Herr Greiner, für die WM 2034 gibt es nur einen Bewerber: Saudi-Arabien. Bis jetzt. Denn Sie wollen das Turnier in ihre Heimat, das Bundesland Thüringen holen und haben dazu sowohl eine Petition als auch eine Bewerbungs-Homepage gestartet. Wie kam es dazu?
JONAS GREINER: Nach der Euphorie um die Fußball-EM in Deutschland ist mir aufgefallen, dass sich offenbar nur Saudi-Arabien für die Ausrichtung der WM 2034 interessiert. Das ist ja mal keine ordentliche Wahl, da braucht es eine Alternative! Auch der Fifa, die in meinen Augen eine hochmoralische Organisation ist, kann das nicht passen. Ich glaube, dass diese Konstellation nur äußerst widerwillig hingenommen wird. Die sagen sich: Wenn keiner sonst will, dann müssen wir das halt so vergeben. Und da kommt Thüringen ins Spiel. Jetzt ist die perfekte Chance, das Großereignis zu holen.
Was spricht denn für Thüringen als WM-Standort?
GREINER: Ich könnte jetzt 100 Gründe aufzählen, möchte mich aber auf die wichtigsten drei beschränken. Der wesentlichste: Wir haben in Thüringen einen echten Rasen, was ja auch mal Grundvoraussetzung für ein Fußballspiel war. Zudem haben wir hier sehr instabile Finanzen und deswegen schlichtweg kein Geld, um irgendjemanden zu bestechen. Da würde sich die Fifa schonmal viel Geld und Zeit für die sonst üblichen Untersuchungen mit Ethikkommission und so weiter sparen. Und, zu guter Letzt: Thüringens Fußballvereine sind viel erfolgreicher als die Klubs aus Saudi-Arabien. Alleine Carl Zeiss Jena war dreimal Meister in der DDR. Da kommen die Saudis nicht hin, Cristiano Ronaldo hin oder her.
Auf der Homepage der Bewerbung schreiben Sie, dass sich Thüringen bislang komplett dem Profi-Fußball verweigert hat. Keine Mannschaft hat es in die ersten drei Profiligen geschafft. Wäre das nicht ein großer Sprung, wenn die WM dann in dem Bundesland stattfindet?
GREINER: Was heißt hier „Sprung nicht geschafft“? Wir wollten schlichtweg nicht, wir haben uns dem verweigert. Wir wollen den Fußball so halten, wie er ursprünglich gedacht war, fernab des modernen Fußballs und so wie er für die Fans gedacht war: mit Leidenschaft und Herz. Dieses Konzept könnten wir auch auf die WM übertragen und ein Katar 2.0 verhindern.
Zugleich braucht es natürlich neue Stadien, wie sie in ihrer Bewerbung zeigen. Die geplante Bernd-Schneider-Kampfbahn soll 958.001 Plätze erhalten. Da stellt sich nur eine Frage: Warum diese krumme Zuschauerzahl?
GREINER: Das hat statische Gründe.
Zugleich soll die Arena „mitten im Nichts stehen“, also in einem Naturschutzgebiet. Ist das denn nachhaltig?
GREINER: Na sicher. Mithilfe des Borkenkäfers haben wir jetzt schon einen Teil der Fläche gerodet. Das ist nachhaltig, das ist zeitgemäß - und diese Ersparnis wollen wir in Form von niedrigeren Ticketpreisen auch an die Fans weitergeben.
Gibt es einen WM-Standort, der es Ihnen besonders angetan hat?
GREINER: Da gibt es mehrere, sie haben alle ihre Vorteile. Der Saniunfair-Superdome, ein umgebauter Autobahn-Rastplatz am Thüringer Wald, punktet zum Beispiel mit seiner guten Verkehrsanbindung. Mein persönlicher Favorit ist aber Oma Helgas Kleingarten in Gotha, der in einer Kleingartenanlage liegt und Platz für 940 Zuschauer hat. Er ist schön gelegen, im Beet gibt es ausreichend VIP-Plätze. Wir wollen hier den Fußball mit der Kleingartenkultur verbinden. Beide Bereiche sind immer wieder Ziel von raffgierigen Investoren. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass sich beides gut verbinden lässt.
So eine WM-Bewerbung verschlingt auch ganz schön viel Geld. Haben Sie das denn?
GREINER: Wir haben schon einige Sponsoren an Bord und haben uns dabei an den Fifa-Kriterien für moralische Integrität orientiert. Wir haben also jeden Geldgeber mündlich die Frage gestellt, ob sie krumme Dinger drehen. Und jeder hat uns versichert: Das läuft bei uns alles ganz sauber. Wir setzen auf Regionalität, haben etwa einen Waffenproduzenten von der Ecke im Portfolio. Zugleich haben wir mit Nordkorea ein Urlaubsland, das in Erscheinung treten wird. Und was die Kosten angeht: Klar kostet so ein Stadionbau Geld. Aber wir sind in Thüringen. Da kennt man sich. Viele mittelständische Handwerksfirmen haben schon ihre Hilfe angeboten. Ein Elektriker hat sich etwa bereit erklärt, die Kabel in der Bernd-Schneider-Kampfbahn zu verlegen. Ein anderer verzichtet auf die Mehrwertsteuer, da bin ich ganz optimistisch.
Gab es schon Rückmeldungen aus Politik und Sport? Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wollte die Bewerbung Saudi-Arabiens ja eingängig prüfen - und schweigt vor allem.
GREINER: Wir stehen noch am Anfang des Wegs, werden die Bewerbung zeitnah bei der Fifa abgeben. Dann wird es eine gesonderte Veranstaltung geben. Aber wir hoffen natürlich auf die Unterstützung des DFB. Ich habe den Eindruck: Die warten doch nur darauf, ihre Stimme für eine Bewerbung im Sinne des Sports abgeben zu dürfen. Und bei uns würde die Prüfung bestimmt auch schneller ausfallen.
In Thüringen wird im Herbst der neue Landtag gewählt, auf ihrer Homepage wird die Demokratie als eines der Argumente angeführt - verbunden mit dem Zusatz: Stand 14. Juli. Nachdem im September gewählt wird und die AfD sich Hoffnungen als stärkste Kraft macht: Glauben Sie, Sie können das Argument aufrechterhalten?
GREINER: Das hoffe ich! Andererseits: Wenn man sich die Länder anschaut, in denen zuletzt eine WM stattgefunden hat, wäre auch eine andere Staatsform kein Hindernis: Katar, Russland, auch Militärdiktaturen waren früher schon dabei. Demokratien sind ohnehin nicht die engsten Verbündeten der Fifa. Wir hoffen aber, dass wir die Demokratie hier weiterhin bestehen wird - und dabei soll die WM-Bewerbung helfen. Wir wollen zeigen: Hier passiert was, gute Dinge geschehen hier. Die WM 2034 soll ein Fest der Demokratie sein!
Zur Person
Jonas Greiner, 27 Jahre, ist Kabarettist und Comedian. Derzeit ist er mit seinem zweiten Soloprogramm „Greiner für Alle!“ deutschlandweit auf Tour. Mit der Aktion www.thueringen2034.de will er die WM in sein Heimat-Bundesland bringen. Zur Petition geht es hierlang.
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