Ob Xabi Alonso mit dem Begriff "Vizekusen" etwas anfangen kann? Wohl kaum. Als Bayer Leverkusen reihenweise Titel verspielte, fing Alonsos Karriere als Profifußballer gerade erst an. Der Baske, geboren in Tolosa, kickte bei Real Sociedad. Dass er Weltruhm erlangen und größtmögliche Titel erringen würde, die es im Fußball zu erringen gibt, deutete sich – wenn überhaupt – nur an. Alonso hat als Spieler erreicht, was Bayer Leverkusen nie vollbrachte. Sammelte nationale Meisterschaften, stemmte den Champions-League-Pott gen Himmel und war Teil der goldenen spanischen Generation, die innerhalb von vier Jahren zweimal Europa- und einmal Weltmeister wurde. Folglich weiß Alonso, was nötig ist, um bedeutungsvolle Triumphe zu feiern. Nun schickt er sich an, Leverkusen zu einem solchen anzuleiten.
Alonso, verheiratet mit seiner Jugendliebe Nagore Aranburu, Vater eines Sohnes und zweier Töchter, hat in seinem Leben kaum etwas falsch gemacht. Mit einer Ausnahme: Einer Gefängnisstrafe wegen Steuerbetrugs entging er 2019 nur, weil er zuvor drei Millionen Euro an den spanischen Staat nachgezahlt hatte. Davon abgesehen wird sich kaum jemand finden lassen, der über den sympathischen und empathischen Spanier ein schlechtes Wort verliert. Beinahe ehrfurchtsvoll sprechen die Bayer-Profis über den ehemaligen Weltklassespieler.
Alonso verkörpert an der Seitenlinie einen Mann von Welt
Dass der 41-Jährige einmal die Trainerlaufbahn einschlagen würde, überrascht wenig. Schon als Spieler einte er Technik und Zweikampfstärke mit Übersicht und strategischem Verständnis. Seine Spielweise wirkte nicht spektakulär, seine Bedeutung als Taktgeber in Starensembles war indes immens. Wer in Liverpool, Madrid, München oder "La Furia Roja" glänzte, vermochte dies oft dank Alonsos Zuarbeit. Auch als Trainer dirigiert er, Tore müssen seine Spieler erzielen. Alonso verkörpert an der Seitenlinie einen Mann von Welt. Stilvoll gekleidet, Spanisch, Baskisch, Englisch und Deutsch sprechend.
Weit wichtiger als die Optik ist die sportliche Entwicklung. Im Oktober hatte Alonso die Werkself als Tabellenvorletzten übernommen, am Saisonende stand die Europa-League-Teilnahme. Damit möchte sich Bayer in der laufenden Runde nicht zufriedengeben, ein Erfolg bei Bayern München (Freitag, 20.30 Uhr/DAZN) würde die Ambitionen untermauern. Längst buhlen Liverpool und Real um die Dienste Alonsos, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft. Die Meisterschaft wäre das perfekte Abschiedsgeschenk.