1985/86 befand sich die Rivalität auf dem Höhepunkt, als Bayern-Libero Klaus Augenthaler Bremens Rudi Völler so schwer foulte, dass dieser monatelang ausfiel. Redelings erinnert sich: „Werders Trainer Otto Rehhagel sagte danach: Jetzt ist ganz Fußball-Deutschland auf unserer Seite. Und das hat die Spaltung öffentlich gemacht. Du musstest dich damals positionieren: Bist du Lemke oder Hoeneß?“ Für Redelings, der als Bochumer wenig mit den Bayern anfangen konnte, war klar: Lemke. „Ich fand es super, dass es damals jemanden gab, der den Bayern die Stirn geboten hat.“ Sportlich nützte es zumindest in dieser Saison wenig: Werder hatte die Bayern beim Rückspiel am Rande einer Niederlage, doch Strafstoßexperte Michael Kutzop traf nur den Pfosten. Meister wurden die Bayern.
Auch bei Lemkes Abschied trat Hoeneß nach
Zwar revanchierte sich Bremen und holte sich zwei Jahre später den Titel. Irgendwann in dieser Zeit fiel der Satz, den Lemke über den Dauer-Gegner sagte: „Wenn ich die Bayern sehe, schalte ich den Fernseher aus.“ Hoeneß schickte Lemke noch bei dessen Abschied aus dem Fußball-Geschäft Giftpfeile hinterher: Dass Lemke als Bildungssenator in die Politik wechsle, sei eine schlechte Nachricht – ihm täten die Kinder leid, die nun darunter leiden. Eine kurzzeitige Versöhnung hielt nicht lange. Noch vor einem Jahr bemängelte Lemke die Geldverteilung: „Ich kritisiere den FC Bayern seit 30 Jahren, weil sie so unendlich viele Vorteile genießen, die Schere geht immer weiter auseinander.“
Werder hält sportlich schon lange nicht mehr mit, die Meisterschaft 2004 – errungen im Münchner Olympiastadion – war der letzte Streich. Am Samstag wird es für Werder darum gehen, die Bayern zu ärgern. Es ist das erste Spiel ohne Willi Lemke.
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