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Radsport: "Minustrend": Deutsches Mini-Aufgebot bei der Tour de France

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"Minustrend": Deutsches Mini-Aufgebot bei der Tour de France

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    Einer von sieben deutschen Fahrern bei der Tour in diesem Jahr: Nils Politt.
    Einer von sieben deutschen Fahrern bei der Tour in diesem Jahr: Nils Politt. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Viele Finger werden beim Zählen der deutschen Teilnehmer bei der Tour de France nicht mehr benötigt: Nur sieben Rad-Profis werden am Samstag in Bilbao am Start stehen, weniger waren es zuletzt vor 28 Jahren.

    "Man muss sagen, wenn man die Teilnehmer bei der Tour anschaut – das ist ein Gradmesser. Dann sind die schwierigen Zeiten schon angekommen", sagte Ex-Profi Tony Martin der Deutschen Presse-Agentur. "Definitiv sorge ich mich." Solch ein Mini-Aufgebot hat es zu seinen aktiven Zeiten nie gegeben.

    Abwärtstrend ist drastisch

    1995 waren nur sechs Deutsche beim wichtigsten Radrennen der Welt dabei, sieben Starter waren es zuletzt 2002. Der Abwärtstrend ist drastisch. 2017 waren es 16 Starter, womöglich der Zenit aus den von Jan Ullrich ausgelösten Boom-Zeiten. Im vergangenen Jahr war die Zahl erstmals seit Jahrzehnten wieder einstellig, neun Profis rollten beim Zeitfahr-Auftakt in Kopenhagen von der Rampe.

    Es sind nicht nur die Radsport-Nationen wie Frankreich, Belgien oder die Niederlande, die mehr Fahrer bei der Großen Schleife dabei haben. So stellt sogar Australien zwölf Starter, bei denen es sich nicht nur um Helfer handelt. Jai Hindley führt die deutsche Top-Mannschaft Bora-hansgrohe als Kapitän an und will auf den Champs-Élysées in Paris auf dem Podium stehen. Selbiges gilt für Ben O'Connor, während Caleb Ewan und der dem Vernehmen nach künftig für Bora fahrende Sam Welfsford zu den besten Sprintern des Pelotons gehören.

    "Das waren schon mal mehr", sagte Nils Politt knapp und schickt eine Begründung hinterher: "Gerade fehlt vielleicht dieser Top-Sprinter in Deutschland. Das ist schon ein Minustrend." Sprinter wie André Greipel oder Marcel Kittel hatten die Schlagzeilen im vergangenen Jahrzehnt bestimmt. In diesem Jahr ist Phil Bauhaus erstmals dabei, für einen Etappensieg müsste allerdings schon einiges zusammenkommen. Pascal Ackermann zeigte beim Giro mit seinem Tageserfolg alte Stärke, doch bei der Tour bekommt Tadej Pogacar die ganze Unterstützung des Teams. Da blieb für den Pfälzer ohne eingebaute Sieggarantie schlicht kein Platz.

    Buchmann Helfer für Hindley

    Neben Politt wurden Teamkollege Emanuel Buchmann, Simon Geschke (Cofidis), Nikias Arndt und Bauhaus (Bahrain-Victorious), John Degenkolb (DSM-Firmenich) sowie Georg Zimmermann (Intermarché-Circus-Wanty) für die Tour nominiert. Buchmann ist als Helfer für Hindley in den Bergen eingeplant, Politt dürfte seine Chance als Ausreißer suchen. Damit war der Kölner bereits 2021 erfolgreich. Die besten Chancen auf einen Etappensieg hat in diesem Jahr wohl der bergfeste Zimmermann. Der Augsburger war in der Vergangenheit oft in Fluchtgruppen vertreten, hat am Ende den nötigen Punch und bei seiner nun dritten Tour-Teilnahme genügend Erfahrung gesammelt.

    Das Podium ist dagegen fast schon Lichtjahre entfernt. Nicht nur aufgrund der Rollenverteilung, sondern vor allem wegen der Stars Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard. Das Duo hat in den vergangenen beiden Jahren den Sieg unter sich ausgemacht. Auch im erweiterten Kreis der Favoriten findet sich kein deutscher Fahrer.

    Denk: "Viele Talente unerkannt"

    Die fehlende Qualität spiegelt sich letztlich in den Teilnehmerzahlen wider. "Es schaut so aus, dass das die Leistungsstärke aktuell ist", sagte Bora-hansgrohe-Chef Ralph Denk der dpa. Aus seiner Sicht liegen die Probleme an der Wurzel. "Im Kinder- und Jugendbereich haben wir viel zu wenig Rennen, um Talente zu entwickeln. In Deutschland bleiben da viele Talente unerkannt", kritisierte er. Die fehlenden Straßenrennen seien auch mit einem schlechten Radwege-Netz in Deutschland verbunden. "Die Eltern schicken die Kinder eher auf den Fußballplatz oder vielleicht noch zum Mountainbike als alleine zum Straßentraining", fügte Denk hinzu.

    Der 51-Jährige vermutet auch einen Zusammenhang mit den Doping-Enthüllungen Anfang der 2000er-Jahre: "Vielleicht haben da einige erst gar nicht angefangen. Es ist wahrscheinlich eine Kombi aus mehreren Sachen, aber es ist auf jeden Fall nicht schön." Er hofft inständig, dass es mit dem deutschen Aufgebot wieder bergauf geht: "Es gibt Lichtblicke, aber es fehlt die Breite."

    (Von Felix Schröder und Patrick Reichardt, dpa)

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