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Radsport: Tour de France: Die lebensgefährliche Tour der Leiden

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Tour de France: Die lebensgefährliche Tour der Leiden

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    Radfahrer stehen am Unfallort des verunglückten Radfahrers Mäder auf dem Albulapass, an dem Blumen und ein Brief abgelegt wurden. Der Schweizer Gino Mäder vom Team Bahrain Victorious stürzte tödlich bei der Abfahrt vom Albulapass.
    Radfahrer stehen am Unfallort des verunglückten Radfahrers Mäder auf dem Albulapass, an dem Blumen und ein Brief abgelegt wurden. Der Schweizer Gino Mäder vom Team Bahrain Victorious stürzte tödlich bei der Abfahrt vom Albulapass. Foto: Mayk Wendt, dpa

    Exakt 3399,5 Kilometer liegen ab Samstag vor den Radprofis bei der Tour de France. So lange ist der Weg vom Start am Samstag im spanischen Bilbao bis zur Zielankunft in Paris. Die große Schleife durch Frankreich gilt als härtestes Radrennen der Welt. Lange nicht alle der 176 Starter in 22 Mannschaften werden den Zielstrich am 23. Juli auf den Champs Élysées überqueren. Stürze, Verletzungen und damit die Aufgabe zählen zum Alltag der Tour. Oft genug setzen sich die Fahrer trotz angebrochener Knochen und großflächiger Abschürfungen aufs Rad und versuchen, sich durchzubeißen. 

    Für die Veranstalter ist die Streckenwahl eine Gratwanderung. Zum einen wollen die Fernsehanstalten spektakuläre Bilder. Die Profis wünschen dagegen möglichst breite und übersichtliche Asphaltpisten. Die Gesundheit der Profis ist in Gefahr. Der tragische Tod von Gino ist noch sehr präsent. Mäder war vor eineinhalb Wochen bei der Tour de Suisse auf der Abfahrt vom Albula-Pass zum Zielort La Punt auf den letzten Kilometern der fünften Etappe mit hohem Tempo in eine Schlucht gestürzt und musste reanimiert werden. Einen Tag später starb der schwer verletzte Schweizer im Krankenhaus.

    Ein Etappensieg kann sich bei der Tour de France in barer Münze auszahlen

    Vor allem in der ersten Woche sind die Fahrer halsbrecherisch unterwegs, was zu zahlreichen Stürzen führt. Die Teams suchen ihre Chancen, sich in Szene zu setzen. Mit einem Etappensieg kann ein Profi seiner Karriere den entscheidenden Kick geben. Ein Etappensieg beim härtesten Radrennen der Welt lässt sich gut versilbern. In den beiden ersten Tagen nach dem Startschuss in Bilbao warten viele kleine Straßen mit steilen und kurvenreichen Abfahrten. Nur wer vorn fährt, kann gewinnen und hat vor allem gute Sicht. "Aber es können nicht alle vorn fahren. Deswegen nimmt das Feld so eine Eigendynamik an. Stürze werden wahrscheinlich nicht vermeidbar sein", sagte Ralph Denk, Chef des deutschen Top-Teams Bora-hansgrohe, der Deutschen Presseagentur. 

    Ähnlich wie in der Formel 1, als nach den tödlichen Unfällen von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna an einem tragischen Wochenende in Imola, die Sicherheitsmaßnahmen Stück für Stück verbessert wurden, hat auch der Radsport reagiert. Der Niederländer Fabio Jakobsen flog bei der Polen-Rundfahrt 2020 bei einem fürchterlichen Sturz kurz dem Zielstrich von der Strecke und hatte Glück, den Unfall mit zahlreichen Knochenbrüchen zu überleben. Seitdem werden statt einfacher Absperrgitter im Zielbereich spezielle Banden aufgestellt. 

    Spitzengeschwindigkeiten über 100 Stundenkilometer

    Noch gefährlicher geht es in den Abfahrten zu, in denen die Radprofis mit über 100 Stundenkilometern talwärts rasen. Seine Spitzengeschwindigkeit habe 119 km/h betragen, verriet Jens Voigt im Interview mit Sport1. "Jeder normale Tag bei der Tour ist gefährlich. ‚Oh, da hätte ich fast mein Leben verloren‘, denkt man. Zweimal denkt man: ‚Da wäre ich fast gestürzt.‘ Und ungefähr 200 Mal denkt man: ‚Ja, da hat mich gerade jemand hinten berührt. Da habe ich kurz am Ellenbogen etwas gespürt.‘ Das ist normal", sagte die deutsche Radsport-Legende. 

    In der Diskussion sind augenblicklich Fangnetze, wie man sie aus dem alpinen Rennsport kennt. Bestimmte Abschnitte bei Abfahrten könnten in Zukunft durch Fangnetze gesichert werden. Doch letztendlich ist das vor allem eine Frage des Geldes. 

    Das Material trägt ebenfalls seinen Teil dazu bei, dass die Fahrer immer schneller unterwegs sind. Die Räder werden aufgrund der technischen Entwicklung immer leichter, steifer und schneller. Früher trugen die Rennfahrer Trikot und Hose. Heute sind windschnittige Einteiler die Norm. Die Radprofis wissen sehr wohl, dass sie sich tagtäglich und nicht nur bei der Tour de France in Lebensgefahr begeben. Doch wer nichts riskiert, der verliert. Deshalb gehöre es für einen Radrennfahrer mit dazu, die Gedanken an die Gefahren zu stoppen meint Emanuel Buchmann. "Das ist schon immer präsent, dass etwas passieren kann", sagte der deutsche Meister und Topfahrer von Bora-hansgrohe. "Ich denke, das muss man ein Stück weit ausblenden. Sonst kann man den Sport nicht auf Dauer machen."

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