Wer Hoeneß bestellt, bekommt Hoeneß. Alles andere wäre auch enttäuschend. Nur ist es gar nicht so leicht, Hoeneß zu bestellen. Der Ehrenpräsident des FC Bayern nimmt im Alter von 72 Jahren das Recht für sich in Anspruch, seine persönlichen Angewohnheiten nicht mehr ändern zu wollen. Bedeutet: Hoeneß verfügt immer noch über keine Mail-Adresse, immerhin aber hat er zuletzt erstmals eine SMS verschickt. Das erzählt er Jugendlichen und Unternehmern auf dem Wirtschaftsforum auf Schloss Neubeuern (Landkreis Rosenheim). Jenes Schloss dient als Internat für Schülerinnen und Schüler, die darauf vorbereitet werden, zur Elite zu gehören. Rund 4000 Euro kostet ein Internatsplatz pro Monat.
Hoeneß ist der erste von vier Gästen des Wirtschaftsforums. Hoeneß kommt - und liefert. Er nimmt an etwa zehn derartiger Veranstaltungen im Jahr teil. Er ist noch immer ein gefragter Gesprächspartner. Der Kontakt zum Internat kam über einen ehemaligen Schüler zustande, der seit Jahrzehnten ein Freund von Hoeneß ist. Weil die Veranstaltung wirtschaftliche Belange als Thema hat, spielt der FC Bayern nur eine Nebenrolle. Für Hoeneß aber nimmt der Münchner Weltverein immer noch eine Hauptrolle in seinem Leben ein. Für eine kurze Episode dieses Lebens betrat Thomas Tuchel die Münchner Bühne. Zu aktuellen sportlichen Entwicklungen wollte Hoeneß allerdings keine Stellung beziehen. Dass Tuchel Nationaltrainer der englischen Nationalmannschaft wird, machte auf den bekerzenleuchterten Plätzen am Dienstag in Neubeuern schnell die Runde. Vom Patron vom Tegernsee dazu: kein Wort.
FC Bayerns Ex-Präsident Hoeneß und das Nähkästchen: Das klappt nicht
Er weiß, warum. Hoeneß redet gerne auf der Bühne, Moderator Markus Sieger ist ein im besten Sinne angenehmer Gesprächspartner. Es ist kein Investigativ-Gespräch. PR, Unterhaltung, garniert mit ein wenig Altersweisheit. Aber Klopper zu sportlichen Themen, da hat er schlechte Erfahrungen gemacht. „Ich habe gedacht, man kann aus dem Nähkästchen plaudern, aber am nächsten Tag stand es in der Zeitung“, berichtet Hoeneß von ähnlichen Veranstaltungen. Ein Hoeneß passt nicht ins Nähkästchen, ein Hoeneß ruft immer Aufmerksamkeit hervor. Vergangene Woche erst hat er scheinbar den Fehler gemacht, auf einer internen Tagung von Mitarbeitern des FC Bayern etwas zu offen zu reden, nun stand in der Sportbild, was er wohl so sagte. Tuchel sei eine „Katastrophe“ für die Münchner gewesen.
Damit erübrigt sich wohl auch die Frage, was er von dessen Engagement als englischer Nationaltrainer hält. Ungefähr so viel, wie von der Regierungsbeteiligung der Grünen auf Bundesebene. Dabei habe er noch die ersten zwei Ampel-Monate gedacht, das entwickle sich besser als vermutet. Mittlerweile aber lasse sich die Qualität der Regierung mit einem Wort zusammenfassen: „Abstiegsplatz“. Applaus der Unternehmer. Davon sind etliche in dem mit etwa 200 Personen gefüllten Saal. Hauptsponsor der Veranstaltung ist das örtliche Porsche-Zentrum. Deswegen chauffiert die Gäste auch der Porsche-Shuttle rund 90 Sekunden vom Gemeindeparkplatz zum Schloss hoch. Unnötig? Vielleicht. Sich des wohligen Schauers entziehen, wenn der Fahrer sanft das Gaspedal antippt? Unmöglich.
Luxus ist anziehend. Hoeneß aber ist dafür kein übermäßiges Faible zu unterstellen. Immer wieder streicht er heraus, dass ohne Fleiß kein Preis zu erreichen sei. Dass vor der Belohnung Arbeit stehe und für ihn Hubertus Heil als zuständiger Minister für eben jene Arbeit eine Fehlbesetzung sei, weil der sich für die „Dreitage-Woche“ starkmache. Ganz anders dagegen Vincent Kompany - so ganz ohne Fußball geht es dann eben doch nicht. Der neue Bayern-Trainer verkörpere eine Arbeitsmoral, die ihm gefällt: „Er sieht Fußball als Arbeit an. Er möchte die einzelnen Spieler besser machen, und daran arbeitet er. Es kommt auch mal vor, dass die zwei Stunden trainieren, bis sie müde sind.“
Von der Arbeit kommt das Vergnügen. Für die Spieler, aber auch für die Fans. „Das Schöne ist: Wir spielen toll, er lässt einen unterhaltsamen Fußball spielen. Seitdem der da ist, gehe ich wieder richtig gerne ins Stadion. Das ist Unterhaltung, du hast Spaß“, sagte Hoeneß. Da nimmt er dann auch mal ein Unentschieden wie in Frankfurt in Kauf, denn auch da hätte ihm das Spiel der Mannschaft gut gefallen. Der Mann ist zufrieden. So zufrieden, dass er sich an einem faustischen Moment in seinem Leben wähnt. Verweile Augenblick ... Er habe die Lehren aus seinem Gefängnisaufenthalt gezogen, seiner Familie gehe es gut „und der FC Bayern ist Tabellenführer“ - besser könne es kaum werden. Mit 72 Jahren gönnt sich Hoeneß Zufriedenheit. Auch die muss man sich erarbeiten.
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