Im Bayerischen Landessportverband (BLSV) rumort es gewaltig. Präsident Jörg Ammon, seit 2018 im Amt, stand zuletzt immer wieder in der Kritik, drei Mitglieder der Führungsspitze wurden nach internen Querelen suspendiert. Jetzt soll es im "Haus des Sports" in München zum großen Stühlerücken kommen. Wie unsere Zeitung erfuhr, wird Harald Güller, (Neusäß, Kreis Augsburg) bei den Neuwahlen des Präsidiums am 24. Juni den umstrittenen Amtsinhaber Ammon mit einem kompletten Führungsteam herausfordern. Zahlreiche bayerische Sportfunktionäre hätten ihn in den vergangenen Monaten angesprochen und ermuntert, "weil im BLSV vieles nicht mehr rund läuft und etwas passieren muss", sagte Güller auf Anfrage. Deshalb habe er sich zur Kandidatur entschlossen.
Der SPD-Politiker, 25 Jahre lang Abgeordneter im Maximilianeum, wird bei der Landtagswahl im Herbst nicht mehr antreten. "Als ich diese Entscheidung getroffen habe, war von der Kandidatur zum BLSV-Präsidenten noch keine Rede", betont der 60-Jährige. Jetzt sei eine neue Situation entstanden und gemeinsam mit einer kompetenten Führungsmannschaft wolle er "frischen Wind in den Verband bringen".
Harald Güller hält ein Umdenken im BLSV für erforderlich
Der BLSV ist mit rund 11.700 Vereinen, 4,5 Millionen Mitgliedschaften und 57 Sportfachverbänden nach Nordrhein-Westfalen der zweitgrößte Sportverband in Deutschland. Als Mitglied im Landessportbeirat, als Vorsitzender des Finanzausschusses im Landtag und als sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion wisse er, so Güller, wo die Probleme des BLSV liegen und welche Herausforderungen es für die Zukunft gebe. Ein Umdenken sei dringend erforderlich.
Als Beispiele nennt er die Zusammenarbeit mit einem Großteil der Sportfachverbände, die verbessert werden, müsse. Anregungen und Ideen aus der Basis würden nicht ausreichend ernst genommen, die Kommunikation innerhalb des Verbandes funktioniere nicht, es fehle an Transparenz. Güller: "Es herrscht viel Unruhe. Dadurch ist ein Konfrontationskurs entstanden, der dem Sport wenig dienlich ist."
Als größtes Problem bezeichnet der Jurist die Finanzen des BLSV. In diesem Zusammenhang nennt er die Zukunft der Sportschule Oberhaching. "Die nötigen Sanierungsarbeiten, aber auch die dauerhaft zu tragenden Betriebskosten könnten den BLSV in finanziell Schwierigkeiten bringen", sagt Güller. Ein Thema sei auch die Attraktivität und Bezahlbarkeit der vier bayerischen Sportcamps Spitzingsee, Inzell, Regen und Nordbayern. Nachholbedarf sieht Güller zudem im Seniorensport.
Funktionäre fordern mehr Zusammenarbeit der Sportfachverbände
Er selbst wolle als Präsident Motivator sein, eine offene und faire Kommunikation sei im wichtig. Dies alles, so der Neusässer funktioniere jedoch nur im Team. Als Mitstreiter habe er für den Neuanfang erfahrene Sportler und zum Teil langjährige Funktionäre gewinnen können. Als Vizepräsidenten kandidieren werden am 24. Juni: Monika Pieczonka, 31, Rechtsanwältin aus Erding (Oberbayern) für den Bereich Recht/Personal; Volker Schüßler, 50, Steuerberater aus Deggendorf (Niederbayern) für den Bereich Finanzen; Günther Jackl, 51, Betriebsratsvorsitzer bei Fränkische Rohrwerke aus Eltmann (Unterfranken) für den Bereich Breitensport und Bildung; Hubert Schwarz, 62, langjähriger Spitzensportler, Ski Nordisch, aus Oberaudorf (Oberbayern) für den Bereich Leistungssport.
Sie alle betonen, dass der Sport in Bayern mit dem Schwaben Harald Güller an der Spitze einen Neuanfang brauche. Gleichwohl stehe der BLSV vor gewaltigen Herausforderungen. Der Verband sei "im Interesse der Sportfamilie" nicht mehr nur "von oben herab" zu führen. Vielmehr müssten Kreise, Bezirke und Sportfachverbände wieder "auf Augenhöhe" zusammenarbeiten. "Nur gemeinsam können wir die kommenden Aufgaben bewältigen" sagt Volker Schüßler. Jetzt bestehe die Chance, die Stärken des BLSV weiter auszubauen und die Schwächen zu beheben.