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Skispringen: Skispringen, Skifliegen und die Gleichberechtigung

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Skispringen, Skifliegen und die Gleichberechtigung

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    Das Skispringen der Frauen ist auf bestem Wege zur Gleichberechtigung. Nur beim Skifliegen (unser Bild zeigt Erna Klinec aus Slowenien) gibt es noch Unterschiede zwischen Frauen und Männern.
    Das Skispringen der Frauen ist auf bestem Wege zur Gleichberechtigung. Nur beim Skifliegen (unser Bild zeigt Erna Klinec aus Slowenien) gibt es noch Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Foto: Geir Olsen, dpa

    Ganz am Ende des Winters entlud sich bei einigen Skispringerinnen doch noch der Frust. In Planica hatte der Weltcup-Kalender am vergangenen Wochenende für die Männer zum Saisonabschluss ein Skifliegen anberaumt. Die Frauen dagegen durften nur von der benachbarten Normalschanze springen. Und sofort war es wieder da: das Thema Gleichberechtigung. Speziell im Skispringen mussten die Frauen über viele Jahre gegen hartnäckigen Widerstand ankämpfen. Viele altgediente Funktionäre mussten erst mühsam davon überzeugt werden, dass auch Frauen ORF: "Wir kriegen immer wieder gesagt, was wir alles nicht können und nicht dürfen. Es sind immer wieder Entscheidungen, die unglaublich schwer nachzuvollziehen sind. Nicht nur, was Skispringen anbelangt, sondern auch das Rundherum." Sie fühle sich "auf gut Deutsch ein bisserl verarscht". 

    Weltrekordlerin fühlt sich "mit Füßen getreten"

    Die Deutsche Presseagentur zitierte Pinkelnig mit diesen Sätzen, verwies aber umgehend darauf, dass die 35-Jährige in den vergangenen zehn Jahren hautnah miterlebt habe, welche Fortschritte das Frauen-Skispringen gemacht hat und zählte auf: Die Disziplin wurde olympisch, das WM-Programm wurde Stück für Stück erweitert, die mediale Aufmerksamkeit ist gestiegen. Doch das genügt den Springerinnen nicht. Sie arbeiten auf Schanzengleichheit hin und fühlten sich in den vergangenen Wochen gleich mehrfach massiv zurückgeworfen. Weltrekordhalterin Silje Opseth, die in Vikersund an einem Tag 236,5 Meter (Sturz) und 230,5 Meter (Weltrekord) flog, war von den Plänen in Planica besonders getroffen. "Wir werden tatsächlich mit Füßen getreten, haben keinen großen Wert. Die Jungs dürfen zum Skifliegen und machen das coolste Ding der Welt, und wir sind daneben auf der kleinsten Schanze. Ich muss echt sagen, das ist enttäuschend", sagte die frustrierte Norwegerin, die ihre Teilnahme für Planica absagte.

    Ex-Bundestrainer Bauer sieht Gleichberechtigung fast erreicht

    Andreas Bauer sieht das anders. Der Oberstdorfer war viele Jahre Frauen-Bundestrainer, verhalf der deutschen Mannschaft zu großen Erfolgen und sitzt mittlerweile als deutscher Vertreter im Skisprungkomitee des Ski-Weltverbandes Fis. Er sagte unserer Redaktion, dass die Gleichberechtigung fast erreicht sei. "Wir haben zum Beispiel jetzt auch bei Olympia die Großschanze mit im Programm für die Frauen. Das einzige, was noch fehlt, ist die Vierschanzentournee." Die besteht für die Frauen momentan nur aus den beiden deutschen Springen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen und firmiert unter dem Namen "Two-Nights-Tour". Bauer ist aber optimistisch, dass sich das bald ändern wird. "Ab der Saison 2025/26 gibt es sehr positive Signale, dass Österreich mitmacht. Dann hat Innsbruck ein Flutlicht installiert und ist mit dem Zeitplan flexibler. Man hat das ORF mit im Boot. Dann werden wir wahrscheinlich auch für die Frauen Vierschanzentournee haben", sagte der Allgäuer.

    Nur beim Thema Skifliegen ist auch Bauer eher defensiv. Im Skisprungkomitee der Fis habe man ganz bewusst nur die Skiflugschanzen in Oberstdorf und Vikersund für die Frauen freigegeben. Planica und Kulm habe man dagegen noch nicht aufgenommen, "weil die Flughöhe doppelt so hoch ist. Wenn dort eine Skispringerin in Schwierigkeiten kommt, dann knallt sie in Planica aus acht Metern runter. Das ist die Giebelhöhe eines zweistöckigen Hauses. In Oberstdorf und Vikersund sind es eben nur dreieinhalb bis vier Meter." 

    Wie ein Sturz vom Dachgiebel eines zweistöckigen Hauses

    Bauer verwies dabei auf die geschlechtsspezifische Unterschiede, die man nicht wegdiskutieren könne. "Frauen haben ein anderes Bindegewebe. Sehnen, Bänder und Gelenke halten nicht ganz so viel aus wie die der Männer." Zudem sei die Leistungsdichte bei den Frauen noch nicht groß genug. Das verrät allein schon ein Blick in die Ergebnislisten von Vikersund. Zwischen der Weltrekordlerin Opseth, die sogar aus einer Luke tiefer als alle anderen startete, und der Finnin Jenny Rautionaho auf Rang 17 liegen knapp 100 Meter. "Bei den Männer hast du dagegen 35 Flüge von der gleichen Luke über 200 Meter", sagte Bauer und kommt zu dem Schluss: "Das Skifliegen bei den Frauen muss sich einfach noch entwickeln." Jede Springerin habe die Möglichkeit, sich über die Weltcup-Gesamtwertung (Top 15) und die Raw-Air-Wertung für das Skifliegen zu qualifizieren. Bauer: "Die 15 Besten sind für uns momentan noch das entscheidende Qualitätsmerkmal. Denn klar ist auch, dass sich die öffentliche Meinung um 180 Grad dreht, wenn es schwere Stürze gibt. Dann wird uns die Frage gestellt werden: Wie könnt ihr die Frauen zum Skifliegen zulassen?" 

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