Im Vorfeld der Spiele hatte es wenige Wettbewerbe gegeben, in denen die Rolle des Favoriten klarer verteilt war, als im Basketball. Im Tischtennis vielleicht die Chinesen, im Bogenschießen die Südkoreaner. Und dann eben im Basketball die USA. Immerhin kam von dort eine Spektakeltruppe angereist, die sich nicht zuletzt selbst am legendären Dream-Team von 1992 orientierte. Damals hatten die US-Basketballer unter anderem Michael Jordan, Larry Bird, Magic Johnson und Karl Malone nach Barcelona geschickt, um Gold zu holen. Das war auch deshalb eine Sensation, weil gerade erst die Amateurregel des IOC gekippt worden war. Aufgrund dieser hatte bei Olympia zuvor immer ein Team aus College-Spielern gespielt - plötzlich durften nun die besten Profis der NBA ran. Olympia wurde zum Triumphzug. Am knappsten war es noch im Finale gegen Kroatien, als die Nordamerikaner mit „nur“ 32 Punkten Vorsprung gewannen.
Vor allem die Europäer haben im Basketball aufgeholt
Ganz so dominant geht es aber auch im Basketball inzwischen nicht mehr zu. Vor allem aus Europa drängen junge Spieler in die nordamerikanische NBA, die noch immer stärkste Liga der Welt. Die USA mussten tatsächlich ihre Besten aufbieten, um in Frankreich Gold zu gewinnen. LeBron James zum Beispiel, der Kareem Abdul-Jabbar als punktbesten NBA-Spieler aller Zeiten verdrängt hat. Der 39-Jährige mit dem inzwischen grau melierten Vollbart und Oberarmen, die bei den meisten Menschen auch als Oberschenkel durchgingen, ist immer noch in der Lage, ein Spiel zu dominieren. Dazu Stephen Curry, der seine legendäre Treffsicherheit aus der Distanz auch in Paris unter Beweis stellte. Kevin Durant, der in Paris schon seinen vierten Olympiasieg feierte, oder auch Joel Embiid, den sie im Finale gnadenlos auspfiffen. Das hat damit zu tun, dass Embiid auch einen französischen Pass besitzt, eine Zeit lang mit der französischen Nationalmannschaft flirtete, sich dann aber doch für die USA entschied.
Finalgegner Frankreich wiederum hat mit Victor Wembanyama das größte Versprechen des Basketballs in seinen Reihen. Der 20-Jährige gilt als Supertalent, das die NBA in den kommenden Jahren dominieren wird. Gegen die USA reichten seine Fähigkeiten aber (noch) nicht aus, um dem Favoriten gefährlich zu werden. Der tat genau so viel, wie er tun musste, um Gold zu gewinnen. Sehr viel knapper war es im Halbfinale gegen Serbien um Nikola Jokic zugegangen, als das Dream-Team 2.0 schon mit 17 Punkten zurücklag und erst mit einem Kraftakt in der Schlussphase die Partie noch drehte. Allein Curry traf vier Dreier in den letzten knapp drei Minuten. Serbien wiederum hatte danach kaum Mühe mit der deutschen Mannschaft im Spiel um Bronze und gewann 93:83.
Rund um das US-Team war der Glamourfaktor am höchsten
Für Spektakel aber war das US-Team zuständig. Rund um dessen Auftritte war der Glamourfaktor am höchsten. Im Finale tummelten sich A-, B- und C-Prominente in den ersten Zuschauerreihen. Auch IOC-Präsident Thomas Bach saß auf den gepolsterten VIP-Plätzen. Auf der anderen Seite des Spielfeldes genau gegenüber, nur knapp hinter der Außenlinie, hatten sie wieder eine Reihe von Plastik-Klappstühlen aufgestellt. Auf die falteten etliche Basketball-Legenden ihre meist deutlich mehr als zwei Meter großen Körper, allen voran Dirk Nowitzki. Und sogar einen aus dem original Dream-Team hatten sie eingeflogen: Scottie Pippen, der mit orange getönter Sonnenbrille im Publikum saß und möglicherweise darüber nachdachte, wie leicht sie es damals doch hatten. Allerdings ist der sportliche Wert des aktuellen Olympiasiegs deutlich höher einzuordnen. Angemessen euphorisiert war dann auch Curry: „Ich bin super dankbar, diese Goldmedaille nun zu haben. Ich bin begeistert.“
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