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Lesetipp: Transfrauen im Sport: Laura spielt Fußball, doch selbstverständlich ist das nicht

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Transfrauen im Sport: Laura spielt Fußball, doch selbstverständlich ist das nicht

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    Laura spielt heute in der Frauenmannschaft der SG BSC Erlangen/SC Eltersdorf. Selbstverständlich ist das nicht. Denn der Sport macht es Transfrauen nicht immer leicht.
    Laura spielt heute in der Frauenmannschaft der SG BSC Erlangen/SC Eltersdorf. Selbstverständlich ist das nicht. Denn der Sport macht es Transfrauen nicht immer leicht. Foto: Privat

    Laura spielt Fußball. Und das eigentlich schon immer. F-Jugend, E-Jugend, C-Jugend. Später: Herrenmannschaft. Zwei Jahre lang. Laura ist trans. Sie wurde mit männlichen Geschlechtsmerkmalen geboren, identifiziert sich aber als Frau. Seit 2020 befindet Laura sich auf dem Weg der Geschlechtsanpassung. Und spielt heute in der Frauenmannschaft der SG BSC Erlangen/SC Eltersdorf.

    Selbstverständlich ist das nicht. Denn der Sport macht es Transfrauen nicht immer leicht. Beispiel: Schwimmen. Der Welt-Schwimmverband (FINA) hat kürzlich neue Regeln festgelegt. Und die schließen Transfrauen aus internationalen Wettkämpfen quasi aus. Die Regeln sehen vor, dass die Geschlechtsanpassung bis zum zwölften Lebensjahr vollzogen sein muss. Eine Hormontherapie zur Geschlechtsanpassung ist in Deutschland aber erst ab dem 16. Lebensjahr erlaubt.

    Ob und wie viel leistungsfähiger Transfrauen sind, hängt vom Einzelfall ab

    Dass Transfrauen nur unter bestimmten Regeln an Wettkämpfen im Leistungssport teilnehmen dürfen, hat zunächst einfache Hintergründe: Sie sind leistungsfähiger, zumindest vor der Geschlechtsangleichung. Sie haben mehr Muskeln, mehr Ausdauer, können schneller laufen, schwimmen, Rad fahren. Durch die Behandlung mit weiblichen Hormonen nimmt dieser Vorsprung sukzessive ab. Wie lange die Anpassung dauert, hängt vom Einzelfall ab. "Deshalb kann man schon diskutieren, ob es im Leistungssport Regularien geben soll", sagt Laura. "Aber sie müssen auch erfüllbar sein."

    Laura kommt aus der Nähe von Neumarkt in der Oberpfalz. Im Jahr 2015 macht sie dort Abitur und zieht zum Studium nach Erlangen – mit dem Auto eine dreiviertel Stunde entfernt. In dieser Zeit wird sie sich bewusst: "Ich fühle mich als Frau." Laura spricht zunächst im engen Freundeskreis darüber. 2019 outet sie sich. "Vor den ersten Gesprächen hatte ich richtig Angst", sagt sie. Die Reaktionen sind überwiegend positiv. "Ein paar Freundschaften sind zerbrochen. Aber vielleicht waren das dann auch keine Freundschaften." Sie besucht Selbsthilfegruppen, beginnt eine Hormontherapie, lässt den Bart entfernen, beantragt die Personenstandsänderung. Auf einem Kirchweih-Ausflug zieht sie zum ersten Mal ein Dirndl an. Und wird selbstbewusster.

    Bayerischer Landes-Sportverband: "Sporttreiben im Verein ist für alle da"

    Fußball möchte Laura weiterhin spielen. "Ich war mir zunächst unsicher. Soll ich mir jetzt wirklich einen Verein suchen? Ich wusste ja nicht, wie die Leute reagieren würden." Sie wendet sich an den Trainer der Damenmannschaft der SG Effeltrich/Hetzles. Er ermuntert sie, zum Training zu kommen. Angst habe sie trotzdem gehabt. "Aber alle haben vollkommen offen reagiert, ich war echt überrascht." Kurze Zeit später wechselt sie den Verein nochmals und spielt heute bei der SG BSC Erlangen/SC Eltersdorf in der Kreisklasse.

