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Uli Stein wird 70: Er nannte Franz Beckenbauer einen „Suppenkaspar“

Fußball

Weltklasse-Torwart und notorischer Rebell: Uli Stein wird 70

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    Der Hamburger SV ist sein Verein geblieben - doch auch hier kriselte es bisweilen: Uli Stein bei den Feierlichkeiten anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des HSV-Triumphs im Landesmeisterpokal.
    Der Hamburger SV ist sein Verein geblieben - doch auch hier kriselte es bisweilen: Uli Stein bei den Feierlichkeiten anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des HSV-Triumphs im Landesmeisterpokal. Foto: Valeria Witters, Witters

    Uli Stein hat sich in seiner Karriere viele Beinamen erarbeitet: „Lautsprecher“ ist einer davon. Für das Hamburger Abendblatt etwa ist er der „ewig streitbare Querkopf des deutschen Fußballs“. Der Spiegel schrieb über ihn, er sei „der notorische Rebell“. Stein ist jemand, der zu aktiven Zeiten einer der besten Torhüter der Welt war, der mit dem Hamburger SV alles gewann - und dessen Karriere in der Nationalmannschaft weit mehr als nur sechs Länderspiele umfassen würde, wenn Stein eben nicht seinerseits einen Spitznamen für den damaligen Teamchef Franz Beckenbauer erfunden hätte.

    Dieser sei ein „Suppenkaspar“, wütete der damalige Torwart des Hamburger SV während der WM 1986 in Mexiko gegenüber Journalisten. Stein hatte es nicht verwunden, dass er hinter Toni Schumacher nur die Nummer zwei der DFB-Auswahl war. Klaus Augenthaler erinnert sich in seiner Biografie daran, dass Stein mit einer Mischung aus Lagerkoller und Frust die Konsequenzen klar waren: „Uli hatte es drauf angelegt. Ihm war inzwischen alles egal.“ Als Beckenbauer davon hörte, war Stein weder Stamm-, noch Ersatztorwart, sondern musste als erster Spieler der deutschen Länderspielgeschichte vorzeitig von einer WM abreisen. Es ist die wohl schlagzeilenträchtigste Eskapade des Mannes, der am Mittwoch 70 Jahre alt wird.

    Die Nummer eins bei seinem Herzensverein: Uli Stein beim Hamburger SV im Jahr 1984.
    Die Nummer eins bei seinem Herzensverein: Uli Stein beim Hamburger SV im Jahr 1984. Foto: Wilfried Witters, Witters

    Der Erfolg des Hamburger SV im Landesmeisterpokal ist auch Stein zu verdanken

    Aber eben nicht die einzige. Stein wandelte während seiner Karriere immer zwischen sportlicher Extraklasse und folgenschweren Ausrastern. Relativ spät, mit 25 Jahren, wechselte der gebürtige Hamburger vom damaligen Zweitligisten Arminia Bielefeld zu seinem „Traumverein“ Hamburger SV. Im Spitzenteam setzte sich Stein aber schnell durch und gewann Titel um Titel. Höhepunkt war das Finale 1983 im Europapokal der Landesmeister, dem Vorläuferwettbewerb der heutigen Champions League. Gegen Juventus Turin war der HSV klarer Außenseiter und stand unter Dauerdruck der Italiener, bei denen damals die Weltklassespieler Michel Platini oder Zbigniew Boniek wirbelten. Stein hielt alles, was es zu halten gab - und jubelte am Ende, weil Felix Magath das einzige Tor des Abends gelang.

    Schon damals war aber klar: Bei Stein braucht es nicht viel, um ihn zum Explodieren zu bringen. Im DFB-Pokal gegen den FC Augsburg 1986 war er mit einer Schiedsrichterentscheidung nicht einverstanden, flog vom Platz und zeigte den Zuschauern auf dem Weg in die Kabine den doppelten Mittelfinger. Vielleicht wäre er nach dem Aus von Toni Schumacher, der über seine Biografie „Anpfiff“ stolperte, sogar ins deutsche Tor zurückgekehrt. Eine schriftliche Entschuldigung an Beckenbauer hatte er schon verfasst. Ein anderer Eklat verhinderte das aber: Beim Supercup-Finale 1987 zwischen dem HSV und dem FC Bayern verpasste er dem Bayern-Stürmer Jürgen Wegmann nach dessen Tor zum 2:1 einen Faustschlag. Danach flog Stein (“Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum ich das getan habe“) vom Platz und aus dem Kader des HSV - eine Episode, die unter „Steinschlag“ bekannt wurde.

    Mit Berti Vogts in Aserbaidschan: Uli Stein war von 2008 bis 2014 Torwarttrainer des Landes.
    Mit Berti Vogts in Aserbaidschan: Uli Stein war von 2008 bis 2014 Torwarttrainer des Landes. Foto: Marcus Brandt, dpa

    Zuletzt arbeitet Uli Stein unter Berti Vogts als Torwarttrainer

    Auch bei seinem neuen Klub Eintracht Frankfurt begleiteten Wutausbrüche seine Karriere. Nach einem Gegentor gegen die Bayern im Juli 1988 weigerte sich Stein aus Ärger über den Treffer, wieder ins Tor zu gehen und setzte sich auf eine Werbebande. Schiedsrichter Kurt Wittke versuchte es mit Ermahnungen, zeigte Stein Gelb - und der reagierte mit einem Scheibenwischer. Die Folge: Rot, mal wieder. Auch in Frankfurt war das Ende unrühmlich: Nachdem Trainer Klaus Toppmöller entlassen worden war, kritisierte Stein die Vereinsführung - und musste ebenfalls gehen. Das zweite Gastspiel beim HSV endete ebenfalls im Streit, später bezeichnete der Schlussmann den HSV daraufhin als „Witzverein“. Stein gab mal eine Erklärung für sein labiles Nervenkostüm an: „Feldspieler können sich im Zweikampf abreagieren. Als Torwart hast du kein Ventil.“ Nach dem Karriereende mit 43 Jahren arbeitete Stein als Torwarttrainer unter Berti Vogts, der zwischen 2007 und 2014 die Nationalmannschaften Nigerias und Aserbaidschans betreute. Mittlerweile soll selbst Stein etwas ruhiger geworden sein und ist häufiger Tribünengast bei Spielen des Hamburger SV. Grund zum Ärgern soll es da aber auch noch reichlich geben.

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