Harold Kreis hat ein Kapitel deutscher Eishockey-Geschichte mitgeschrieben. Die Manager der notorisch klammen Klubs waren auf der Suche nach starken deutschen Spielern, der Markt dafür zwischen Bremerhaven und Füssen war jedoch überschaubar. In Kanada dagegen lebten zuhauf Talente, die nicht in den Profiligen unterkamen. Eines davon war in den 1970er Jahren Harold Kreis. Er wusste, dass sein Können nicht für die National Hockey League reichen würde. Bei 16 Universitäten habe er sich beworben. Nirgends wurde der Verteidiger genommen. Als er kurz davor war, die Schlittschuhe in den Keller zu packen, las Kreis eine Zeitungsanzeige in der Winnipeg Tribune. Dort suchte Heinz Weisenbach, Manager des Mannheimer ERC, nach Eishockeyspielern mit deutschen Wurzeln. Harold Kreis meldete sich, wagte mit 19 Jahren den Sprung über den Atlantik und lebte sich in Mannheim ein. Bald hielt er einen deutschen Pass in Händen.
Der Begriff des Deutsch-Kanadiers, die bis heute begehrt sind, weil es Ausländerkontingente in allen Ligen gibt, war geboren. Kreis startete in Deutschland durch. Der kleine giftige Verteidiger wurde in Mannheim nicht nur wegen zwei Deutschen Meisterschaften zur Legende. In der Nationalmannschaft (180 Einsätze) bildete er mit Andreas Niederberger ein giftiges Verteidiger-Paar.
Bundestrainer sein war das große Ziel von Harold Kreis
In Deutschland fand Kreis auch sein privates Glück, lernte seine Frau Irene kennen, mit der er zwei Kinder hat. Nach dem Karriereende als Spieler 1997 wechselte er hinter die Bande und trainierte unter anderem Mannheim, Bad Nauheim, Düsseldorf oder zuletzt Schwenningen. Die Schweizer Meistertitel mit Lugano 2006 und Zürich 2008 sind seine größten Erfolge. Im Herbst seiner Trainer-Karriere erfüllte sich ein Wunsch des Deutsch-Kanadiers. Als Bundestrainer Toni Söderholm im November vergangenen Jahres plötzlich nach Bern wechselte, suchte sich der Deutsche Eishockey Bund seinen Ex-Nationalspieler als Nachfolger aus. Als Assistent hatte der 64-Jährige für Deutschland schon gearbeitet. Am Freitag (19.20 Uhr/live in Sport1) folgt beim Auftakt gegen Schweden seine WM-Premiere als Bandenchef.
Wenn er Ruhe findet, schätzt Kreis das Zeitunglesen. „Ein entspannter Nachmittag ist für mich, wenn ich vier bis fünf Zeitungen durchblättern kann und mich über Politik oder Wirtschaft informiere.“ Vermutlich liest der neue Bundestrainer auch die Anzeigen.