    So positive Erfahrungen machen nicht alle Transfrauen. In einer Studie des Deutschen Jugendinstituts von 2018 berichteten junge Transfrauen von exkludierenden Situationen. Der Grund: die strikte Geschlechtertrennung. Das führe dazu, dass "Sport vermieden oder abgelehnt wird", heißt es in der Studie. Vor allem die Umkleide-Situation führe zu ausgrenzenden Erfahrungen. Auch in Lauras Fall gab es zu Beginn Schwierigkeiten. "Wir wussten nicht, wie wir das mit dem Duschen machen nach dem Spiel. Die Idee war: Entweder dusche ich mit Badehose, oder ich dusche zuletzt, wenn die anderen fertig sind."

    Der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) erklärt, Transfrauen den Weg in den Sport möglich machen zu wollen. "Sporttreiben im Verein ist für alle da", sagt Thomas Reiner, Geschäftsführer des BLSV auf Anfrage unserer Redaktion. "Dazu gehört auch, Transfrauen die Möglichkeit zu bieten, im Verein Sport zu treiben."

    Für Wettkämpfe seien aber Regeln nötig. Der Verband sieht dabei die Verbände der einzelnen Disziplinen in der Pflicht. "Wir glauben nicht, dass hier alle Sportarten quasi über einen Kamm geschoren werden können, sondern es differenzierter, dann aber einheitlicher Regelungen für jede Sportart bedarf", sagt Reiner. Verweist aber auf die uneindeutige Studienlage. "Generelle Entscheidungen können nur auf Grundlage einer soliden, wissenschaftlichen Faktenbasis getroffen werden, die unserer Kenntnis nach jedoch noch nicht für jede Sportart oder Disziplin besteht."

    In den bisher durchgeführten Studien stellten Forscherinnen und Forscher fest, dass sich eine Hormontherapie negativ auf die Leistung auswirkt. "Hormontherapie führt dazu, dass die Hämoglobinwerte von trans Frauen sich denen von cis Frauen angleichen", heißt es in einer Studie von Joanna Harper, Medizinphysikerin an der britischen Loughborough University.

    Das Hämoglobin transportiert den Sauerstoff durch den menschlichen Körper, auch zu den Muskeln. Und ist entscheidend für die Ausdauer. Die Studie zeigt aber auch: Die Muskelkraft könnte bei Transfrauen noch drei Jahre nach Beginn der Hormontherapie erhöht sein. Auch die Forscherinnen und Forscher plädieren deshalb dafür, für einzelne Sportarten konkrete Regeln auszuarbeiten. Nicht für jede Sportart sei eine gesteigerte Muskelkraft entscheidend.

    "Transfrauen durch strenge Regularien auszuschließen, ist nicht fair"

    Noch habe sie einige körperliche Vorteile gegenüber ihren Mitspielerinnen, sagt Laura. Trotzdem verlief die Spielerinnenzulassung unkompliziert. "Körperliche Unterschiede gehören im Sport ja auch dazu." Einen Spielerinnenpass bekam Laura, noch bevor ihr Geschlecht in den Personalausweis eingetragen wurde. Als erste Transfrau ohne vollzogene Personenstandsänderung spielte sie innerhalb des Bayerischen Fußballverbands. "Im Sport wird viel über Fairness gesprochen. Und faire Bedingungen zu schaffen, ist absolut richtig", sagt sie. "Aber Transfrauen durch strenge Regularien auszuschließen, ist nicht fair."

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an. In "Augsburg, meine Stadt" spricht eine Augsburgerin über ihre Trans-Identität – und räumt mit gängigen Vorurteilen auf.

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