Georg Geiger ist überwältigt und sagt: „Das ist der Hammer.“ Der Vorsitzende des Skiklubs Obertsdorf spielt auf den Kartenvorverkauf für den Auftakt der Vierschanzentournee an. Bereits Mitte September, mehr als drei Monate vor dem Springen am 29. Dezember, meldeten die Organisatoren „ausverkauft“. 25.500 Fans werden, meist deutsche Flaggen schwenkend, auf den Tribünen des Schattenbergstadions stehen und voller Hoffnung nach oben blicken, wenn Andreas Wellinger in die Anlaufspur geht. Auf dem zweifachen Olympiasieger und Weltmeister ruhen die deutschen Hoffnungen auf den Gesamtsieg. Auch dem gebürtigen Oberstdorfer Karl Geiger werden kräftig die Daumen gedrückt. Wellinger jedoch ist im Augenblick am ehesten ein Sieg zuzutrauen.
Bevor das deutsche Lieblingssportprogramm der Winter-Feiertage startet, müssen sich die Skispringer allerdings erst beweisen. Am Wochenende beginnt im norwegischen Lillehammer die Weltcup-Saison. Wellinger fühlt sich gut gerüstet. „In den letzten Wochen ist es stark bergauf gegangen. Ich habe es geschafft, in den Wettkämpfen meine besten Sprünge zu zeigen“, sagte der Ruhpoldinger, als er sich die Winterkleidung in Nürnberg abholte. Wie aussagekräftig die Sprünge auf Matten waren, wird sich im norwegischen Schnee zeigen.
Skispringer wie Rotwein: Je älter, desto besser
Skispringer sind ein wenig wie Rotwein: Je älter, desto besser. Wellinger ist seit vielen Jahren mit dem Springerzirkus rund um die Welt unterwegs. 2014 gewann er bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi an der Seite von Severin Freund, Marinus Kraus und Andreas Wank Mannschaft-Gold, Vier Jahre später bejubelte er bei minus 23 Grad im koreanischen Pyeongchang die erste olympische Einzelmedaille im Skispringen seit Jens Weißflog 1994. Anschließend verpasste Wellinger komplett den Winter 2019/20 wegen einer schweren Knieverletzung. Der Oberbayer, der im Sommer ferne Länder bereist, um neue Kulturen kennenzulernen, aber kämpfte sich zurück.
Nun also lautet das große Ziel dieses Winters: Die 23-jährige Durststrecke der deutschen Skiadler zu beenden und erstmals seit Sven Hannawald im Jahr 2002 die Tournee zu gewinnen. Im vergangenen Winter siegte Wellinger in Oberstdorf und verteidigte seine Führung in der Gesamtwertung mit einem Podestplatz in Garmisch-Partenkirchen. Nach den Springen in Innsbruck und Bischofshofen holte sich der Japaner Ryoyu Kobayashi jedoch den Goldenen Adler. „Irgendwann müssen wir das Ding mal einfahren. Das steht ganz, ganz oben auf der Liste“, sagt Bundestrainer Horngacher vor dem Weltcup-Auftakt in Lillehammer. Wenn auch am Ende der Vierschanzentournee ein DSV-Springer mal wieder ganz oben auf dem Stockerl stehen würde, wäre das mindestens „der Hammer“.
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