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Schweiz gegen EnglandMurat Yakin ist der Anti-Southgate

Fußball-EM

Murat Yakin ist der Anti-Southgate

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    Murat Yakin ist einer der großen Gewinner der Schweizer bei dieser EM. Die Zukunft des Trainers ist aber noch offen.
    Murat Yakin ist einer der großen Gewinner der Schweizer bei dieser EM. Die Zukunft des Trainers ist aber noch offen. Foto: Andreas Gora, dpa

    Bei der Zeitungslektüre muss Murat Yakin selbst ein bisschen schmunzeln. Logischerweise bekommt der Trainer der Schweizer Nationalmannschaft mit, welches Lob vor dem EM-Viertelfinale gegen in Düsseldorf (Sonntag, 18 Uhr/ZDF und MagentaTV) auf ihn einprasselt. „Nette Worte sind immer schön zu hören. Wir spielen es aber auch gut“, sagt der 49-Jährige, der gerade so viel Zuneigung erfährt wie nie zuvor in seinem vor drei Jahren begonnenen Job.

    Klar, auch die zwei Meisterschaften 2013 und 2014 mit dem FC Basel waren schön, aber die Aussicht auf das erste EM-Halbfinale der Eidgenossen klingt noch besser. Zumal alles aufgeht, was sich der passionierte Schachspieler an Rochaden einfallen lässt. Bei Personal oder Taktik hat insbesondere dieser Fußballlehrer ein goldenes Händchen. Nun ist er alles auf einmal: Taktikfuchs und Superhirn, Menschenfänger und Publikumsliebling. Er scheint auf jeden Fall der richtige Mann am richtigen Ort in der richtigen Konstellation.

    Murat Yakin strahlt extremes Selbstbewusstsein aus

    Yakin erklärte nach dem Achtelfinale gegen Titelverteidiger Italien (2:0) in Berlin: „Als wir sahen, dass sie mit einer Viererkette kommen, wussten wir: Die machen wir platt.“ Ein solches Selbstbewusstsein kehrt nicht mal Granit Xhaka nach außen. Und der ist doch eigentlich das Sprachrohr der „Nati“. Für ein erfolgreiches Turnier braucht es starke Spieler und seinen starken Trainer. Da schienen die Eidgenossen zuvor ein wenig schwach auf der Brust. Die Kritik in der zähen Qualifikation kumulierte, als eben Xhaka nach einem 2:2 gegen den Kosovo im September vergangenen Jahres sagte: „So wie wir heute gespielt haben, sah auch die ganze Woche aus.“ Mehr Misstrauen kann ein Kapitän eigentlich nicht formulieren. 

    Granit Xhaka und Yakin sind die Strippenzieher der Schweiz

    Der Trainer tat das einzig Richtige: öffentlich nicht sofort zu widersprechen, sondern hinter den Kulissen die Aussprache zu suchen. Wie inzwischen beide Seiten bestätigten, habe man in diesem Jahre mehrere Gespräche geführt. Trainer und Taktgeber wussten: Der eine kann ohne den anderen nicht erfolgreich sein. Yakin war, obwohl er eine ganz ähnliche Vita mitbringt, bereits ein anderer Spielertyp als Xhaka: immer mit einem gewissen Hang zur Lässigkeit gesegnet. Hat der ehemalige Bundesligaspieler des VfB Stuttgart und 1. FC Kaiserslautern wirklich die eigenen Grenzen so ausgereizt, wie das der extrem ehrgeizige Xhaka gerade bei Bayer Leverkusen aufführt? Aber wenn sich unterschiedliche Charaktere auf einen Kompromiss verständigen, kann das die Gemeinschaft befruchten. Es heißt, dass kaum einer ein Spiel so gut lesen kann wie Yakin, was sich auch international herumgesprochen hat.

    Zwar ist (noch) nichts von anderen Angeboten bekannt, doch dass der Vertrag des Nationaltrainers jetzt ausläuft, bringt den Schweizer Fußball-Verband (SFV) in Zugzwang. „Es gibt keinen Grund, über meine Zukunft zu diskutieren. Das werden wir nach der EM 2024 angehen“, beteuerte Yakin gerade wieder. „Wir hatten gute Gespräche. Meine Situation ist jetzt sicherlich angenehmer als vor ein paar Monaten.“ Die Verhandlungsposition könnte besser kaum sein.

    Southgate und Yakin verbindet gegenseitige Wertschätzung

    Dann sollte auch unbedingt Co-Trainer Giorgio Contini bleiben, den Yakin bereits aus Luzerner Zeiten kannte: Der 50-Jährige leitet Aufwärmen, Pass- und Spielformen und Torabschlüsse beim Training im Stadion auf der Waldau. Am Fuße des Stuttgarter Fernsehturms gefällt sich Yakin in der Rolle des Beobachters, der seinen Assistenten lieber als „Partner“ bezeichnet. Denn: „Wir haben identische Ideen. Für uns ist Giorgio ein Glücksfall, es ist auch ein großer Verdienst von ihm, dass es so gut läuft. Es brauchte auch im Staff Veränderung.“ Beide vertrauen sich. So wie einst Jürgen Klinsmann und Joachim Löw beim Sommermärchen 2006.

    Yakin liegt es fern, vor dem Duell gegen England sein Gegenüber Gareth Southgate in irgendeiner Form geringzuschätzen. Im Gegenteil: Er habe viele Sympathien für den kritisierten Kollegen. „Wir haben uns schon in Meetings getroffen und verstehen uns gut. Er hat viele gute Spieler, aus denen er auswählen muss. Wenn die Resultate dann nicht stimmen, gibt das Kritik. Ich befand mich auch schon in einer ähnlichen Situation – am besten nicht zu viel Zeitung lesen.“

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