Christian Kukuk und der Schimmelhengst Checker haben die Ehre der deutschen Springreiter bei den Olympischen Spielen gerettet. Nachdem sich der Warendorfer und seine Teamkollegen Richard Vogel (Dagobertshausen) und Philipp Weishaupt (Jettingen, Landkreis Günzburg) im Teamspringen zu viele Fehler geleistet und eine Medaille verpasst hatten, war der Einzel-Wettbewerb die letzte Chance auf Wiedergutmachung. Und der 34-Jährige lieferte ab.
Hatte das Paar in der Qualifikation noch einen Abwurf gehabt, so absolvierte es den anspruchsvollen Finalparcours ohne Probleme, auch wenn die ein oder andere Stange mal gefährlich wackelte. Von den 30 Finalisten schafften das nur zwei weitere Reiter, der Schweizer Pius Gueradat und der Niederländer Mikael van der Vleuten. Sie alle drei mussten in ein Stechen, um die Farben der olympischen Medaillen auszureiten.
Springreiter Christian Kukuk: mit engen Wendungen zu Gold bei Olympia
Und da legten Kukuk und Checker los, wie von der Tarantel gestochen. Hohes Tempo, enge Wendungen und dabei doch höchste Konzentration über den Sprüngen. Pferd und Reiter gaben alles – und wurden belohnt. Mit der schnellen Zeit von 38,34 Sekunden setzte Kukuk die beiden nachfolgenden Konkurrenten so unter Druck, dass diesen jeweils Abwürfe unterliefen. Das Gold war Kukuk, der schon in eine reitsportaffine Familie hineingeboren wurde und in der deutschen Pferdestadt Warendorf aufwuchs, nicht mehr zu nehmen. „Da bin ich wirklich zusammengesackt“, sagte der Sieger, der nach dem bangen Warten fassungslos auf dem Abreiteplatz auf den Knien hockte, bis ihm seine Frau entgegengelaufen kam und ihn in die Arme nahm. „Es sind ein paar Tränen geflossen, ich war sehr angefasst.“ Es sei „einfach ein emotionaler Moment“, sagte er über seinen Gold-Coup.
Groß war auch die Freude auch bei seinem Chef, der Reitsport-Legende Ludger Beerbaum, für dessen Turnier- und Ausbildungsstall nicht nur Kukuk, sondern auch Weishaupt seit vielen Jahren reitet. Sein Angestellter mit dem großrahmigen Schimmelhengst wiederholte mit dem Gold-Einzel-Coup nicht nur das, was Beerbaum 1992 selbst gelungen war, sondern holte erstmals wieder Einzel-Gold nach Deutschland seit 1996. „Wahnsinn, einfach Wahnsinn“, sprudelte es aus Beerbaum heraus und berichtete, dass auch noch ein Fußballstar an dem Erfolg beteiligt ist.
Auch Thomas Müller hat seinen Anteil an der Goldmedaille im Einzel
Checker gehört nämlich nicht nur Madeleine Winter-Schulze, der Mäzenin von Dressur-Ikone Isabell Werth, sondern auch Thomas Müller, dem pferdebegeisterten Fußballstar des FC Bayern München. Müller und seine auf hohem Dressurniveau reitende Ehefrau Lisa betreiben selbst einen Dressur-Ausbildungsstall, züchten selbst und sind in der Reitsportszene in vielen Bereichen aktiv und gut vernetzt.
Christian Kukuk hatte im Schlossgarten von Versailles reichlich Unterstützung dabei, seine ganze Familie und viele Freunde waren vor Ort. „Die Einzige, die nicht da ist, ist meine Oma“, sagte Kukuk. „Aber die sitzt vor dem Fernseher und ist – glaube ich – am Heulen.“ Bei der Siegerehrung kamen dem Sieger selbst die Tränen. Auch Bundestrainer Otto Becker zeigte sich erleichtert, dass die bisherige medaillenlose Durststrecke beendet ist. Beckers olympische Bilanz nach 16 Jahren als Bundestrainer „war bisher ausbaufähig. Das Gefühl ist unbeschreiblich.“
Deutsche Reiter mit durchwachsener Bilanz bei den Olympischen Spielen in Paris
Und so sehr alle mit Christian Kukuk mitjubelten, so saß die Enttäuschung bei den beiden anderen deutschen Reitprofis doch tief. Richard Vogel, der Shootingstar der Reitsportszene hatte mit seinem Westfalen-Hengst United Touch, mit dem er zuletzt auf zahlreichen Turnieren und Championaten erfolgreich war, erst gar nicht den finalen Umlauf erreicht. Teamkollege Philipp Weishaupt rutschte mit dem erst neunjährigen Fuchswallach Zineday als Vorletzter gerade noch auf die Startliste der besten 30. Doch im Parcours am Dienstagmorgen unterlief dem gebürtigen Jettinger, der mit seiner Familie in Riesenbeck lebt, wie schon im Teamwettbewerb ein unglücklicher Abwurf. Dazu kam ein Strafpunkt wegen Zeitüberschreitung, wodurch er aussichtslos im Medaillenrennen zurückfiel.
„Den olympischen Auftakt haben wir uns ein bisschen anders vorgestellt“, sagte Weishaupt über seine Premiere bei den Spielen. „Wir sind gut gestartet und dann habe ich leider ein bisschen abgebaut“, so der 39-Jährige zu seinen Ritten. Nach zweimal Null im Teamwettbewerb leistete er sich in beiden Umläufen des Einzelwettbewerbs je einen Abwurf. Zuviel, um ernsthaft ins Medaillenrennen eingreifen zu können. „Die Woche war sehr bitter für mich, ich hatte mir mehr ausgerechnet.“ Dafür gab es von Weishaupt viel Lob für seinen Team- und Stallkollegen Kukuk: „Er ist unheimlich fokussiert, immer sehr konzentriert und immer hundert Prozent vorbereitet. Der überlässt nichts zum Zufall. Der plant seinen Tag von morgens bis abends, gibt alles für den Sport – und der Erfolg gibt ihm recht.“
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