Alexander Zverev entschuldigt sich. Er hat den Kopf tief gesenkt, beinahe liegt er schon auf dem Tisch. Der Blick richtet sich nur mühsam nach vorne, er hat Tränen in den Augen. Zverev ist traurig. Enttäuscht. Von sich. Der 25-Jährige war der große Hoffnungsträger bei den BMW Open in München. Es ist kein Tennisturnier der ganz großen Kategorie. Eines, das ein Spieler der Qualität eines Alexander Zverev gewinnen sollte, wie es ihm schon zweimal gelungen ist. Weil er zu den besten Tennisspielern der Welt gehört. Weil er irgendwann die Nummer eins werden möchte. Am Mittwoch aber kommt alles anders.
Um 13 Uhr beginnt das erste Hauptmatch des Tages. Es ist gleichzeitig der Turnierauftakt für Zverev. Ein Star wie Zverev steigt bei einem Turnier wie in München oft erst im Achtelfinale ein. Am Donnerstag vergangener Woche war er nach München gekommen. Seitdem hat er viel trainiert, den FC Bayern beim Heimsieg am Samstag gegen Borussia Dortmund besucht und viel Zeit mit seiner Freundin Sophia Thomalla verbracht. Alles entspannt, wenngleich er nie so richtigen seinen Rhythmus im Training gefunden habe. Gegen den 18-jährigen Holger Rune aber sollte es trotzdem reichen. Pustekuchen. Rune spielt stark, ärgert Zverev mit vielen brillanten Stopps und jubelt am Ende über einen 6:3, 6:2-Sieg. Zverev ist chancenlos. Traurig verlässt er den Center Court.
Zverev lässt Debakel über sich ergehen
Die Zuschauer wollten ihm helfen. Sie feuern ihn an, klatschen immer wieder aufmunternd. Zverev aber spielt schlecht. Rückhand, Vorhand – kaum etwas gelingt. Die Bälle fliegen weit ins Aus oder ins Netz. Nur selten gelingen ihm stark herausgespielte Punktgewinne. Zverev ist zermürbt. Er schimpft nicht einmal richtig. Irgendwann wirkt er nur noch teilnahmslos und lässt das Debakel über sich ergehen. Traurig marschiert er vom Platz. Etliche Fans begleiten ihn auf dem Weg zur Kabine, er nimmt sie kaum wahr. Ein Mikrofon eines TV-Senders schiebt er wirsch zur Seite, Kinder, die ein Selfie mit ihm wollen, ignoriert er. Zverev muss selbst erst einmal klar kommen. Mit sich und dieser Niederlage. Dieser herben Enttäuschung.
Wenig später sitzt er im Pressekonferenzraum. „Das war heute bodenlos“, sagt er mit leiser Stimme, „es tut mir leid für die Zuschauer und das Turnier“. Er habe wirklich alles gegeben, auch wenn das wohl nicht zu erkennen gewesen sei. Der 25-Jährige kann sich nicht erinnern, schon einmal auf der Tour so schlecht gespielt zu haben. Eine leichte Erkältung habe er sich in den Tagen von München zugezogen, die aber sei sicher nicht ursächlich für das Versagen gewesen. „Wer jetzt Ausreden findet, ist nicht der schlauste Mensch auf der Welt“, sagt. Selbstkritik, die ihn ehrt.
Zverev war vor dem Match sehr nervös
Nun wird es darum gehen, die Ursachen für diesen schwachen Auftritt zu finden. Mit Sergi Bruguera hatte er erst vor kurzem einen neuen Trainer in sein Team geholt. Am Freitag noch war er überzeugt, den richtigen Coach gefunden zu haben. Nun dürfte wieder vieles infrage stehen. Wobei Zverev betont, dass niemand an dieser Leistung schuld habe – außer er selbst. „Ich war unglaublich nervös heute vor dem Match. Das erste Mal in Deutschland vor Publikum seit Jahren“, sagt er. Zweimal hatte er in München schon gewonnen, Titel und Siegerauto Nummer drei waren fest eingeplant. Bis zum Mittwochnachmittag. In den nächsten Tagen werde er nach Madrid fahren, zum nächsten Turnier. Gut ein Monat bleibt ihm noch, seine Form bis zum Start der French Open zu finden.
Als er die Pressekonferenz verlässt, zieht er sich die Kapuze seines Pullovers über den Kopf. Am liebsten würde er unerkannt verschwinden. Draußen aber warten die Fans, sie muntern ihn auf, wollen Fotos mit ihm machen. Zverev bleibt stehen, es fällt ihm schwer.