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Porträt: Julian Köster: Die neue deutsche Handballhoffnung

Porträt

Julian Köster: Die neue deutsche Handballhoffnung

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    Julian Köster versucht sich gegen die schwedische Verteidigung durchzusetzen.
    Julian Köster versucht sich gegen die schwedische Verteidigung durchzusetzen. Foto: Marijan Murat, dpa

    So groß kann die Not im deutschen Fußball gar nicht sein, dass Bundestrainer Hansi Flick einen Spieler von Zweitliga-Spitzenreiter Darmstadt 98 mit zu einer Europameisterschaft nehmen würde. Im Handball dagegen hat sein Kollege Alfred Gislason genau das gewagt – und alle Zweifler eines Besseren belehrt. Der 21-jährige Julian Köster vom VfL Gummersbach ist die Entdeckung einer insgesamt durchwachsenen, von einem guten Dutzend Corona-Fällen überschatteten Europameisterschaft, die für Gislasons Team am Dienstag mit dem Spiel gegen Russland endet.

    Seine erste Trainerin war die Mutter eines Fußballprofis

    Köster, der zwei Meter lange Schlaks, entspricht eigentlich so gar nicht dem Anforderungsprofil für die Königsposition im linken Rückraum: Zu schmächtig, wenig erfahren und eher unauffällig in seinem Spielstil. Kein Kraftprotz wie der Norweger Sander Sagosen, kein genialer Stratege wie der Däne Mikkel hansen – aber einer mit Mut, einem guten Auge für seine Mitspieler und einem erfrischenden Schuss Risikofreude. Sechs Tore gegen Polen, drei gegen Norwegen, vier gegen Spanien: Nachdem die beiden Platzhirsche Julius Kühn und Sebastian Heymann schon früh mit Corona-Infektionen ausgefallen waren, bekam der junge Köster plötzlich deutlich mehr Spielzeit als er sich zu Beginn der Europameisterschaft hatte erhoffen dürfen. Mit Erfolg: Am Ende des Polen-Spiels wurde er gar zum besten Spieler der Partie gewählt. Viele hätten ihn für verrückt erklärt, als er ihn nominiert habe, sagte sein Förderer Gislason anschließend. „Doch jetzt sollten alle Kritiker verstummt sein.“

    Die ersten Sportjournalisten vergleichen ihn bereits mit dem Fußballprofi Julian Wirtz – dem Ausnahmetalent aus Leverkusen, mit dem Julian Köster nicht nur die jugendliche Unbekümmertheit verbindet. Beide kommen aus dem gleichen Dorf, Brauweiler bei Köln, beide gingen dort zusammen auf die gleiche Schule – und die Mutter des Fußballers Wirtz war bei den Handballern des TuS Brauweiler auch die erste Trainerin von Köster, ehe der mit 15 Jahren zu Bayer Dormagen wechselte, einem ehemaligen Bundesligisten, der für seine gute Nachwuchsarbeit bekannt ist. Der Wechsel zum Traditionsverein nach Gummersbach, der vor dem Wiederaufstieg in die erste Liga steht, war dann nur der nächste, logische Schritt. Der Punkt, an dem Alfred Gislason auf ihn aufmerksam wurde.

    So vielseitig wie Julian Köster sind wenige Spieler

    An Köster gefällt ihm vor allem dessen Vielseitigkeit. Er ist für seine Größe ungewöhnlich beweglich, er kann im Angriff nicht nur im linken Rückraum spielen, sondern auch als Spielgestalter in der Mitte – und er ist in der Abwehr, anders als viele andere, weniger agile Rückraumspieler, eine echte Bank. Einen derart kompletten Spieler haben deutsche Bundestrainer schon lange nicht mehr in ihren Mannschaften gehabt – die beiden letzten waren vermutlich die Weltmeister von 1978, Erhard Wunderlich und Joachim Deckarm.

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