Es ist unvorstellbar, dass die Organisatoren der Olympischen Spiele von Paris schon mal bei Extremwetter mehrstündige Sportveranstaltungen besucht haben. Ansonsten hätten sie ernsthaft in Erwägung gezogen, zum Schutz des Publikums und der Medienschaffenden an den Outdoor-Stätten zumindest ein paar Tribünen mit Überdachung zu errichten. So aber sind alle schutzlos den Pariser Wetterkapriolen ausgesetzt. Vor fünf Tagen schon den sintflutartigen Regenfällen bei der Eröffnungsfeier, nun der sengenden Hitze mit Höchsttemperaturen um die 36 Grad. Paris gleicht einem Backofen mit Grillfunktion. Im Beachvolleyballstadion vor dem Eiffelturm potenziert sich das Ganze.
Unten im weißen Sand versuchen die beiden Amerikaner Andy Partain/Miles Benesh gegen das Duo Mohammed Abicha/Zouehir Elgraoui aus Marokko ihren 1:0-Vorsprung auszubauen, oben geraten Zuschauerinnen und Zuschauer schon durchs bloße Zusehen an ihre körperlichen Grenzen. Kein Wölkchen steht am Himmel, malerisch erhebt sich stattdessen der Eiffelturm in das sonnengrelle Blau. Um die gute Sicht auf Spiel und das Wahrzeichen nicht zu gefährden, sind Sonnenschirme im weiten Rund des sensationell gelegenen Stadions „Tour Eiffel“ eigentlich nicht erlaubt, ein paar Knirpse haben es dann aber doch durch die Einlasskontrolle geschafft.
Volunteers spritzen mit Wasserschläuchen auf die Beachvolleyball-Fans
Offiziell darf nur die Presse zum Schutz ihrer technischen Geräte die „Parapluies“ aufspannen – die Regenschirme, die nun zu Sonnenschirmen umfunktioniert werden. Bei einigen Laptops ist das vergebene Liebesmüh. Die ersten hatten schon nach dem Dauerregen bei der Eröffnungsfeier ihren Dienst aufgegeben, nun sterben die nächsten den Hitzetod. So wird aber zumindest der eigentlich unerlaubte Dauereinsatz von Handys auf ein Minimum reduziert. Ihnen können die emsigen Volunteers eben nicht jene die Abkühlung zuteilwerden lassen, die das Publikum immer wieder genießt. Mit Wasserschläuchen spritzen die ehrenamtlichen Helfer in die Menge, gröhlend bejubelt von der partyfreudigen Menge. Immer diejenigen, die gerade nass werden, stehen auf zur La-Ola-Welle. Das wird das Spiel unten wird schon fast zur Nebensache.
Ohne Sonnenschutz-Faktor 50 geht im Pariser Beachvolleyball-Stadion nichts
Dabei können einem die Spieler nur leidtun. Wenn sich der Sand unten nur annähernd so heiß anfühlt, wie die blauen Plastiksitze auf den Tribünen, haben die Jungs am Abend Brandmale. Ohne Sonnenschutz Faktor 50 geht hier gar nichts. Die Fächer, das derzeit meistverkaufte Produkt der fliegenden Händler vor dem Stadion, wedelt in nahezu jeder Hand. Auf den Leinwänden flammt der dringende Hinweis auf, sich vor Dehydrierung zu schützen. Dafür sollen sich die Fans an den eiligst bereitgestellten kostenlosen Wasserspendern bedienen. Die Sportler werden mit Kühlwesten, Eishandtüchern und Eisbeuteln versorgt. Abhilfe schafft das alles nur bedingt.
In diesem Backofen haben es die deutschen Volleyballer Nils Ehlers und Clemens Wickler tatsächlich geschafft, ihre Favoritenrolle beim olympischen Turnier zu untermauern. Die Hamburger besiegten dank eines glücklichen Zeitplans in den noch erträglichen Vormittagsstunden die Franzosen Julien Lyneel und Rémi Bassereau mit 21:15, 21:17. Die Deutschen steckten es auch locker weg, dass die heimischen Fans ihr Beachvolleyball-Duo umso feuriger anfeuerten, je heißer es wurde. Am Donnerstag treffen die siegreichen Deutschen nun in der Vorrunde auf die Australier Thomas Hodges/Zachery Schubert.
Die deutschen Beachvolleyballerinnen Ludwig/Lippmann spielten vor dem erleuchteten Eiffelturm
Deutlich angenehmere Temperaturen hatten am Abend zuvor die deutschen Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig und Louisa Lippmann bei ihrem ersten Olympiaeinsatz vorgefunden. Vor der nicht minder eindrucksvollen Kulisse des dann beleuchteten Eiffelturms vergaben sie allerdings den Sieg. Ludwig, die Olympiasiegerin von Rio de Janeiro, und ihre neue Partnerin, die 29 Jahre alte Lippmann, unterlagen den Französinnen Alexia Richard und Lézana Placette mit 14:21, 20:22. Ludwig übte nach der Partie deutliche Selbstkritik: „Unsere Aufschläge waren nicht druckvoll genug. Ich kann mich bei meinen Aufschlägen an keinen erinnern, der sie irgendwie unter Druck gesetzt hat. Das war einfach zu wenig, leider“, sagte die 38-Jährige.
Schon am Mittwoch stehen die beiden vor ihrer nächsten Herausforderung auf dem Beach-Court. Um 10 Uhr treffen sie auf die Europameisterinnen Nina Brunner/Tanja Hüberli aus der Schweiz. Besserung an der Wetterfront ist bis dahin allerdings noch nicht in Sicht. Die Temperaturen sollen noch einmal auf bis zu 32 Grad klettern. Sonnenschutz, Eisbeutel und Kühlwesten sind also zumindest noch bis Donnerstag Pflicht.
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