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Spitzensport: Was außergewöhnlich erfolgreiche Sportler von der Masse unterscheidet

Spitzensport

Was außergewöhnlich erfolgreiche Sportler von der Masse unterscheidet

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    Die ehemaligen Schwimmerinnen Britta Steffen (links) und Franziska van Almsick sind zwei der erfolgreichsten deutschen Sportlerinnen. Beide führte Trainer Norbert Warnatzsch zum Sieg.
    Die ehemaligen Schwimmerinnen Britta Steffen (links) und Franziska van Almsick sind zwei der erfolgreichsten deutschen Sportlerinnen. Beide führte Trainer Norbert Warnatzsch zum Sieg. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Am Ende sehen die Siege immer leicht aus. Viel Jubel, Freude, oft ein paar Tränen. Doch all das, was in den Jahren zuvor passiert ist, bleibt dem Fernsehzuschauer verborgen. All die Arbeit, die die Athletinnen und Athleten in ihre Erfolge investiert haben. All die Mühen, all das nötige Glück. Ganz zu schweigen von dem Talent, das dem Sieger in die Wiege gelegt wurde. Und, vielleicht am wichtigsten, die Arbeit der Trainer im Hintergrund. Sie sind es, die den Plan ausarbeiten, mit dem der Sportler zum Sieger wird. Einer der erfahrensten ist Norbert Warnatzsch. Der Schwimm-Trainer formte schon Anfang der 1980er Jörg Woithe zum Olympiasieger und Weltmeister, später dann Franziska van Almsick zur Weltrekordlerin und Britta Steffen zur Olympiasiegerin.

    Vieles ist angeboren, doch das Entscheidende passiert im Kopf

    Der 74-Jährige weiß, was die Besten aus der Masse heraushebt. Auf der einen Seite sind es die körperlichen Voraussetzungen. „Vom Typus und der Körperkonstitution muss ein 100-Meter-Mann zum Beispiel schnellkräftig sein. Das hängt mit den Muskelfasern zusammen. Das ist ein Stück weit genetisch bedingt. Dann natürlich groß, schlank, leicht, trainierbar, intelligent“, sagt Warnatzsch. Dazu kommt die mentale Komponente. „Beharrlichkeit, Fleiß, Wille, Durchhaltevermögen. Über sich hinauswachsen können. Niederlagen wegstecken können. Strebsam bleiben, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Bodenständig bleiben, nicht überheblich werden.“

    Olympiasieger werden in letzter Konsequenz im Kopf gemacht. Denn dort muss der unerschütterliche Glaube an die eigene Stärke verankert sein. „Wenn ich weiß, dass ich gut trainiert habe. Wenn ich weiß, dass ich was draufhabe, dann bin ich auch mental stark“, sagt der erfahrene Trainer. Mentale Stärke sei aber noch mehr. „Es bedeutet auch, im entscheidenden Moment über sich hinauswachsen zu können, selbstsicher zu sein, die höchste kämpferische Einstellung zu haben. Man muss abschalten können, um im Tunnel zu sein.“

    Ohne Talent ist auch der größte Fleiß im Sport nutzlos – und umgekehrt

    Als Trainer am Beckenrand habe er die größten Erfolge seiner Schützlinge zwar nicht vorhersagen können, „aber ich hatte sie mit einer gewissen Sicherheit im Kalkül, weil ich die Grundlagen kannte“. Akribisch führte und führt Warnatzsch Buch über Trainingsleistungen seiner Schwimmer. Auf dieser Basis habe er auch die größten Siege seiner Schützlinge kommen sehen.

    Die Besten vereinten Talent und Fleiß in sich. Ohne das eine ist das andere nutzlos – zumindest wenn es darum geht, in die Weltspitze zu kommen. „Das Talent, das nicht fleißig ist, wird nichts. Und der weniger Talentierte, der fleißig ist, kann zwar viel erreichen. Aber das Nonplusultra ist das Talent mit dem entsprechenden Fleiß. Heutzutage geht es nicht mehr anders. Das Level in der Welt ist so hoch, da kann man keine Umwege gehen.“

    In jüngerer Vergangenheit war es vor allem der amerikanische Superstar Michael Phelps, der als perfekte Kombination gilt. Es geht die Legende, dass der Rekord-Olympiasieger in den jüngeren Jahren seiner Karriere keinen einzigen Tag im Jahr pausierte.

    In Deutschland ist ein junger Michael Phelps nicht in Sicht. Immerhin: Florian Wellbrock gehört auf den langen Strecken zur Weltspitze. In Tokio gewann er Gold über zehn Kilometer und stellte unlängst einen Weltrekord über 1500 Meter auf. Seine Verlobte Sarah Köhler gewann in Tokio ebenfalls über 1500 Bronze.

    Ansonsten sieht es seit Jahren eher düster aus „Wir haben in der Vergangenheit geschlafen“, räumt Warnatzsch selbstkritisch ein. „Wir haben die Strategien nicht gut genug ausgerichtet, wie wir uns in Richtung Weltspitze weiter entwickeln wollen. Wir müssen an der Basis Kinder und Jugendliche finden, mit denen wir arbeiten können. Und die müssen wir dann strategisch ausrichten, dass es in Richtung Weltspitze geht. Da haben wir in der Vergangenheit nicht gründlich und sauber genug gearbeitet.“

    Die deutschen Schwimmer wollen zurück in die erste Reihe

    Inzwischen sieht er aber eine Trendwende. „Wir sind auf dem Weg, das zu korrigieren. Auf den langen Strecken waren wir bei Olympia schon ganz vorne dabei.“ Er selbst will den Weg weiter mitgehen. Auch wenn er im kommenden Januar seinen 75. Geburtstag feiert, hat er vor Kurzem bekannt gegeben, noch mindestens ein Jahr als Assistent von Bundestrainer Bernd Berkhahn weiterzumachen. „Ich bin mit dem Schwimmen verwachsen, es hat mir immer Spaß gemacht“, sagt er und fügt mit einem Grinsen an: „So sehr viele Hobbys habe ich nicht. Ich kann nicht sagen, dass ich jetzt ein Bild male, was komponiere oder Rosen züchte.“

    Er habe für sich festgestellt, dass die Arbeit mit jungen Leuten auch ihn selbst jung halte. Doch ob er auch noch bis Paris 2024 am Beckenrand stehen werde, sei offen. Zum einen hinterfrage er sich selbst immer wieder, ob er die Anforderungen noch erfülle. „Sollte ich das nicht mehr können, würde ich sofort aufhören.“ Außerdem müsse sein Chef, Bundestrainer Bernd Berkhahn, zufrieden sein.

    Und vor allem: „Ich muss das auch noch mit meiner Frau abstimmen, dir mir immer der Rücken freigehalten hat.“ Legt die Gattin also kein Veto ein, ist alles vorstellbar. Auch eine Reise in die französische Hauptstadt.

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