Nach dem längsten Grand-Slam-Finale der Geschichte fiel Novak Djokovic einfach um. 5:53 Stunden lang lieferte sich der Weltranglisten-Erste im Endspiel der Australian Open gegen Rafael Nadal eines der besten Tennis-Matches, das je gespielt wurde. Dann hatte der Serbe den Spanier mit letzten Kräften 5:7, 6:4, 6:2, 6:7 (5:7), 7:5 niedergerungen und seinen Titel Down Under eindrucksvoll verteidigt.
Im nächsten Moment schoss dem 25-Jährigen aber schon wieder das Adrenalin durch seinen Astralkörper. Djokovic riss sich das T-Shirt vom Leib und brüllte Freude, Erleichterung und Erschöpfung heraus. Vor der Box, in der seine Freundin Jelena fast sechs Stunden lang gelitten hatte, warf er sich auf die Knie und ließ sich von den 15 000 Tennis-Fans feiern. Keiner der Zuschauer wird dieses Spiel je vergessen. Um 01.37 Uhr am frühen Montagmorgen (Ortszeit) hatte Djokovic seinen ersten Matchball verwandelt.
Nadal hat Humor
Bei der Siegerehrung konnten weder Djokovic noch Nadal länger stehen. Ihnen wurden Stühle gereicht, auf denen sie erschöpft zusammensackten. "Rafa, wir haben heute Geschichte geschrieben. Leider konnte es heute nur einen Sieger geben", sagte Djokovic nach seinem Erfolg. "Ich hoffe, wir werden noch viele Endspiele gegeneinander spielen." Nadal hatte in einem der bittersten Momente seiner Karriere immerhin seinen Humor nicht verloren. "Guten Morgen alle zusammen", meinte der 25-Jährige um kurz vor zwei Ortszeit.
Das ist Novak Djokovic
Nationalität: Serbien
Alter: 24
Geburtsort: Belgrad
Wohnort: Monte-Carlo
Größe: 1,88 Meter
Gewicht: 79 Kilogramm
Familienstand: ledig
Profi seit: 2003
Karriere-Preisgeld: ca. 35,4 Millionen Dollar
Größte Erfolge: 29 Turniersiege, darunter fünf Grand-Slam-Erfolge (Melbourne 2008, 2011, 2012 Wimbledon 2011, US Open 2011)
Weltranglistenposition: 1.
Das bislang längste Finale bei einem Grand-Slam-Turnier hatten sich Mats Wilander und Ivan Lendl 1988 bei den US Open über 4:54 Stunden geliefert. Die meiste Zeit in Melbourne hatte zuvor ebenfalls Nadal auf dem Court verbracht. 2009 bekämpfte er sich mit seinem Landsmann Fernando Verdasco 5:14 Stunden - damals allerdings mit dem besseren Ende.
Für Nadal war es die dritte Niederlage in einem Major-Endspiel gegen Djokovic nacheinander und die insgesamt siebte Pleite gegen den Serben in Serie. Djokovic erhielt 1,86 Millionen Euro für seinen insgesamt fünften Grand-Slam-Erfolg und dritten Triumph in Melbourne.
Doch zwischenzeitlich glaubte selbst der Super-Serbe nicht mehr daran, dass er Dauerrenner Nadal bei 33 Grad Hitze und drückender Schwüle bezwingen könnte. Egal wie knapp er die Filzkugel auf die Linie spielte, der Spanier brachte jeden Ball zurück. Die beiden derzeit besten Spieler der Welt lieferten sich einen hochklassigen, jede Sekunde unglaublich intensiven Fight. Beide zeigten eindrucksvoll, warum sie derzeit für alle unerreichbar sind.
Djokovic macht den Maikäfer
Ein unglaublicher Schlag reihte sich an den nächsten, sowohl Djokovic als auch Nadal erliefen auch im fünften Satz noch Bälle, die eigentlich schon wieder in den Händen der Balljungen waren. Beim Stand von 4:4 im Entscheidungssatz sank Djokovic völlig erschöpft zu Boden und lag wie ein Maikäfer auf dem Rücken - zuvor hatten er und Nadal sich 31 Mal den Ball hin- und hergeschlagen, und das nach mehr als fünf Stunden Spielzeit. Als sich Djokovic nach 5:52 Stunden seinen ersten Matchball erkämpft hatte, blickte er gen Himmel und bekreuzigte sich.
Australian Open: Die Sieger seit 2000
2018 Roger Federer - Serena Williams
2017 Novak Djokovic - Angelique Kerber
2016 Novak Djokovic - Serena Williams
2015 Stan Wawrinka - Li Na
2014 Novak Djokovic - Wiktoryja Asaranka
2013 Novak Djokovic - Wiktoryja Asaranka
2012 Novak Djokovic - Kim Clijsters
2011 Roger Federer - Serena Williams
2010 Rafael Nadal - Serena Williams
2009 Novak Djokovic - Maria Scharapowa
2008 Roger Federer - Serena Williams
2007 Roger Federer - Amélie Mauresmo
2006 Marat Safin - Serena Williams
2005 Roger Federer - Justine Henin
2004 Andre Agassi - Serena Williams
2003 Thomas Johannson - Jennifer Capriati
2002 Andre Agassi - Jennifer Capriati
2001 Andre Agassi - Lindsey Davenport
2000 Jewgeni Kafelnikow - Martina Hingis
Zunächst wirkte Nadal bei den extremen äußeren Bedingungen etwas frischer. Nach 1:20 Stunden verwandelte der Spanier seinen dritten Satzball - der erste Durchgang dauerte damit nur zwei Minuten kürzer als das komplette Damen-Finale zwischen Victoria Asarenka und Maria Scharapowa am Tag zuvor. Wer gedacht hätte, nach diesen hart umkämpften 80 Minuten würde den beiden Modelathleten ein wenig die Puste ausgehen, der sah sich getäuscht.
Die Zuschauer waren völlig außer Rand und Band. Als die Partie gegen Endes des vierten Satzes wegen Regens für rund zehn Minuten unterbrochen werden musste, um das Dach über der Arena zu schließen, hallten "Rafa, Rafa"-Sprechchöre durch die Arena. Fast alle der rund 15 000 Zuschauer wollten einen fünften Satz sehen - und den bekamen sie auch.
Im Tiebreak verwandelte Nadal seinen ersten Satzball und warf sich danach auf die Knie, als hätte er das mit rund 21 Millionen Euro dotierte Event bereits gewonnen. Doch da hatte er die Rechnung ohne Djokovic gemacht. Dem Serben gelang zum 6:5 das entscheidende Break, auf das selbst der außergewöhnliche Kämpfer Nadal keine Antwort mehr hatte.