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Schwimmen: Weltrekordflut: Die Antwort liegt unter Wasser

Schwimmen

Weltrekordflut: Die Antwort liegt unter Wasser

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    Jordan Crooks hat eine magische Schallmauer im Schwimmen durchbrochen. Als erster Mensch blieb er über 50 Meter unter 20 Sekunden.
    Jordan Crooks hat eine magische Schallmauer im Schwimmen durchbrochen. Als erster Mensch blieb er über 50 Meter unter 20 Sekunden. Foto: Jo Kleindl, Eibner-Pressefoto

    Der Kontrast könnte kaum größer sein. Im Rahmen der Olympischen Spiele von Paris taten sich die Schwimmerinnen und Schwimmer auffällig schwer damit, Weltrekorde zu brechen. Das liegt einerseits natürlich in der Natur des Rekords, der schwer zu übertreffen sein muss. Andererseits gehört es aber auch zum Wesen Olympischer Spiele, dass dort die weltbesten Athleten in der bestmöglichen Verfassung aufeinandertreffen. Olympiasiege sind außerhalb des Fußballs das höchste zu erreichende Ziel, Weltrekorde quasi ein willkommenes Abfallprodukt. Trotzdem gab es Paris derer nur drei.

    30 Weltrekorde bei einer Weltmeisterschaft

    Ganz anders ging es bei der Kurzbahn-Weltmeisterschaft zu, die am Sonntag endete. Gleich 30 Weltrekorde überschwemmten die Titelkämpfe in Budapest. Ein Weltrekordrekord. Doch warum erst jetzt und nicht schon bei Olympia im Sommer?

    Am intensivsten stellt sich diese Frage mit Blick auf die US-Amerikanerin Gretchen Walsh und den Schweizer Noè Ponti. Walsh hat in Paris kein Einzelgold gewonnen. In Budapest stellte sie inklusive Staffeln elf Weltrekorde auf. Mehrfach verbesserte sie ihre eigenen Bestmarken aus den Vorläufen und den Halbfinals selbst gleich noch einmal im Finale. Fünfmal gewann sie auf Einzelstrecken WM-Gold. Noch extremer ist der Unterschied bei Ponti. In Paris war er leer ausgegangen. Jetzt holte er dreimal Gold und stellte drei Weltrekorde auf. Falsche Trainingsplanung?

    In Paris war der Pool noch zu flach

    Möglich. Eine weitere bekannte Antwort ist, dass der Pool in der französischen Hauptstadt vergleichsweise flach und deshalb anfällig für Verwirbelungen war. Das bremste die Schwimmer an entscheidender Stelle aus. Denn des Rätsels Lösung dürfte zum Großteil unter Wasser liegen. Im Gegensatz zur Leichtathletik, wo in den Sprint- und Laufdisziplinen die Leistungen lange Zeit stagnierten, ist das Schwimmen technisch noch nicht ausgereizt. Es bedurfte der Einführung neuartiger Schuhe mit eingebauten Carbonplatten, um ab dem Jahr 2017 neue Leichtathletik-Rekorde zu ermöglichen. Im Schwimmen hatten sie diesen Weg einst auch beschritten, 2009 dann aber die sogenannten Ganzkörper-Plastikanzüge wieder verboten.

    Die jüngsten Leistungsexplosionen lassen sich also nicht auf technische Neuerungen zurückführen. Sie liegen vor allem darin begründet, dass die Unterwasserphasen nach Start und Wende immer besser werden. Wer sich alte Videos von Michael Groß anschaut, sieht, wie der Albatros nach dem Abstoß schnell an die Wasseroberfläche zurückkehrt, um sich dort dann schwimmenderweise fortzubewegen. Die modernen Top-Athletinnen und Athleten dagegen nutzen jeden Zentimeter aus, den sie unter Wasser zurücklegen dürfen. Erst nach 15 Metern muss der Kopf die Wasseroberfläche durchbrechen. Bis dahin ist die Fortbewegung mit Delfin-Kicks (Wellenbewegungen aus dem Rumpf heraus) die deutlich schnellste Variante. Auf der 25-Meter-Bahn macht das (anders als auf der olympischen 50-Meter-Bahn) im Idealfall 60 Prozent der Wettkampfdistanzen aus. Ponti gilt als derzeit bester Mann unter Wasser, was er in Budapest eindrucksvoll demonstrierte. Ähnliches gilt für Walsh, die ihre Konkurrentinnen ebenfalls in den Tauchphasen dominierte.

    Die spektakulärste Leistung der WM

    Selbst die wohl spektakulärste Leistung der WM hatte vor allem mit dem zu tun, was unter der Wasseroberfläche geschieht. Als erster Mensch blieb Jordan Crooks von den Cayman Islands über 50 Meter Freistil unter 20 Sekunden. An dieser magischen Schallmauer des Schwimmens haben sich schon viele die Zähne ausgebissen, unter anderem auch der neunmalige Olympiasieger und bisherige Weltrekordhalter Caeleb Dressel. Im Rahmen eines PR-Events seines Ausrüsters hatte er es sogar in einem der längst verbotenen Plastikanzüge versucht und war gescheitert. Crooks hingegen, der in den USA lebt und trainiert, schlug nach 19,90 Sekunden an. Auch, weil er selbst auf dieser kürzesten Sprintdistanz die Tauchphasen fast komplett ausnutzte und nach der Wende den entscheidenden Vorsprung herausschwamm.

    Zusätzlich motivierend dürfte gewesen sein, dass der Schwimmweltverband inzwischen satte Prämien für Rekorde und Titel ausschüttet. Walsh brachte es als Top-Verdienerin auf 290.500 Dollar, Ponti immerhin auf 125.000 Dollar. Im Schwimmen sind das ungewöhnlich hohe Summen.

    Deutsche Schwimmer hatten übrigens nichts mit der Weltrekordflut zu tun, tauchen in Abwesenheit von Olympiasieger Lukas Märtens aber immerhin im Medaillenspiegel auf. Die Langstreckenspezialistin Isabel Gose gewann Gold über 1500 und Silber über 800 Meter. Florian Wellbrock sicherte sich auf den gleichen Strecken zweimal Silber.

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