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Tour de France: Die Glücksmomente der Tortur

Tour de France

Die Glücksmomente der Tortur

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    Unterwegs zum Plateu de Beille: Georg Zimmermann (rechts) bleibt an der Seite seines Teamkollegen Biniam Girmay (Mitte), um das Grüne Trikot des besten Sprinters der Tour de France zu verteidigen.
    Unterwegs zum Plateu de Beille: Georg Zimmermann (rechts) bleibt an der Seite seines Teamkollegen Biniam Girmay (Mitte), um das Grüne Trikot des besten Sprinters der Tour de France zu verteidigen. Foto: Roth-Foto

    Alle Pläne konnte Georg Zimmermann am Ruhetag nicht umsetzen. Zunächst einmal genoss es der Radprofi auszuschlafen. „Auch einen Mittagsschlaf werde ich mir gönnen“, sagt der Fahrer des Rennstalls Intermarche-Wanty im Telefon-Interview. Sein Vorhaben, den frei verfügbaren Nachmittag am Strand von Gruissan zu verbringen, musste der 26-Jährige bei Nieselregen und 20 Grad fallen lassen. Eine 30 Kilometer lange Runde, um die Beine auszuschütteln, absolvierte sein Team am Vormittag. Bei bester Laune, denn es läuft so rund wie noch nie für den Rennstall. Ein zweiter Platz beim Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich sei bislang der größte Teamerfolg gewesen. Doch nun stellt die Mannschaft mit Biniam Girmay den erfolgreichsten Sprinter der Tour de France.

    Drei Etappensiege feierte der Eritreer bislang und trägt das Grüne Trikot des erfolgreichsten Sprinters. Zimmermanns Aufgabe ist es, für seinen Kapitän zu arbeiten und das begehrte Trikot bis zum Schluss am 21. Juli in Nizza zu tragen. Auf der schweren Bergetappe zum Plateau de Beille am Sonntag ließ sich der Augsburger zurückfallen, um Girmay wieder ans Feld heranzuführen. „Meine Aufgabe ist es, Biniam so zu unterstützen, dass er seine brachiale Sprint-Power so oft wie möglich zum Vorschein bringen kann“, erzählt Zimmermann, der in der Gesamtwertung auf Platz 84 der zweitbeste Deutsche im Feld ist. Nils Politt aus Hürth liegt als 75. noch etwas weiter vorne.

    Pogacar und Vingegaard liefern sich ein großes Duell

    An der Spitze boten der Führende Tadej Pogacar und sein erster Verfolger Jonas Vingegaard am Sonntag ganz großes Rad-Kino. Beim Schlussanstieg zum Plateau de Beille ließ Pogacar seinen gewiss nicht langsamen Kontrahenten förmlich stehen. Beide waren unglaublich schnell unterwegs. „Das war die stärkste Berg-Performance aller Zeiten. Pogacar hat eine neue Bestmarke für die schnellste Bergankunft gesetzt. Selbst Vingegaard als Zweiter hat den alten Rekord überboten“, ordnete Zimmermann den Kampf an der Spitze ein. Der Slowene führt die Gesamtwertung mit einem komfortablen Vorsprung von 3:09 Minuten vor dem Dänen an.

    Ist die Tour bereits entschieden? Zimmermann wählt einen Vergleich aus dem Fußball: „Ich würde sagen, Pogacar führt in der 70. Minute mit 2:0. Aber er muss den Sieg noch nach Hause bringen.“ Sein Widersacher hat den Kampf bisher nicht aufgegeben, auch wenn Vingegaard knapp eine Minute nach Pogacar auf dem Plateau de Beille ankam. „Er wirkt sehr stark, aber wir haben gesehen, dass er in der Vergangenheit schwache Tage hatte. Vielleicht hat er das in der dritten Woche. Das weiß man nie“, sagte Vingegaard am Montag in der Fragerunde mit internationalen Journalisten. „Wir müssen also darauf hoffen, dass er einen schlechten Tag hat. Wenn er natürlich auf diesem Level bleibt, dann wird es hart“, fügte der 27-Jährige hinzu. Vingegaard und sein Team erlebten nach der Königsetappe auch eine gewisse Ohnmacht. Denn er selbst war stark aufgelegt. „Ich habe wahrscheinlich eine der besten Leistungen meines Lebens abgeliefert. Aber Tadej war einfach stärker“, haderte Vingegaard.

    Zimmermann schätzt den Slowenen

    Die Sympathien vieler Tourfans gelten dem Slowenen. Auch Zimmermann schätzt den Führenden der Gesamtwertung. „Man kann sehr gut ein Schwätzchen mit ihm halten. Er ist locker. Alle lieben ihn. Auch ich bin ein kleiner Fan von ihm“, sagt der Radprofi aus Augsburg, der seine vierte Schleife durch Frankreich fährt. Beide kennen sich aus gemeinsamen Junioren-Zeiten in Österreich und Slowenien. Pogacar gibt sich vor den finalen Etappen entspannt: „Wir kommen zum Rennen mit einem großen Lächeln und hoffen, es in den nächsten Tagen zu einem guten Ende zu führen“, sagte der Radprofi am Ruhetag.

    Jetzt folgt laut Zimmermann der schönste Teil der Tour de France. „In der ersten Woche versucht jeder sein Revier abzustecken und es ist ein Hauen und Stechen. In der zweiten Woche hat langsam jeder seinen Platz gefunden und in der dritten Woche ist die Tour-Familie unterwegs“, erzählt Zimmermann. Da kann es auch vorkommen, dass er von einem anderen Team versorgt wird. Zimmermann liebt Esskastanien. Aus dem Auto einer französischen Mannschaft bekam er selbst gemachtes Maronenmus als Kraftgel gereicht. Das sind die schönen Momente bei Hitze und einem mörderischen Profil der 3497 Kilometer langen Schleife durch Frankreich.

    Ein Etappensieg bleibt das große Ziel

    Jetzt gilt es, die Ernte für die Strapazen einzufahren. Pogacar will Gelb behalten, Girmay das Grüne Trikot des besten Sprinters. Zimmermann muss weiter Helferdienste leisten, hat aber auch eigene Ambitionen. Sein großes Ziel, eine Etappe bei der Tour de France zu gewinnen, hat er nicht aus den Augen verloren. „Ich bin dreimal die Tour gefahren und jedes Mal hatte ich in der letzten Woche eine Chance, eine Etappe zu holen“, sagt Zimmermann und fügt an, bevor er sich am Ruhetag den geliebten Mittagsschlaf gönnt: „Man muss cool bleiben und geduldig sein.“

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