Olympische Spiele

Ein schwerer Abschied von Paris

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    Einer der wundervollsten Momente der wundervollen Spiele von Paris: Die Olympische Flamme schwebt in die Luft.
    Einer der wundervollsten Momente der wundervollen Spiele von Paris: Die Olympische Flamme schwebt in die Luft. Foto: Miguel Tona, dpa

    Einen ganzen Sommer lang hat er Paris, seine Bewohner und Besucher, verzückt, als ein Symbol für eine Zeit, die leichter und fröhlicher war als der Alltag. Jeden Abend stieg der Feuerring mit der Olympischen Flamme vom Tuilerien-Garten beim Louvre 30 Meter hoch in den Himmel, bestaunt von tausenden Menschen.

    Doch er sollte vergänglich sein. Am vergangenen Wochenende, als die französischen Medaillengewinner bei einer „Champions-Parade“ auf der Prachtstraße Champs-Élysées gefeiert wurden, hatte der Ballon seinen letzten Flug; seitdem bauen ihn die Techniker ab und entlassen nach und nach 6000 Kubikmeter Helium. Sie ist endgültig zu Ende, diese „zauberhafte Auszeit“, wie man in Frankreich die Olympischen und Paralympischen Spiele zwischen Ende Juli und Anfang September nannte.

    Die Olympischen Spiele von Paris brachen viele Rekorde

    Die Verantwortlichen selbst erschienen bei ihrer Abschluss-Bilanz regelrecht überwältigt. „Wir sind stolz und beeindruckt“, sagte Tony Estanguet, Präsident des Organisationsteams Paris 2024, mehrfacher Medaillengewinner im Kanu-Slalom. Mit mehr als zwölf Millionen verkauften Eintrittskarten wurde ein olympischer Rekord gebrochen; die Sportstätten waren zu 95 Prozent gefüllt. Über die Zahlen hinaus habe ihn vor allem die außerordentlich gute Stimmung mitgerissen. „Frankreich hat sich wagemutig, verrückt, großzügig gezeigt und die Welt mit Lächeln und mit Tränen empfangen.“ Tränen der Freude, wie Estanguet anfügte.

    Er nannte weitere Rekorde, die in dieser 33. Ausgabe der Sommerspiele gebrochen wurden, wie hinsichtlich der Zuschauerzahl bei den Basketball- und Handball-Matches und mehrerer Wettbewerbe der Paralympics. Über eine Million Menschen verfolgten das Radsport-Straßenrennen von den Bürgersteigen aus. Weltweit wurden mehr Zuschauer vor ihren Fernsehgeräten und Computern gezählt als je zuvor. Das nutzt der internationalen Anziehungskraft von Paris.

    Die Frage nach den konkreten positiven Auswirkungen für die Stadt und ihre Menschen galt bereits bei der Kandidatur als zentral. Ein Fonds mit 47 Millionen Euro entstand zur Finanzierung sozialer Projekte. Im sozial benachteiligten Departement Seine-Saint-Denis nördlich von Paris, wo die Hälfte der Elfjährigen nicht schwimmen können, bekamen seit 2020 dank der Fördergelder rund 10.000 Kinder entsprechenden Unterricht. In Marseille veranstaltet ein Verein Kanu-Kurse für Jugendliche aus benachteiligten Vierteln. Auch startete die Kampagne „Mehr Bewegung“ mit dem Ziel, dass in allen französischen Klassen täglich mindestens eine halbe Stunde Sport getrieben wird.

    Da viele sportliche Strukturen bereits bestanden, gab es wenige Neubauten. Errichtet wurden im Norden der Hauptstadt unter anderem eine Sportarena, ein großes Schwimmzentrum sowie das Olympische Dorf, das in der Folge in ein modernes Wohnviertel umgewandelt wird. Insgesamt wurden in diesen von Beton geprägten Vorstädten 9000 Bäume und Sträucher gepflanzt und ein Zugang zu den Seine-Quais nach dem Vorbild von Paris gestaltet, wo sich die einst viel befahrenen Uferstraßen zu Flaniermeilen entwickelten. Die Seine wird ab nächstem Jahr ein Badefluss, dank der umfassenden Reinigung vor Olympia.

    Die Bürgermeisterin will das Erbe in Ehren halten

    Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat zudem angekündigt, dass die Olympischen Ringe an der Fassade des Eiffelturms bleiben, bis Los Angeles 2028 die nächsten Spiele austrägt, „vielleicht sogar darüber hinaus“. Die Agitos, das Symbol der Paralympischen Spiele, die den Triumphbogen schmückten, werden am Rande der Champs-Élysées angebracht. Hinsichtlich des Feuerrings steht noch nicht fest, ob die Nostalgiker ihm wirklich „Adieu“ sagen müssen oder nur „Au revoir“, „Auf Wiedersehen“. Hidalgo setzt sich für die Idee einer dauerhaften Installation ein. Sie wolle, dass die Menschen in Paris immer „an diesen historischen Moment erinnert werden“, schrieb sie an Präsident Emmanuel Macron. Da der Tuilerien-Garten nicht das Eigentum der Stadt, sondern des Staates ist, unterliegt die Entscheidung über diese Frage keinem Geringeren als dem Präsidenten. Macron versprach, darüber nachzudenken.

    Der Designer Mathieu Lehanneur, der das Konstrukt gestaltet hat, zeigte sich hingegen skeptisch. Er wolle, dass der Ring intakt bleibe – entweder in der Erinnerung oder in der Realität, aber nur, wenn er seine „Magie“ bewahre. Doch die technischen und finanziellen Herausforderungen seien groß. Die Debatte zeigt, wie schwer es manchen fällt, Abschied zu nehmen von der „verzauberten“ Phase. Die Spötter hingegen haben einen Trost: „Wir müssen nur ein Jahrhundert warten.“ Schließlich richtete Paris auch schon 1924 die Olympischen Spiele aus. Also bis bald in 2124?

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