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Porträt: Jessica Campbell ist die Frau in der Eishockey-Männerwelt

Porträt

Jessica Campbell ist die Frau in der Eishockey-Männerwelt

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    Die Kanadierin Jessica Campbell steht jetzt an der Bande der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft.
    Die Kanadierin Jessica Campbell steht jetzt an der Bande der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft. Foto: Thomas Hahn/imago

    Längst spielen Frauen Eishockey, tragen Weltmeisterschaften aus und fahren zum Olympiaturnier. Und doch ist es außergewöhnlich, wenn eine Frau bei den Männern hinter der Bande steht, sich in einer Branche durchbeißt, in der Machos die Schmerzen nach krachenden Körperchecks wegatmen. Bundestrainer Toni Söderholm nimmt Jessica Campbell als eine von drei Assistenten mit zur Weltmeisterschaft nach Finnland. Am Freitag (19.20 Uhr/live auf Sport1) beginnt das Turnier für die DEB-Auswahl mit dem Match gegen Kanada.

    Jessica Campbell ist Co-Trainerin der deutschen Eishockey-Mannschaft

    Für Schlagzeilen sorgte die Personalie, auch wenn das Söderholm nicht beabsichtigt hat: „Für mich ist die Jessica eine Co-Trainerin und völlig egal, ob das eine Frau oder ein Mann ist. Ich hoffe, dass wir diese Diskussion auch nicht mehr weiter führen müssen“, sagte der 44-jährige Finne. Doch wir müssen. Zumindest schildern, wie sich diese kompetente 29-Jährige in der doch oft engstirnigen Männer-Eishockey-Welt einen Ruf erarbeitet hat. Das Eis in der Deutschen Eishockey-Liga haben ein älterer weißer Mann und ein mittelalter Allgäuer gebrochen. Stefan Ustorf, ehemaliger Nationalspieler aus Kaufbeuren und Sportmanager in Nürnberg empfahl seinem Coach Tom Rowe – mit knapp 66 Jahre der älteste DEL-Coach – die junge Kanadierin.

    Als Nationalspielerin war Jessica Campbell erfolgreich

    Als Nationalspielerin holte sie WM-Silber und arbeitete in der NHL als Techniktrainerin. Sie wird oft zeitweise gebucht. Rowe zeigte sich schnell begeistert von den Ideen der jungen Frau, übertrug ihr die Verantwortung für das Überzahlspiel und den Angriff.

    Nach ein paar Spielen flog Campbell wieder nach Nordamerika und war dankbar über die Chance. „Aber das hier ist ein Anfang. Und es ist großartig, dass es in Nürnberg begonnen hat, in der DEL. Das ist ein Geschenk, aber die Schlagzeile muss sein: Gut so, aber was kommt als Nächstes?“, sagte Campbell den Nürnberger Nachrichten. Die Antwort: die deutsche Nationalmannschaft.

    Jessica Campbell passt zur Eishockey-Philosophie des Bundestrainers

    „Sie hat eine andere Sicht, wie man einige Spielszenen jetzt gestalten kann. Das will ich haben“, sagt der Bundestrainer über seine neue Frau. Campbell passt zu Söderholms Eishockey-Philosophie, überhaupt zum Trend im schnellsten Mannschaftssport. Der Spielstil der Frauen – eher körperlos und technisch geprägt – ist auch bei den Männern gefragt. Vorbei die tumben Zeiten, als die Scheibe ins gegnerische Drittel gedroschen und ihr hinterhergejagt wurde. Frauen spielen das schönere Hockey.

    Dennoch sei es schwer gewesen, die von Männern dominierte Puckbranche zu überzeugen. „Wenn man mit Beratern über mögliche Jobs spricht, ... dann hört man: Ähm, nein, wahrscheinlich wird das nichts, weil sie eine Frau sind“, schilderte die aus Rocanville in der kanadischen Provinz Saskatchewan stammende Frau ihre Erfahrungen. Nun hat sie eine weitere Hürde in der Machobranche genommen. Einen positiven Nebeneffekt machten sie in Nürnberg aus: Die Männer fluchen nicht mehr so derb in der Umkleide.

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