Es verbietet sich ja angesichts der nicht enden wollenden Trainersuche des FC Bayern mittlerweile, von so etwas wie einem "heißen Kandidaten" zu sprechen. Mittlerweile hat sich aber der Begriff "Wunschlösung" etabliert, was wohl eher zutreffend ist. Auch Wünsche können der Realität angepasst werden: Wenn Kinder wissen, dass das Budget des Christkinds nicht für die große Ritterburg reicht, wird ab einem gewissen Reifegrad auch das günstigere Reitertrio als angemessen angesehen. Beim FC Bayern reicht es bekanntlich weder für die Ritterburg des Fabrikats Xabi Alonso, noch für die Nagelsmann-Reiterstaffel oder das Rangnick-Katapult. Auch den schon aussortierten Tuchel-Turm wird es nicht (mehr) geben.
Hilfreich kann es in solchen Fällen sein, gar nicht erst das Feld der Ritterburgen zu betreten – und einfach was anderes zu schenken. Bücher sind doch auch schön. Auch beim FC Bayern könnte sich eine kreative Lösung anbahnen. Mittlerweile soll Vincent Kompany laut dem unvermeidlichen Transferexperten Fabrizio Romano sowie Sky und Bild ein heißer Kandidat, Pardon: die aktuelle Wunschlösung, sein. Angesichts der aktuellen Position seines Vereins wirkt das tatsächlich etwas überraschend. Der FC Burnley, den der 38-Jährige seit zwei Jahren betreut, ist gerade aus der englischen Premier League abgestiegen.
Vincent Kompany scheint ein Trainer-Kandidat beim FC Bayern zu sein
Zur Wahrheit gehört aber auch: Im Jahr zuvor hatte Kompany den damaligen Zweitligisten ins englische Oberhaus geführt, als Meister der Championship (zweite Liga). Der Belgier gilt seit Jahren als eines der größten Trainertalente Europas. Bei seinem Heimatklub, dem RSC Anderlecht, übernahm er 2019 zuerst als Spielertrainer, ein Jahr später als Vollzeitcoach. Ein wichtiges Kriterium für die Bayern erfüllt er: Wegen seiner Zeit als Spieler beim Hamburger SV (2006 - 2008) spricht Kompany Deutsch.
Fußballerisch prägender für ihn waren aber die Jahre bei Manchester City. Für die Skyblues verteidigte Kompany elf Jahre lang, führte das Team zeitweise als Kapitän zu vier Meisterschaften, ist bis heute eine City-Legende. Eine wichtige Rolle für ihn spielte der ehemalige Bayern-Coach Pep Guardiola, der 2016 nach Manchester kam. Kompany gilt als sein Ziehsohn und Verfechter des Guardiola-Fußballs, in dem es um Ballbesitz und Spielkontrolle geht. Pep selbst hält große Stücke auf Kompany.
Pep Guardiola glaubt, dass Vincent Kompany Manchester City trainieren wird
Der nicht zur Untertreibung neigende Spanier sagte vor rund einem Jahr, als er im Pokal auf Burnley mit seinem einstigen Spieler traf: Er sei nicht nur ein "außergewöhnlicher Kapitän" gewesen, sondern sei auch ein großes Talent als Trainer. "Eines Tages wird er hier sitzen und Manchester City repräsentieren." Es sei "seine Bestimmung, hier Trainer zu werden".
In Kompany steckt also viel Guardiola – was manchen veranlasst, schon von "Pep 2.0" oder "Guardiola-DNA" zu sprechen. Gespräche zwischen Bayerns Sportvorstand Max Eberl und Kompany soll es bereits gegeben haben, auch wenn noch lange nichts fix erscheint. In jedem Fall wäre die Verpflichtung für die Bayern mit einer Ablöse verbunden: Kompany steht bei Burnley noch bis 2028 unter Vertrag, erst vor einem Jahr hatte der Belgier das neue Arbeitspapier unterzeichnet.
Seit Dienstagabend ist Mauricio Pochettino für die Bayern verfügbar
Sollte Kompany kommen, wäre das ein mutiger Schritt für die Bayern – ähnlich mutig wie der von Bayer Leverkusen vor eineinhalb Jahren, einen gewissen Xabi Alonso zu verpflichten. Seit Dienstag ist bekannt, dass eine etwas naheliegendere Lösung ebenfalls verfügbar wäre: Mauricio Pochettino und der FC Chelsea gaben die Trennung bekannt. Das kommt angesichts der starken Rückrunde, die der lange kriselnde Hauptstadtklub hinlegte, etwas überraschend. Der Argentinier, der zuvor bei Paris St. Germain unter Vertrag stand, wurde in der Vergangenheit immer wieder mal mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht und hatte seine beste Zeit bei Tottenham Hotspur (2014 - 2019), zog mit den Spurs 2019 ins Finale der Champions League ein. Kleiner Makel: Deutsch müsste Pochettino erst noch lernen, Englisch ist in der Bayern-Kabine aber längst zweite Amtssprache. Zudem kennt der Argentinier die aktuellen Bayern-Spieler Harry Kane und Eric Dier noch aus seiner Tottenham-Zeit.
Pikant an dieser Personalie wäre: Thomas Tuchel, der mittlerweile ehemalige Bayern-Coach, wird beim FC Chelsea gehandelt, mit dem er 2021 die Königsklasse gewonnen hatte. Tuchel hatte stets betont, wie wohl er sich in dem Klub gefühlt hatte und wie schmerzhaft die Trennung war. Sollte es eine Rückkehr Tuchels samt einer Pochettino-Verpflichtung der Bayern geben, wäre das zumindest etwas weniger kreativ als Kompany. Gewissermaßen dann doch noch die Ritterburg-Erweiterung unter den Trainerlösungen des FC Bayern.