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Kommentar: WM: Der andere Blick auf Afrika

Kommentar

WM: Der andere Blick auf Afrika

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    Anton Schwankhart, Sportredakteur der Augsburger Allgemeinen.
    Anton Schwankhart, Sportredakteur der Augsburger Allgemeinen. Foto: Ulrich Wagner

    Afrika. Für den Europäer heißt das Armut, Elend, Krankheit, Krieg. Genau dort beginnt heute die Fußball-Weltmeisterschaft. Noch nie war das größte Sportspektakel der Welt neben den Olympischen Spielen von derart widerstrebenden Empfindungen begleitet.

    Der Angst vor Terror und Kriminalität. Der Sorge um ein Organisationschaos und um halb leere Stadien. Das alles mitten im südafrikanischen Winter. Die Welt, die noch vom deutschen Sommermärchen 2006 träumt, muss sich warm anziehen. Hätte es für die WM 2010 keinen besseren Ort gegeben als diesen?

    Nein! Wer den Fußball als weltumspannendes Phänomen begreift, kann nicht einen ganzen Kontinent links liegen lassen. Lange genug hat der Weltverband FIFA die Weltmeisterschaften vor allem unter seinen Großmächten verteilt. Den Europäern, die mit ihren Stadien und ihrer Infrastruktur die Standards setzen. Den Amerikanern (1994) und Asiaten (2002), die dem Fußball neue Märkte erschlossen haben. Dieses Mal aber hat nicht der Markt entschieden, sondern das Herz.

    Mit der ersten WM auf dem Schwarzen Kontinent kehrt der Fußball an seine Wurzeln zurück. Hier ist er so, wie ihn sich die Menschen wünschen, wenn sie der aufgeblasenen Show überdrüssig geworden sind: einfach, ungehobelt, kreativ. Es war schon lange eine Schande, dass sich die Fußballmächte ungeniert bei Afrikas Talenten bedient haben, über den Fußballstandort Afrika aber die Nase rümpften. Anders als bisherige Weltmeisterschaften gehört diese WM einem ganzen Kontinent. Zum Erfolg aber muss sie Südafrika alleine führen. Hätte es dafür keine bessere Bühne gegeben als diesen Ort der Unterdrückung?

    Nein! 16 Jahre nach dem politischen Ende der Apartheid prägt die Rassentrennung noch immer das Land, leben Millionen Schwarze in Elendssiedlungen, ist Südafrika in Weiß und Schwarz getrennt. Die Hoffnung, der Fußball werde die Gräben weiter schließen, ist groß. Zu groß wohl für eine einzige WM und ein einfaches Spiel. Skeptiker sagen schon jetzt: Der Fußball könne in Südafrika nichts gewinnen, weil er dort allein der Sport der Schwarzen sei.

    Wer das sagt, unterschätzt die Kraft der Bilder und das Verbindende des Spiels. Afrika wird andere Bilder liefern, auch andere Töne. Die übrige Welt würde den Afrikanern manches zurückgeben, wenn sie sich auf das Andere einließe.

    Die Afrikaner glauben an die Chancen, die ihnen die WM bietet. Der Optimismus, der dem Kontinent seine Zukunft sichert, lässt sie von einem Wintermärchen träumen. In viereinhalb Wochen, wenn alles vorbei ist, soll die Welt mit anderen Augen auf Afrika blicken. Anton Schwankhart

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