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Scharfe Kritik an Millionen-Transfers im Fußball

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Scharfe Kritik an Millionen-Transfers im Fußball

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    Scharfe Kritik an Millionen-Transfers im Fußball
    Scharfe Kritik an Millionen-Transfers im Fußball Foto: DPA

    "Wir müssen wieder mehr Rationalität reinbekommen. Die Summen, die da im Moment durch die Gegend fliegen, sind keinem Menschen auf der Straße mehr zu vermitteln. Rechnen Sie allein mal die 94 Millionen für Ronaldo plus die kolportierten 11,5 Millionen Netto-Gehalt - das wird mir zu absurd", sagte Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge der "Bild".

    Rummenigge, der auch Vorsitzender der Europäischen Club-Vereinigung (ECA) ist, nahm bereits Kontakt mit UEFA-Präsident Michel Platini auf. "Wir werden in Sachen Financial Fairplay neue Regeln aufstellen müssen", sagte Rummenigge. Auch der ehemalige Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld sieht solche Transfers als problematisch für einen fairen Wettbewerb an. "Man sollte die Investitionen selbst bezahlen können. Ich finde es sehr fraglich, wenn sich der Verein überschuldet. Real macht ja wieder mehr Schulden, als sie schon haben. Das finde ich etwas unseriös", sagte der heutige Schweizer Nationaltrainer in einem Interview der "tz". "Wenn sich Vereine maßlos überschulden können, ist das Wettbewerbsverzerrung."

    Der frühere Nationalspieler Günter Netzer bezeichnete die Entwicklung als "krank" und "ethisch-moralisch nicht mehr vertretbar". "Ich verurteile, dass so hohe Summen gezahlt werden. Das ist nicht mehr meine Welt", sagte Netzer den "Stuttgarter Nachrichten". Betriebswirtschaftlich hält der TV-Experte derartiges Finanzgebaren ebenfalls für kaum noch seriös. Viele Clubs seien "mit ihrer Finanzkraft an der äußersten Grenze angelangt".

    Selbst der bei Real Madrid unter Vertrag stehende Nationalspieler Christoph Metzelder verfolgt die Transfer-Offensive seines Clubs mit gemischten Gefühlen. Einerseits freut er sich zwar über jeden Weltstar, der sein Team verstärkt, andererseits kann auch er die gigantischen Ablösesummen nicht gutheißen. "Madrid hat hohe Ziele, muss am besten immer ein Offensiv-Spektakel bieten und daher investieren. Persönlich kann ich diese Dimensionen aber nicht nachvollziehen, gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten", sagte der DFB-Auswahlakteur.

    Für den Wechsel des Portugiesen Ronaldo von Manchester United will Real Madrid die Rekordsumme von bis zu 94 Millionen Euro zahlen. Der Transfer ist aber noch nicht endgültig perfekt. Der Brasilianer Kaká vom AC Mailand kostet die Madrilenen 65 Millionen. Presseberichten zufolge erhält Real von der Großbank Santander und der Großsparkasse Caja Madrid einen Kredit von zusammen rund 150 Millionen Euro. Als Garantie sehen die Geldinstitute die TV-Übertragungsrechte der Erstliga-Spiele für sieben Jahre, die dem Club etwa 1,1 Milliarden Euro sichern. Spaniens Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado zeigte sich angesichts des Kredits "überrascht", da die Banken wegen der Finanzkrise den Geldhahn weitgehend zugedreht haben. "Wenn die Geldinstitute für so etwas liquide sind, sollten sie auch kleinen und mittleren Unternehmen sowie Privatleuten Geld leihen."

    Am 16. Juni beschäftigte Real Madrid gar das spanische Parlament. Die kleine katalanische Linkspartei ICV brachte den Antrag ein, mit dem Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero zur europaweiten Initiative zur Begrenzung der Profi-Gehälter bewegt werden soll. Die Regierung müsse zudem dafür sorgen, dass die Clubs zunächst ihre Steuerschulden begleichen, ehe sie Millionen für Kicker ausgeben. Die Initiative hat angesichts der Mehrheitsverhältnisse zwar kaum Aussicht auf Erfolg. Mehrere Abgeordnete schlossen sich aber der Meinung an, die astronomischen Summen verstießen auch angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise gegen jegliche Ethik und Moral. Fußball-Clubs seien jedoch wie Privatunternehmen anzusehen, es herrsche freie Marktwirtschaft. Die konservative Abgeordnete Celia Villalobos: "Wenn ein Club mit einem 100 Millionen Euro schweren Neuzugang Selbstmord begehen will, ist das sein Problem, nicht das Problem der Spanier."

    Ex-Weltklassestürmer Emilio Butragueno, bei Real nun "Direktor für Beziehungen zu den Institutionen", hatte die Transfers kürzlich so verteidigt. "Oft ist das Billige teuer und das Teure schließlich billig. Aus fußballerischer Sicht gibt es nicht den geringsten Zweifel, dass Ronaldo und Kaká unter den Besten der Welt sind und der Mannschaft enorm weiterhelfen werden. Wirtschaftlich ist die Frage, ob es ratsam ist, viel Geld in zwei Spieler dieser Kategorie zu stecken, oder in sechs Spieler, die gut, aber keine Superstars sind."

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