In den einschlägigen Foren ist die Empörung mal wieder groß. Die Schwimm-WM, die gerade in Doha stattfindet, ist in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Sender nicht zu finden. Weder im linearen Fernsehen noch als Livestream in den Online-Angeboten. Natürlich schürt das Ärger bei denen, die sich für den Schwimmsport interessieren. Und natürlich fallen dann Schlagworte wie "Zwangsgebühren" und es wird aufgezählt, dass diese lieber für irgendwelche Seifenopern anstelle von WM-Entscheidungen ausgegeben werden.
ZDF verzichtet aus programmplanerischen Gründen auf die Schwimm-WM
Die ARD antwortet auf Anfrage unserer Redaktion, dass man keine Liverechte besitze und deswegen lediglich nachrichtlich berichten könne. Die Rechte liegen beim ZDF. Aus Mainz kommt die Antwort, dass "nachrichtlich in den Sport-Regelsendungen und auf sportstudio.de von der Schwimm-WM in Doha" berichtet werde. "Auf eine Live-Berichterstattung zu dieser ersten WM, die im Jahr der Olympischen Sommerspiele stattfindet, musste das ZDF aus programmplanerischen Gründen verzichten. Die jüngsten Erfolge der deutschen Schwimmerinnen und Schwimmer wecken Vorfreude auf die Übertragungen von den Schwimm-Wettbewerben bei den Olympischen Spielen in Paris."
Es folgt der Hinweis auf eine neue Streaming-Plattform namens "Eurovision Sport". Dort könne die WM komplett verfolgt werden. In der Tat ist der Aufwand gering, sich auf der Plattform zu registrieren. Name und eine E-Mail-Adresse reichen. Zu sehen gibt es dann alles, was diese WM zu bieten hat, von Wasserball über Synchronschwimmen bis hin zu den Beckenwettbewerben. Der Haken daran: Die Kommentierung ist englisch. Auf die deutschen Sportlerinnen und Sportler wird nicht gesondert eingegangen. Interviews am Beckenrand werden allenfalls mit Weltmeisterinnen und Weltmeistern geführt, ebenfalls auf Englisch.
Neue Plattform ist erst seit wenigen Tagen auf Sendung
"Eurovision Sport" ist erst seit wenigen Tagen auf Sendung. Die Schwimm-WM ist das erste Großereignis, dass es dort zu sehen gibt. Die Plattform ist via Web oder App erreichbar und bezieht ihre Inhalte aus den TV-Rechten der in der EBU (European Broadcasting Union) organisierten, öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten Europas. Auch die Biathlon-WM ist auf "Eurovision Sport" zu sehen. Im März sollen Bewegtbilder von der die Hallen-WM der Leichtathleten in Glasgow folgen.
Während Biathlon und Leichtathletik aber auch im Fernsehen gute Quoten erreichen, ist Schwimmen zum Nischenprodukt geworden. Vorbei die Zeiten von Michael Groß, Franziska van Almsick oder Britta Steffen. Dass es mit Angelina Köhler zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder eine deutsche Schwimm-Weltmeisterin gibt, hat wohl nur eine verschwindend kleine Minderheit live gesehen.
Dass dem so ist, dürfte auch mit den Erkenntnissen vergangener Großereignisse zu tun haben. Die Quoten von Schwimm-Veranstaltungen bleiben offenbar schon seit Längerem hinter denen anderer Sportarten zurück. Nachzulesen ist das unter anderem in einem Beitrag des Fachmagazins swimsportnews.de aus dem Jahr 2019. Damals, vor Corona also, gingen in Berlin die "Finals" über die Bühne. Zeitgleich fanden zehn nationale Meisterschaften statt, darunter auch die beiden olympischen Kernsportarten Schwimmen und Leichtathletik. ARD und ZDF übertrugen 20 Stunden live. Im Schnitt schauten knapp 1,5 Millionen Menschen zu. Aber: Beim Schwimmen waren es 1,2 Millionen, bei den Leichtathleten mehr als zwei Millionen.
Der sportliche Stellenwert der WM ist eher fraglich
Die besten deutschen Schwimmerinnen und Schwimmer waren da gerade erst von der WM in Korea zurückgekommen. Die wiederum hatte das ZDF erstmals nur als Livestream übertragen. Laut swimsportnews.de kam dieser auf durchschnittlich 12.000 Aufrufe. In der Spitze seien es 64.000 Zuschauerinnen und Zuschauer gewesen.
Trotz dieser ernüchternden Zahlen hatte das ZDF im vergangenen Jahr noch einigermaßen ausführlich von der WM in Japan berichtet und die Wettbewerbe mit einem eigenen Livestream begleitet. Hin und wieder tauchten Livebilder auch im regulären Fernsehprogramm auf. Als Experte fungierte Ex-Weltmeister Christian Keller.
All das gibt es nun nicht mehr. Das allerdings könnte auch mit dem sportlichen Stellenwert der WM zu tun haben. Viele Stars der Szene sind gar nicht erst nach Katar gereist und bereiten sich lieber auf die Olympischen Sommerspiele im August vor. Die WM in Doha ist ein Überbleibsel aus Coronazeiten, als viele Großereignisse verschoben werden mussten. Noch nie zuvor hat es in einem Jahr eine Schwimm-WM und Sommerspiele gegeben.