Wenn sich die Proletarier der Welt vereinigen sollen, sind selten Tennisspieler gemeint. Wer nach einem harten Tag in der Anwaltskanzlei und vor dem Aperol Spritz auf der Terrasse des Klubheims noch geschwind ein paar Bälle mit Dr. Müller schlagen will, dem ist selten daran gelegen, sich mit weiteren Proletariern zu treffen.
Auch Alexander Zverev hat bisher den Anschein vermieden, der Vergesellschaftlichung finanzieller Gewinne äußerst aufgeschlossen gegenüberzustehen. Der beste deutsche Tennisspieler hat es durch seiner beidhändigen Rückhand Arbeit zu bescheidenem Reichtum gebracht, den er in seinen wenigen freien Tagen in Monte Carlo genießt. Der Wanderarbeiter des Tenniszirkus kann reichlich teilnahmslos auf mancherlei Forderung blicken, wonach den Palästen Krieg angedroht werden solle, den Hütten aber Friede beschieden sei. Mit seinem kargen Auskommen ist im monegassischen Fürstentum kein Bauvorhaben vulgärer Größe möglich.
Ein Matchball um 4.55 Uhr: Tennis für Nachtschwärmer
Nun aber könnte beim 24-Jährigen ein Umdenkprozess einsetzen, an dessen Ende möglicherweise die Gründung einer Gewerkschaft steht. Zverev entledigte sich in Acapulco nur äußerst mühevoll seines Erstrundengegners. Nach drei Stunden und 20 Minuten verwandelte er seinen ersten Matchball gegen den US-Amerikaner Jenson Brooksby. Hart erarbeitetes Preisgeld. Erschwerend kam hinzu, dass die Partie erst um 4.55 Uhr morgens ihr Ende fand, da die beiden, der Unbill des Spielplans folgend, erst nach Mitternacht mit ihrem Match beginnen konnten. Später endete noch nie ein offizielles Profispiel.
Ein Nachtzuschlag aber ist in den Turnier-Regularien nicht vorgesehen. Ebensowenig übrigens wie ein Extra-Obolus für Sonn- oder Feiertagsarbeit. Noch härter freilich als Zverev hat es seinen Gegner getroffen. Der hat ebenso viel gearbeitet wie Zverev, muss sich aber mit lächerlichen 11.500 Euro zufriedengeben, die ihm als Preisgeld zustehen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Tennisspieler der Welt, vereinigt euch!