Dieser Tag hatte kommen müssen. Gefühlt war er schon erreicht, da Roger Federer immer seltener auf den Tennisplätzen dieser Welt stand. Zuletzt im Juli 2021 in Wimbledon. Seit Donnerstagnachmittag ist nun klar, dass der 41-Jährige Schluss machen wird mit seiner großen Liebe. Nach mehr als zwei Jahrzehnten und mehr als 1500 Spielen. Nach großen Momenten, aber auch vielen Verletzungen. Roger Federer hört auf. Er beendet seine Tenniskarriere. Einmal will er noch in der kommenden Woche beim Laver Cup in London neben Rafael Nadal und Novak Djokovic spielen. Einmal noch will er dieses besondere Gefühl erleben.
Roger Federer hat genug. Besser gesagt, sein Körper. Er habe immer mehr Beschwerden, schrieb er am Donnerstag in den sozialen Medien auf mehr als vier emotionalen Seiten. 24 Jahre Profitennis, viele davon in der Spitze, zehren. Auch an einem Modellathleten wie dem Schweizer. 20 Grand-Slam-Turniere hat er gewonnen, 103 Einzeltitel insgesamt gefeiert. 2008 holte er in Peking den Olympia-Sieg im Doppel, mit der Schweiz gewann er 2014 den Davis Cup. Er stand jahrelang an der Spitze der Weltrangliste. Mit Rafael Nadal und Novak Djokovic hat er den Tennissport geprägt. Bald ist damit Schluss. „Das ist eine bittersüße Entscheidung, weil ich alles vermissen werde, was die Tour mir gegeben hat“, so Federer in seiner emotionalen Botschaft auf Instagram. „Der Tennissport hat mich großzügiger behandelt, als ich es mir je hätte träumen lassen. Jetzt muss ich erkennen, wann es Zeit ist, meine Wettkampfkarriere zu beenden“, meinte der Schweizer.
Roger Federer ist ein Stilist auf dem Tennisplatz
Wer den Tennissport liebt, hat auch Federer gemocht. Seine Art des Tennis, die so federleicht und immer elegant wirkte. Hinter der aber viel Arbeit und Athletik steckten. Bis zuletzt spielte er seine Rückhand einhändig, ein Augenschmaus, während viele seiner Rivalen die brachialere Art der beidhändigen Rückhand bevorzugten. Federer blieb ein Stilist, bei dem selbst die kompliziertesten Schläge immer so leicht aussahen. War er zu seinem Karrierebeginn 1998 auf der Profitour noch ungestüm und ungehalten, wurde er im Laufe der Jahre immer mehr zum Maestro. Zu einem weltweit geachteten Sportler, den die Fans einfach mochten. Weil er immer bescheiden wirkte, zugänglich war und im Gespräch offen. Er spricht neben Deutsch auch Englisch und Französisch fließend.
Zuletzt hatte er seinen Turnierkalender immer mehr den Befindlichkeiten seines Körpers angepasst. Er hatte sich nur noch die großen Turniere ausgesucht. Dorthin war er meist mit seiner Frau Mirka und den vier Kindern angereist. Sie hatten sich häufig Ferienhäuser gemietet, das war für ihn angenehmer als das Leben im Hotel. Wichtig war, dass er seine Familie um sich hatte. Seine Ehefrau war früher selbst Profitennisspielerin, sie wusste genau, welches Leben sie mit Roger Federer erwarten durfte.
Er werde künftig noch häufig auf dem Tennisplatz stehen, so Federer. Aber eben nicht im Duell mit Djokovic und Nadal oder den nachrückenden Carlos Alcaraz und Daniil Medwedew. Sie sind die neue Generation im Tennis. Sie werden den Sport prägen, während Federer nur noch in seiner Freizeit spielen wird. Bleibt die Frage, wann die beiden anderen aus dem jahrelang dominanten Trio ihm folgen werden. Der 36-jährige Rafael Nadal hat auch immer mehr mit Verletzungen zu kämpfen, der 35-jährige Novak Djokovic könnte noch am längsten durchhalten.
Federer hat 20 Grand-Slam-Turniere gewonnen
Federer feierte seinen ersten Turniersieg 2001 in Mailand, 2003 gewann er zum ersten Mal in Wimbledon. Es war sein Durchbruch. Auf dem berühmten Rasen in London sollten noch sieben weitere Titel folgen. Hier fühlte er sich immer wohl. Hier war er kaum zu besiegen. Auf dem Sand von Paris musste er dagegen lange Zeit warten und kämpfen, bis er erstmals gewann. 2009 gelang ihm auch das. 2018 war er letztmals bei einem Grand-Slam-Turnier erfolgreich, als er in Melbourne siegte. 2019 stand er noch einmal im Finale in Wimbledon, bei seinem Lieblingsturnier. Damals aber war Djokovic stärker, er löste ihn auch als Nummer eins der Welt ab.
Federers Karriere war auch von Rückschlägen und Verletzungen geprägt. Das Knie machte immer wieder Probleme. Federer aber kämpfte sich zurück. Immer und immer wieder. Auch mal schwächere Jahre ließen ihn nicht verzweifeln. Er wusste um seine Stärke. Er wusste, dass er wieder erfolgreich zurückkehren kann. Nur eben jetzt nicht mehr.
Federer hat mehr als 130 Millionen Schweizer Franken – doch er wollte einfach Tennisspielen
Roger Federer wurde in Basel geboren, sein Vater ist Schweizer, seine Mutter Südafrikanerin. Er hat einen Wohnsitz in der Schweiz, aber auch in Dubai. Er hat mehr als 130 Millionen Schweizer Franken in seiner Karriere erspielt. Die aber waren für ihn nie der einzige Anreiz. Er wollte einfach Tennisspielen. Diesen Sport ausüben, den er so liebte und den er so sehr prägte.
Die Tenniswelt wird Federer vermissen. Auch wenn sie auf die Entscheidung vorbereitet gewesen sein dürfte, schmerzt der Abschied. Weil Roger Federer eben nicht nur ein besonderer Tennisspieler, sondern auch ein außergewöhnlicher Mensch ist. Er hat lange grübeln müssen, ehe sein Rücktritt feststand. Leicht fiel ihm der Entschluss nicht. Das zeigen seine Abschiedsworte an den Tennissport: „Ich liebe dich und werde dich nie verlassen.“