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Start des berühmtesten Radrennens der We: Armstrongs Retour de France

Start des berühmtesten Radrennens der We

Armstrongs Retour de France

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    Lance Armstrong
    Lance Armstrong Foto: gui ss hpl

    Von Marcus Bürzle, Augsburg Der kleine Junge hat den Kampf verloren. Pablo starb an Krebs. Der Mann auf dem Rennrad hat den Kampf gewonnen. Lance Armstrong besiegte den Krebs, danach beherrschte er sieben Mal das härteste Radrennen der Welt. In diesen Tagen bereitet er sich nach fast vier Jahren Auszeit auf die Rückkehr zur Tour de France vor - und erinnert an Pablo aus Los Angeles. "Es ist eine schreckliche Tragödie, wenn ein junges Kind an Krebs stirbt", sagt Armstrong, während er einen Alpenpass hinauffährt.

    In dem kurzen Videofilm vereint der Amerikaner die zwei Seiten seines Lebens. Hier der vom Ehrgeiz getriebene Radprofi, der sich nach fast vier Jahren Pause mit 37 Jahren noch einmal in die Tortur der Tour stürzt. Und dort der Krebs-Bezwinger, der in seinen wenigen "Renten-Jahren" viele Millionen für die Stiftung "Livestrong" gesammelt hat. Mit ihr will er anderen Menschen im Kampf gegen die Krankheit helfen.

    Der Film verrät aber noch mehr über Lance Armstrong. Denn er selbst hat ihn auf die weltweite Bühne des Internet gehoben. Er liebt den Online-Dienst Twitter, über den jeder kurze Nachrichten um den Globus "zwitschern" kann. Rund 1,2 Millionen Menschen verfolgen seine Einträge.

    Er wird aber da sein, wenn die Frankreich-Rundfahrt am Samstag in Monaco beginnt. Als er 2008 seine Rückkehr ankündigte, staunten einige. Der Millionär müsste sich nicht mehr über steile Bergpässe quälen. Er will es aber. Der wortgewandte Armstrong nannte einen guten Grund für seine Rückkehr: den Kampf gegen Krebs, den er im Sattel führen will.

    Doch vor allem im skeptischen Europa hinterließen seine Worte Zweifel. Nach mehr als drei Jahren ohne Rennen, ein paar Marathonläufen, Affären und Beziehungen mit prominenten Frauen (Sheryl Crow, Eva Longoria, Kate Hudson,...) könnte es ihm langweilig gewesen sein. "Lance hat einfach den Wettbewerb vermisst", sagt sein Ex-Kollege Jonathan Vaughters.

    Das mag stimmen, doch es gibt eine weitere Kraft, die Armstrong antreibt: Revanche. Er will in Frankreich sein Andenken verteidigen. "Natürlich steckt da auch ein Revanche-Gedanke in mir", sagte er im Mai der Süddeutschen Zeitung.

    Die Franzosen haben dem ungeliebten Beherrscher ihrer Tour nach seinem siebten Sieg und dem Rücktritt 2005 die Schlagzeile "Die Armstrong-Lüge" (L'Equipe) hinterhergeworfen. In alten Dopingproben aus dem Jahr 1999 fanden Wissenschaftler Spuren des Ausdauer-Wundermittels EPO. Der Aufschrei war laut und alle Zweifler fühlten sich bestätigt. Viele waren angesichts seiner schier außerirdischen Auftritte misstrauisch - doch alle Gerüchte redete und klagte Armstrong weg. Auch die Nachtests blieben ohne Folgen; in echten Dopingkontrollen wurde er nie überführt. Angesichts der Doping-Plage im Radsport hätte er wohl auch nur wenige Konkurrenten betrogen.

    Aber die Vorwürfe haben den Texaner herausgefordert - und er ist ein stolzer Kämpfer. Schon als Kind musste er sich durchbeißen. Sein Vater verließ seine Mutter, als er zwei war, der Stiefvater war brutal. Lance Armstrong entdeckte den Radsport als Passion. Es ist eine harte Leidenschaft, aber der heute 37-Jährige liebt sie mit allen Mühen und Schmerzen. Als mit 25 Jahren der Gegner Hodenkrebs hieß, gewann Armstrong auch diesen Kampf. Danach stieg er zum erfolgreichsten Radfahrer der Welt auf.

    Gut möglich, dass er ab Samstag der Welt zeigen will, wie gut er unter der Kontrolle der derzeit möglichen Dopingtests fahren kann. Mehr als 30 hat er heuer schon erlebt; alle waren negativ. Das Angebot, seine Proben aus dem Jahr 1999 noch einmal offiziell zu testen, lehnte er ab. Den Radsport-Bossen war das egal. Armstrong ist für sie ebenso ein Hoffnungsträger wie für viele Krebspatienten. Der Sport rutschte durch viele Dopingskandale an den Rand. Doch ausgerechnet Armstrong rückt ihn wieder ins Rampenlicht. Während kritische Stimmen vor der Rückkehr der alten Zeiten warnten, öffneten die Bosse des Weltverbandes und der Tour alle Türen; der Giro d'Italia überwies ordentlich Geld, um Armstrong nach Italien zu locken.

    Sie alle hatten den richtigen (wirtschaftlichen) Riecher. Armstrong kämpft und zieht. Er rief persönlich in Europa an und setzte sich für Live-Übertragungen der Tour im Fernsehen ein. In Italien jubelten ihm Menschenmassen zu. Armstrong erreichte trotz eines Schlüsselbeinbruchs den zwölften Platz.

    Ob er stark genug für einen Tour-Sieg ist, weiß niemand. Armstrong ist nicht mal Kapitän des Astana-Teams. Doch was heißt das schon. Wenn er mitfährt, schauen und hören die Kollegen auf ihn. Er selbst sagt ein wenig vorsichtiger als früher: "Ich kann nicht sagen, ob ich gewinnen kann, aber diejenigen, die mir Rang zehn prognostizieren, werden sich verdammt täuschen."

    Wahrscheinlich ist der Sport auch nicht mehr alles für ihn. Im Kampf gegen Krebs stehen Armstrong alle Türen offen. In Australien traf er den Premierminister, in Italien den Außenminister und in Frankreich ist ein Treffen mit Präsident Sarkozy geplant. Gut möglich, dass er Sarkozy oder dessen Nachfolger wiedertrifft - als Politiker. Der Rad-Star hat eine menschliche Geschichte, er ist clever, hat die Instinkte eines Machtmenschen, einflussreiche Berater und Freunde - und Interesse an der

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