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Tennis: Marias Märchen geht weiter: Schwäbin unter den letzten vier in Wimbledon

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Marias Märchen geht weiter: Schwäbin unter den letzten vier in Wimbledon

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    Tatjana Maria genießt den Augenblick nach dem Sieg im Viertelfinale gegen Jule Niemeier.
    Tatjana Maria genießt den Augenblick nach dem Sieg im Viertelfinale gegen Jule Niemeier. Foto: Pierre Lahalle, Witters

    Es hat viele größere Tage gegeben in Wimbledon, keine Frage. Die Siege von Steffi Graf, von Boris Becker, von Michael Stich in den goldenen Zeiten. Später noch der Triumph von Angelique Kerber.

    Aber eine verrücktere und unwahrscheinlichere Erfolgsgeschichte als jene von Tatjana Maria hat Tennis-Deutschland auf den grünen Spielfeldern an der Church Road seit Beckers Urknall-Moment 1985 noch nie erlebt: Genau um 16.28 Uhr riss die zweifache Mutter auf Court 1 am Dienstag die Hände in den Himmel, schüttelte ungläubig mit dem Kopf, blickte strahlend zu ihrem Ehemann – es war geschafft, der Sensationscoup einer Spielerin, die 15 Monate nach der Geburt ihrer zweiten Tochter Cecilia als überglückliche Halbfinalistin des berühmtesten Turniers der Welt grüßte.

    Schwäbische Tennisspielerin unter den letzten vier in Wimbledon

    „Es ist ein Traum, ein unfassbarer Moment“, sagte die 34-jährige Gewinnerin, die ihre zwölf Jahre jüngere Landsfrau Jule Niemeier in einem ebenso mitreißenden wie spannungsgeladenen Grand-Slam-Krimi mit 4:6, 6:2 und 7:5 besiegt hatte. Auch Niemeier, die Frontfrau der neuen deutschen Tennisgeneration, konnte Wimbledon erhobenen Hauptes verlassen, sie wird in vielen kommenden Jahren noch ihre Chancen bekommen.

    „Es war die erwartete Nervenschlacht, ein harter, großer Kampf“, sagte DTB-Frauenchefin Barbara Rittner, ebenso gefesselt von dem deutschen Zweikampf wie 15.000 Zuschauer auf dem zweitgrößten Court im Herzen von Wimbledon und Millionen Fans rund um den Tennis-Globus. Marias Gegnerin ist die Tunesierin Ons Jabeur, die sich am Dienstagabend gegen die Tschechin Marie Bouzkova mit 3:6, 6:1 und 6:1 durchsetzte.

    Schicksalsschläge und Verletzungen gehören zu Marias Karriereanfängen

    Marias Lebensweg im professionellen Tennis war stets geprägt vom hartnäckigen Willen, sich nach allen möglichen Rückschlägen, Widrigkeiten und Verletzungen stets aufs Neue im Wanderzirkus zu behaupten. Die Schwäbin erwarb sich über anderthalb Jahrzehnte den Ruf als Meisterin der Comebacks, die ein verpflichtendes Motto hatte: weiter, immer weiter. Mit dem Vormarsch in die Runde der letzten vier in Wimbledon übertraf sie sich allerdings noch einmal massiv selbst.

    Noch Ende der vergangenen Saison auf einem etwas ernüchternden Weltranglisten-Platz 295 eingestuft, war sie nun noch immer mittendrin im Bewerberinnenstreit um die größte aller Trophäen ihres Sports. „Das ist schon wie ein Märchen für mich. Etwas, das ich nicht für möglich gehalten hätte“, sagte Maria. Ihr unfassbarer Wimbledon-Lauf wirkte wie eine Wiedergutmachung für all das, was ihr das Schicksal gerade in frühen Karrierejahren aufgeladen hatte – eine lebensbedrohliche Lungenembolie, der Tod ihres Vaters und Trainers Heinrich Malek.

    Tatjana Maria spielt Tennis-Thriller gegen Jule Niemeier

    Es war ein Tennis-Thriller mit tausendundeiner Wendung, ein Match, das bis in die letzten Minuten und Sekunden offen war. Gegen die Lettin Jelena Ostapenko hatte Maria im Achtelfinale zwei Matchbälle abgewehrt, nun, gegen Niemeier, machte sie erst einen 0:1-Satzrückstand wett. Und ließ sich in ihrem Glauben an ein Happy End auch nicht von einem 2:4-Defizit im dritten, alles entscheidenden Akt bremsen. „Beharrlichkeit“ – dieses Wort hat sich Debütantin Niemeier auf ihren linken Arm tätowieren lassen, als Erinnerung, worauf es ankommt bei ihrer Tennis-Arbeit. Aber Beharrlichkeit demonstrierte in diesem Viertelfinale die 34-jährige Altmeisterin Maria. Eine, die von sich sagt: „Ich sage niemals nie in einem Spiel. Ich glaube immer, absolut immer an meine Chance.“

    Werbung für sich und das deutsche Frauentennis betrieben sie allerdings beide, die wuchtige Westfälin Niemeier und die raffinierte schwäbische Strategin Maria. Niemeier hatte gesagt, man werde sich „hart bekämpfen auf dem Platz“, professionell durch und durch halt. Aber anschließend werde dann „auch alles in Ordnung sein“. Und genau so sah auch das Schlussbild aus: zwei deutsche Tennisfrauen, die sich umarmten und gegenseitig beglückwünschten. Eine große Geschichte war zu Ende, Jule Niemeier formte ein Herz, als sie wenig später vom Platz ging, als hochrespektable Verliererin. Eine sehr große Geschichte, die von Tatjana Maria ging weiter in eine vielversprechende Verlängerung.

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