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4:1-Sieg: Deutschland - England: Begeisternder Jugendstil

4:1-Sieg

Deutschland - England: Begeisternder Jugendstil

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    Der Torklau von Bloemfontein sorgt für heiße Debatten.
    Der Torklau von Bloemfontein sorgt für heiße Debatten. Foto: dpa

    Nach dem Schlusspfiff hat sich Per Mertesacker die Querlatte des Tores gegriffen, das die deutsche Mannschaft in der ersten Spielhälfte verteidigt hat. Der Bremer zog sich in die Höhe, was für einen 1,96 Meter langen Kerl nicht schwer ist, und drückte dem kalten Metall seine Lippen auf. Man hätte in diesem Moment auf die Idee kommen können, die Deutschen seien dem Gestänge Dank schuldig für den 4:1-Triumph über England. Mertesacker hat es vielleicht so gesehen. Denn als Frank Lampard beim Stand von 2:1 für Deutschland den Ball aufs deutsche Tor beförderte, sprang die Kugel von der Unterseite des Balkens so weit hinter die Torlinie, dass fast jeder im Stadion sah, dass es ein Treffer war.

    Erzürnter Trainer

    Offenbar aber war es nicht so weit, dass es auch der Schiedsrichter sah. Jorge Larrionda aus Uruguay und seine Assistenten ließen weiterspielen. Für Fabio Capello, Englands Trainer, haben sie damit die englische Niederlage auf dem Gewissen. "Unglaublich", zürnte der Italiener, "wir spielen mit fünf Schiedsrichtern und dann sehen sie dieses Tor nicht." Joachim Löw hatte naturgemäß eine andere Erklärung für Englands höchste WM-Niederlage, die selbst der zweifache Torschütze Thomas Müller für ein wenig zu hoch hält. Tatsächlich nämlich waren die Engländer lange Zeit das engagiertere Team. Nur sprang bei dem Wirbel, den sie verursachten, wenig heraus. Deutschland, das musste selbst Capello einräumen, "hat hervorragend gekontert." Für Löw war es "eine taktische Meisterleistung", die seiner Mannschaft den Weg ins Viertelfinale beschert hat, wo sie am Samstag (16 Uhr) in Kapstadt auf Argentinien trifft. Dabei hatte für die Engländer gestern alles erfreulich begonnen. Gäbe es für die gesangliche Darbietung der Hymnen einen Bonus, hätten die Roten schon vor dem Anpfiff in Führung gelegen. Die englischen Fans unter den 40 200 Zuschauern in der nicht ganz ausverkauften Arena legten eine Inbrunst an den Tag, der die deutschen Zuschauer nicht gewachsen waren.

    England startete offensiver, die DFB-Elf aber stand gut geordnet. Die erste gute Gelegenheit zur Führung hatte Mesut Özil, der allerdings an David James scheiterte. Bastian Schweinsteiger (Oberschenkelverhärtung) und Jerome Boateng (Wadenverletzung) waren gerade noch rechtzeitig fit geworden. Nur Cacau (Bauchmuskelzerrung) fehlte. So kehrte der zuletzt Gelb-Rot-gesperrte Miroslav Klose wieder in die Stammformation zurück. Eine entscheidende Personalie. Als Klose einen Abschlag Manuel Neuers aufgenommen hatte und sich von Matt Upson nicht abdrängen ließ, führte Deutschland 1:0 (19.). Kloses zwölfter WM-Treffer. Der 32-Jährige hat nun mit Pelé gleichgezogen.

    Die Gelegenheit, den Brasilianer zu überholen, vereitelte James (29.). 120 Sekunden später aber war der englische Torhüter zum zweiten Mal geschlagen. Ein herrliches Zuspiel von Thomas Müller landet bei Lukas Podolski, der aus spitzem Winkel traf. Die Engländer bestimmten das Spiel - Deutschland schoss die Tore. Die Roten erhöhten nun den Druck. Ein erstes Mal rettete Manuel Neuer glänzend gegen Frank Lampard, bei seinem zweiten heiklen Einsatz aber segelte der Torhüter am Ball vorbei. Upson köpfte den 1:2-Anschlusstreffer.

    1966 war es Geoffrey Hurst

    Danach wiederholte sich deutsch-englische Fußball-Geschichte - allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Als Frank Lampard den Ball an die Unterseite des Querbalkens schoss, sprang die Kugel deutlich hinter der Torlinie auf. Im WM-Finale zwischen England und Deutschland 1966 war es andersherum gewesen. Damals hatte Englands Geoffrey Hurst beim Stand von 2:2 in der Verlängerung den Ball an die Unterseite des Querbalkens getreten. Von dort war er vor der Torlinie aufgesprungen. Der Schiedsrichter aber hatte auf Treffer für

    Es blieb gestern auch sonst der Tag des Torgebälks. Frank Lampards 30-m-Freistoß strich so hart über den Querbalken, dass Neuer zur Säule erstarrte. Die Engländer waren dem Ausgleich nahe, die Deutschen dem dritten Treffer aber näher. Einen Konter über Bastian Schweinsteiger schloss Thomas Müller mit dem 3:1 (65.) ab. "Von da an", räumte Capello ein, "war es ein anderes Spiel."

    Als England alles nach vorne warf, bediente Mesut Özil den Dauerläufer Müller, der mit dem 4:1 für die Entscheidung sorgte (69.). Der Deutsche Fußball-Bund belohnt den Achtelfinal-Einzug mit 50 000 Euro pro Spieler. Fabio Capello dagegen hat die englische Pleite Fragen nach seinem Rücktritt eingetragen. "Ich werde nicht hinschmeißen", knurrte er in Richtung der englischen Journalisten. Die Engländer fliegen heute nach Hause. Die Deutschen sind nach Pretoria zurückgekehrt.

    Wen er sich als Gegner im Viertelfinale wünsche, wurde Thomas Müller gefragt, als das andere Achtelfinale zwischen Argentinien und Mexiko noch nicht angepfiffen war. "Mexitinien", hat Müller gesagt. Mit solchen Kerlen ist der Gegner wirklich egal. Von Anton Schwankhart

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