Mit vier mächtigen Gürteln am Körper fiel es Tina Rupprecht gar nicht so leicht, nach ihrem historischen Erfolg emotional richtig aus sich herauszugehen. Die Profi-Boxerin stieg dennoch leicht wankend auf ein Ringseil, reckte die Faust nach oben und schrie ihre Riesenfreude heraus. „Es ist unbeschreiblich. Das ist mein Lebenstraum“, sagte die Augsburgerin.
„Tiny Tina“ siegt im Vereinigungskampf gegen Japanerin
Durch ihren Sieg im Vereinigungskampf gegen die Japanerin Eri Matsuda in Heidelberg hält sie im Atomgewicht (bis 46,3 Kilo) nun die drei Weltmeistertitel der drei großen Verbände WBC, WBO und WBA. Nie zuvor hatte ein deutscher Profi bei den Frauen oder Männern gleichzeitig drei bedeutende WM-Gürtel besessen. Zusätzlich erhielt die 32-Jährige den angesehenen Gürtel der Box-Zeitschrift The Ring. Der wird nur dann vergeben, wenn aus der Sicht der Fach-Journalisten der amerikanischen „Box-Bibel“ die beiden besten Boxerinnen oder Boxer der Welt gegeneinander antreten. Diese Auszeichnung war aus deutscher Sicht zuvor nur Box-Legende Max Schmeling 1930 zuteilgeworden. „Ich bin noch sprachlos. Geschichte“, stammelte Rupprecht im Ring unmittelbar nach ihrem einstimmigen Punktsieg mit einem Dauergrinsen im Gesicht: „Die ganze Spannung fällt ab. Der Traum ist wahr.“ Sie habe diesen Erfolg in ihren Gedanken „so oft durchgespielt, und jetzt ist es Realität“.
Für eine ganz große Titel-Party fehlte Rupprecht nach den physischen und mentalen Anstrengungen des Kampfes die Kraft. Ein Sieges-Bier? „Ich glaube, ich schaff’ nicht mal eins“, sagte sie lachend: „Aber ich versuch’s.“
14. Profisieg der Augsburgerin Tina Rupprecht
Rupprecht hatte im Januar den WBC-Titel gewonnen. Gegen Matsuda machte sie ihren 14. Profisieg perfekt. Die Boxerin zeigte eine starke Vorstellung, gleich zu Beginn setze sie ihre Kontrahentin unter Druck. Nach nur 20 Sekunden schickte sie die Japanerin mit einem satten Kinntreffer auf die Bretter.
„Ich bin selbst überrascht gewesen, weil die Rechte gleich drin war“, sagte die deutsche Boxerin. Das habe ihr zwar „ein gutes Gefühl“ gegeben, „aber man muss trotzdem die Kontrolle behalten und nicht gleich ausflippen“.
In der kleinsten Gewichtsklasse des Frauen-Boxens ist „Tiny Tina“ (winzige Tina), so ihr Kampfname, nun die Größte. Und hatte nach dem Kampf auch die Größe, ihrer Kontrahentin Tribut zu zollen: „Sie ist eine tolle Sportlerin. Danke, dass du für diesen Kampf nach Deutschland gekommen bist.“
Jetzt fehlt nur noch der WM-Gürtel der IBF
Rupprecht weiß, was es bedeutet, in der Fremde und vor dem Heimpublikum ihrer Gegnerin zu kämpfen. Vor eineinhalb Jahren hatte sie in den USA gegen die Amerikanerin Seniesa Estrada knapp nach Punkten und damit ihren WBC-Gürtel im Strohgewicht verloren. Während mancher Experte damals nicht nachvollziehen konnte, wie die Punktrichter entschieden hatten, war die Angelegenheit diesmal klarer. Und das nächste Ziel steht auch schon fest. Im kommenden Jahr will Rupprecht nun auch noch den WM-Gürtel des vierten großen Weltverbands IBF holen. Den trägt momentan mit Sumire Yamanaka ebenfalls eine Japanerin. Gewinnt Rupprecht auch diesen Kampf, wäre sie der „undisputed Champion“ in ihrer Gewichtsklasse, also die unumstrittene Weltmeisterin.
Außerhalb des Rings arbeitet die 1,53 Meter große Athletin als Sportlehrerin an der Realschule in Zusmarshausen (Landkreis Augsburg). „Die Schüler sagen mir manchmal: Ich habe Sie in einem Zeitungsartikel oder im Fernsehen gesehen. Ganz süß“, sagte Rupprecht einmal. Nach dem wichtigsten Erfolg ihrer Box-Karriere dürften die Schlagzeilen noch größer ausfallen. (dpa/ako)
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