Im Nachhinein ist man ja immer schlauer. Der FC Bayern beispielsweise. Niemalsnienicht hätten die Münchner 2014 Toni Kroos für ein besseres Taschengeld nach Madrid ziehen lassen, wenn sie geahnt hätten, wozu der Mittelfeldmann fähig ist. Wobei: Auch noch Jahre nach seinem Abschied raunten sie immer mal wieder, dass es Kroos an Dynamik fehle und der schlicht den Querpass zur Kunstform erhoben habe. Den Bajuwaren fehlte der Blick für das neue Aufgabenprofil eines Mittelfeld-Organisators. Ordnungswille ist mitunter wichtiger als energische Tiefenläufe. Die Münchner haben aus ihren Fehlern gelernt und deswegen Aleksandar Pavlovic einen Platz in ihrer Mannschaft reserviert. Leidtragender ist Leon Goretzka, der wunderbare Fähigkeiten in seinem Spiel vereint, aber nach Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann in Vincent Kompany nun bereits auf den dritten Trainer hintereinander trifft, der andere Qualitäten höher einschätzt.
Unter Kompany würde wohl auch Angelo Stiller Spielzeit erhalten. Der Stuttgarter ist gleichermaßen abgeklärt und gewitzt mit dem Ball am Fuß. Dass Stiller und Pavlovic erst am Montag erstmals gemeinsam in der Startelf standen, hätte nicht sein müssen. Ehe Stiller über Hoffenheim nach Stuttgart gelangte, stand er beim FC Bayern unter Vertrag. Hansi Flick aber wollte lieber einen Spanier namens Marc Roca aufbauen und hatte ein Faible für den schmalen Tiago Dantas. „Ein Schlag ins Gesicht“ sei das gewesen, berichtete Stiller später.
Julian Nagelsmann wird für sein Vertrauen belohnt
In diesem Fall ist den Münchnern lediglich ein kleiner Vorwurf zu machen. Die Entwicklung von Spielern ist nur schwer vorherzusagen. Allerdings lohnt es sich oft, Akteuren zu vertrauen, die aus der eigenen Jugend kommen. Julian Nagelsmann hat es in dieser Hinsicht leichter. Er kann nur auf Spieler zurückgreifen, die einen deutschen Pass haben. Dass er allerdings das Mittelfeld den jungen Pavlovic und Stiller anvertraut, zeugt von Weitsicht. Das nächste große Turnier findet erst in zwei Jahren statt. Ob Robert Andrich und Pascal Groß bei der WM noch auf höchstem Niveau kicken, ist ungewiss. Pavlovic und Stiller aber werden sich noch weiter steigern.
Julian Nagelsmann ist der momentane Erfolg auch deswegen zu gönnen, weil er jungen Spielern in schwierigen Situationen vertraut. Weil es scheint, dass er für jede Herausforderung eine Lösung hat. Ob es deswegen für den WM-Titel reicht? Hinterher weiß man immer mehr.
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