Für viele Sportbegeisterte lohnt sich ein Blick in das lineare Fernsehprogramm nicht mehr wirklich. Die Zeiten, in denen ein großes Angebot in frei empfangbaren TV-Sendern zu genießen war, sind schon lange vorüber. Egal ob beim Fußball, Basketball oder Handball – wer seinen Lieblingsverein in nationalen sowie internationalen Partien verfolgen möchte, wird in den meisten Fällen zur Kasse gebeten.
Auch die Tennisfans mussten das in diesem Jahr schmerzlich erfahren. Wurden die Topspiele der US Open in der Vergangenheit stets im Free-TV übertragen, war nun für die Einzelpartien ein kostenpflichtiges Abo bei Sportdeutschland.TV notwendig. Während sich immer mehr Streamingdienste die Rechte verschiedenster Sportveranstaltungen sichern, scheinen attraktive Events von der bezahlungsfreien Bildfläche weiter zu verschwinden.
Nicht nur, dass alles immer teurer wird, sorgt bei den Fans für Unverständnis. Speziell die immer größer werdende Anzahl an Anbietern erschwert den Überblick. So stieg vor Kurzem der neue Streamingdienst Dyn in die Übertragungen ein. Der Dienst wurde im Jahr 2022 vom ehemaligen DFL-Geschäftsführer Christian Seifert gegründet. Seit der Saison 2023/24 werden auf der Plattform Sportarten abseits des Fußballs ausgestrahlt.
Die Fußball-Zuschauer verlieren den Überblick
Auch Michael Schaffrath, Kommunikationswissenschaftler und Leiter des Arbeitsbereichs für Medien und Kommunikation der Sportfakultät der TU München, sieht die Entwicklung kritisch. "Für die sportinteressierte Bevölkerung wird alles unübersichtlicher und kostenpflichtiger", sagt er und sieht die Verbände mit Blick auf den Nachwuchs als Leidtragende. "Junge Leute werden durch Vorbilder und Imitationen an den Sport herangeführt. Wenn bestimmte Sportarten und Sportevents aber nicht mehr im Fernsehen übertragen werden, wird das schwierig", meint der Kommunikationswissenschaftler. "Alles, was in den Fernsehmedien oder auf Internetplattformen nicht stattfindet, ist für große Teile der Bevölkerung auch nicht relevant."
Als aktuellen Tiefpunkt einer unzureichenden medialen Aufmerksamkeit betrachtet Schaffrath das enttäuschende Abschneiden bei der Leichtathletik-WM in Budapest, wo die deutschen Athletinnen und Athleten erstmals ohne Medaille blieben. Zwar sendeten die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF mehrere Stunden Livesport – allerdings sei ein einziges Großereignis im Jahr keineswegs ausreichend. "Wenn über bestimmte Sportarten nur in einem sehr seltenen Zeitraum berichtet wird, vernachlässigt man Aspekte wie Kontinuität und Nachhaltigkeit. Somit werden – neben fehlendem Interesse – auch die Sponsorengelder geringer, womit die Finanzierung des Sports schwieriger wird", was Schaffrath als eine Art "Teufelskreis" bezeichnet.
Medienverhalten der Nutzer hat sich verändert
Allerdings lässt nicht nur die Berichterstattung im frei empfangbaren Fernsehen mehr und mehr zu wünschen übrig – auch das Medienverhalten der Menschen entwickelte sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm. "Durch das Internet zum einen und Social Media zum anderen haben sich die Sehgewohnheiten des Publikums stark verändert", sagt er.
Dass Zuschauerinnen und Zuschauer jedoch durch mediale Aufmerksamkeit zurückzugewinnen oder neu zu begeistern sind, erklärt Schaffrath anhand der Sportart American Football. Der US-Sport hat in Deutschland lange Zeit ein Nischendasein geführt. Erst im vergangenen Jahr fand hierzulande in der ausverkauften Münchner Allianz-Arena das erste Regular-Season-Spiel der NFL statt. Dadurch, dass American Football im Free-TV zu sehen war, gewann der Sport auch immer mehr Fans. "Nach einigen Jahren, in denen Ran und ProSieben die Sportart in einer tollen Form übertragen haben, wird American Football plötzlich auch für RTL attraktiv. Und die ersten RTL-Übertragungen konnten durchaus überzeugen", sagt Schaffrath über den vielversprechenden Markt – durch den wieder ein engerer Kontakt zum Sport im Fernsehen geknüpft werden könnte. Allerdings befinden sich viele Sportarten auf einem gegenteiligen Weg.
Sportübertragungen bei Streamingdiensten:
- DAZN: u. a. Fußball (1. Bundesliga; UEFA Champions League), Golf, Baseball, Motorsport, (Formel E) / ab 6,99 € im Monat
- WOW: u. a. Fußball (1. und 2. Bundesliga; Premier League), Motorsport (Formel 1; Formel 2; Formel 3) / ab 24,99 € im Monat
- Dyn: u. a. Basketball, Handball, Volleyball, Tischtennis / ab 12,50 € im Monat
- Magentasport: u. a. Fußball (3. Liga, Frauen-Bundesliga), Eishockey / ab 7,95 € im Monat
- Sportdeutschland.TV: u. a. Badminton, Darts, Fechten, Rugby / teils kostenfrei, für alle Streams 2,99 € im Monat
- Amazon Prime Video: u. a. Fußball (UEFA Champions League) / ab 8,99 € im Monat
- SKY: u. a. Fußball (1. und 2. Bundesliga; DFB-Pokal), Tennis, Golf, Motorsport (Formel 1) / ab 30 € im Monat