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Schach: Schachweltmeister Magnus Carlsen und seine Betrugsvorwürfe

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Schachweltmeister Magnus Carlsen und seine Betrugsvorwürfe

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    Magnus Carlsen (links) hat gegen Hans Niemann in der dritten Runde des Sinquefield Cups verloren. Er wirft nun seinem Kontrahenten Betrug vor.
    Magnus Carlsen (links) hat gegen Hans Niemann in der dritten Runde des Sinquefield Cups verloren. Er wirft nun seinem Kontrahenten Betrug vor. Foto: Crystal Fuller/Saint Louis Chess Club, dpa

    Zu sagen, dass die Schachwelt derzeit in Aufruhr ist, wäre eine Untertreibung. Sie brennt regelrecht. Der Grund dafür ist, mal wieder, ihr norwegischer Superstar Magnus Carlsen. Erst im Juli hatte dieser die Verteidigung seines Weltmeistertitels abgesagt, weil ihm die Motivation fehle und der Spielmodus nicht passte. Doch was er nun verkündet, hat noch eine andere Dimension. Carlsen wurde kürzlich von dem jungen Amerikaner Hans Niemann besiegt - und spricht jetzt offen von Betrug.

    Passiert war Folgendes: Carlsen und Niemann trafen beim Sinquefield Cup in St. Louis aufeinander, und Carlsen verlor. Das war alles. Hinweise oder gar Beweise, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugegangen war und der 19-jährige Niemann betrogen hat, gibt es nicht. Doch Carlsen brach das Turnier ab und twitterte statt einer Erklärung nur kryptische Videoschnipsel. Kurz darauf trafen Carlsen und Niemann erneut bei einem Online-Cup aufeinander. Carlsen gab nach dem ersten Zug auf.

    Carlsen liefert keine Beweise für seine Anschuldigungen

    Nach diesem unmissverständlichen Zeichen der Verachtung für seinen Gegner hat Noch-Weltmeister Carlsen jetzt ein offizielles Statement nachgelegt. Die Vorwürfe darin sind maximal: Er sei der Überzeugung, dass Niemann ein Betrüger sei, so Carlsen. Dass Niemann auch in der Vergangenheit wiederholt betrogen habe. Die Veranstalter von Schachturnieren müssten ihre Sicherheitsvorkehrungen deutlich verschärfen, wenn sie die "Heiligkeit" des Spiels bewahren wollten.

    Erwiesen sich die Vorwürfe als wahr, wäre die Karriere des aufstrebenden jungen Großmeisters Niemann am Ende. Deshalb ist es für viele Beobachter so verblüffend, dass Carlsen keine konkreten Belege für seine Anschuldigungen liefert. Er erklärte seine Diagnose vielmehr so: Niemann habe ihn mit den schwarzen Figuren - die auf der höchsten Ebene des Profischachs als leichter Nachteil betrachtet werden, da Weiß zuerst zieht - in einer Weise "outplayed", wie es nur "eine Handvoll Spieler auf der Welt könnten". Niemann habe außerdem nicht "voll konzentriert" gewirkt. Carlsen schloss mit der Andeutung, dass er mehr sagen könnte, es aber zum jetzigen Zeitpunkt aus Rechtsgründen nicht wollte.

    Der Weltschachverband tadelt den Weltmeister

    Es wird nun wild in alle Richtungen spekuliert, ob Carlsen mit seinen Anschuldigungen recht hat oder nur sein angeschlagenes Ego aus ihm spricht. Niemann selbst bestreitet vehement, jemals bei einem Spiel am Brett betrogen zu haben - bei Onlineturnieren hat er das in der Vergangenheit allerdings schon und das auch zugegeben. Betrug bei einem Duell am richtigen Schachbrett wäre ungleich schwerer, aber nicht unmöglich. Das grundsätzliche "Problem" sind Schachprogramme, die mittlerweile besser spielen können als jeder Mensch. Eine Drittperson müsste die gespielte Partie analysieren lassen und die errechneten Züge an einen der Spieler kommunizieren. Bei Profiturnieren sind die Vorkehrungen aber hoch, es gibt Metalldetektoren und Partiebeobachter.

    Der Weltschachverband FIDE wiederum hat Carlsen nun in einem Statement unverhohlen getadelt. Dieser trage als fünffacher Weltmeister eine "moralische Verantwortung". Sein Handeln könne dem Schachsport schaden. Im Kampf gegen möglichen Betrug wolle die FIDE dennoch ihre Bemühungen verstärken. Man habe in die "Bildung einer Gruppe von Spezialisten investiert, die ausgeklügelte Präventivmaßnahmen entwickelt haben."

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