Als vor wenigen Tagen der Radsport-Weltverband UCI die Teamübersichten für die neue Saison veröffentlichte, wurde bestätigt, was seit Wochen schon als Gerücht durch die Szene waberte: Der Augsburger Marco Brenner verlässt das niederländische WorldTour-Team dsm-firmenich und wechselt zum Schweizer Rennstall Tudor von Fabian Cancellara. Denn auf der Homepage der UCI wird der 21-jährige Marco Brenner bei Tudor gelistet. Demnach hat die Mannschaft von Fabian Cancellara den ehemaligen Weltranglistenersten bei den Junioren bereits offiziell registriert.
Jetzt ist der Wechsel also offiziell, doch alle beteiligten Parteien hüllen sich noch in Schweigen. Bisher gab es noch keine Verlautbarungen der beiden Teams und Brenners Agent, Ken Sommer von der angesehenen Berater-Agentur Corso-Sports, sagt nur: „Wir werden uns dazu nicht äußern, solange es die Teams nicht getan haben.“
Der Tudor-Rennstall wird von Ex-Olympiasieger Fabian Cancellara gemanagt
Formal ist es ein Abstieg für Marco Brenner. Tudor ist ein Kategorie Pro Team und ist darum für die großen Rennen wie zum Beispiel die Tour de France oder den Giro nicht automatisch qualifiziert, sondern muss eingeladen werden.
Aber die Schweizer sind überaus ehrgeizig, gelten als bestens organisiert und streben schon ein Jahr nach ihrer Gründung den Aufstieg in die Elite-Klasse an. Team-Chef Cancellara war selbst sehr erfolgreich. Der 42-jährige Schweizer holte vier Weltmeistertitel und fuhr zweimal zu Olympia-Gold im Einzelzeitfahren.
Marco Brenner sammelte beim Team DSM-Firmenich viele Erfahrungen: positive und negative
Für Brenner, das 21-jährige deutsche Top-Talent, soll der Wechsel einen Neustart auf Top-Niveau bedeuten. Drei Jahre lang fuhr Brenner für das Team DSM. Als 17-Jähriger hatte er dort 2020 einen Vierjahres-Vertrag unterschrieben. Der niederländische Rennstall gilt als Kaderschmiede, wird aber auch mit strenger Hand geführt. Die Erwartungen waren von beiden Seiten groß. Brenner sammelte viele Erfahrungen, positive, aber auch negative. So überzeugte er bei der Spanien-Rundfahrt 2022 mit starken Leistungen und einem fünften Etappen-Platz, doch in der vergangenen Saison kühlte die Beziehung immer mehr ab. Brenner hatte mit muskulären Problemen zu kämpfen, die von einem alten Unfall mit einem Traktor herrührten. Es gab unterschiedliche Meinungen zu dem Umgang mit dieser Thematik und immer mehr Verstimmungen. Zuletzt wurde Brenner kurzfristig aus dem Aufgebot für die Vuelta 2023 gestrichen.
Tudor setzt auf die deutsche Karte
Beide Parteien einigten sich nun auf eine Trennung ein Jahr vor Vertragsende, auch wenn dies noch nicht öffentlich kommuniziert wurde. Dabei ist Brenner bereits in die Saisonvorbereitung bei Tudor integriert. Zur Zeit trainiert er in Augsburg, Anfang Januar geht es nach Spanien ins Trainingslager. Dann offiziell mit Tudor.
Er ist nicht der einzige deutsche Neuzugang vom Team DSM. Tudor warb auch den 23-jährigen Marius Mayrhofer und Florian Storck, 26, ab. Überhaupt setzt Cancellara auf die deutsche Karte. Routinier Alexander Krieger, 32, wurde von Alpecin-Fenix geholt. Dazu kommen die beiden Neu-Profis Mika Heming, 23, und Hannes Wilksch, 22, aus dem eigenen Nachwuchs.
Denn Rennstall DSM verlassen wird wohl auch Marco Brenners jüngerer Bruder Mauro. Er fuhr bisher im Development Team DSM.
Luca Dreßler will aufsteigen
Weiter für das UCI Continental-Team Lotto–Kern Haus fährt der Augsburger Luca Dreßler, der am 8. Januar seinen 22. Geburtstag feiert. Er hat große Ziele: „Es ist mein letztes Jahr U23 und ich möchte mich mit guten Leistungen für einen Rennstall aus der ersten oder zweiten Liga empfehlen. Darum will ich gleich bei den Rennen zum Saisonstart um die Podiumsplätze mitfahren“, sagt Dreßler.
Der 23-jährige Tim Wollenberg aus Stadtbergen, der jetzt in Sonthofen wohnt, steht auch bei einem deutschen Continental-Team unter Vertrag, nämlich bei Santic-Wibatech. Wollenberg gewann im April den Schwarzbräu-Cup in Zusamershausen. Bei Santic-Wibatech ist auch Fabian Schormair, 28, aus Aichach aktiv.
Georg Zimmermann bereitet sich schon auf die Tour Down Under vor
Und was macht der derzeit beste Augsburger Radrennfahrer Georg Zimmermann? Der 26-Jährige hat noch ein Jahr Vertrag beim belgischen WorldTour-Team Intermarché-Wanty, muss sich allerdings an einen neuen Namen gewöhnen. Denn Intermarche-Circus-Wanty heißt nur noch Intermarche-Wanty.
Nicht mehr namensgebend ist der bisherige Sponsor Circus, ein belgischer Glücksspielanbieter. In Belgien ist Werbung für Glücksspiel seit dem 1. Juli 2023 mit Einschränkungen verboten. Zimmermann bereitet sich nach seinem bisher besten Radsport-Jahr seit Mittwoch (bis 4. Januar) mit einem ersten Trainingslager auf Teneriffa auf die neue Saison vor. Die beginnt für den 26-Jährigen schon am 13. Januar: „Ich werde bei der Australien-Rundfahrt Tour Down Under an den Start gehen.“