Diejenigen, die mantraartig betonen, dass Sport nicht politisch sei, werden bei den Olympischen Spielen nahezu täglich eines Besseren belehrt. Positiv wie negativ. Beste diplomatische Beziehungen können hier ganz schnell auf den Prüfstand geraten, wenn sich Nationen nicht richtig behandelt fühlen oder dem Olympia-Gastgeber ein schwerwiegender Fauxpas unterläuft. Die falsche Nationalhymne bei einer Siegerehrung gehört gern zu den Auslösern diplomatischer Mini-Erdbeben, ebenso wie das Hissen der falschen Flagge.
Fast noch schlimmer war die Panne bei der Eröffnungsfeier in Paris, die den IOC-Präsidenten Thomas Bach dazu zwang, persönlich zum Telefonhörer zu greifen, um Schlimmeres zu verhindern. Während der Boots-Parade auf der Seine war das Team aus Südkorea fälschlicherweise mit der nordkoreanischen Bezeichnung angekündigt worden. Die Regierung in Südkorea war dermaßen verärgert, dass nur Bachs Anruf bei Südkoreas Staatschef Yoon Suk-yeol die Gemüter wieder beruhigen konnte.
Südkorea will mit dem diktatorisch geführten Nordkorea nun wirklich nichts zu tun haben
Mit dem diktatorisch geführten Nordkorea will Südkorea nun wirklich überhaupt nichts zu tun zu haben. Seit Jahren ist die Lage zwischen den beiden Nationen mehr als angespannt. Das abgeschottete Nordkorea brüstet sich mit Atomwaffen und verwehrt der eigenen Bevölkerung jeglichen Kontakt zur Außenwelt, vor allem zum Westen. Machthaber Kim Jong Un bezeichnete Südkorea zuletzt als „Hauptfeind“, im Februar kappte er die alle wirtschaftlichen Beziehungen zum Nachbarland.
Kein Wunder, dass ein mutiges wie herzerwärmendes Foto vom olympischen Tischtennis-Wettkampf nun international für großes Aufsehen sorgt. Im gemischten Doppel hatte das Paar aus China Gold gewonnen, vor Nordkorea (Silber) und Südkorea (Bronze). Nach der Siegerehrung versammelten sich alle Athletinnen und Athleten wie es so üblich ist auf dem Podest. Und der Südkoreaner Lim Jonghoon machte das, was jeder in dieser einmaligen Situation machen würde: Er schoss ein Selfie.
Alles hofft, dass das Foto den Aktiven von Nord- und Südkorea nicht zum Nachteil gereicht
Nicht ahnend, welch hochpolitischen Schnappschuss er da gerade fabriziert hatte. Nord- und südkoreanische Sportlerinnen und Sportler zusammen auf einem Bild! Mit einem Lächeln im Gesicht! Ein unfassbares Foto, das die Welt in Erstaunen und Aufregung versetzte und im Internet entsprechend viral ging. Alles hofft nun, dass diese spontane Aktion den Aktiven nicht zum Nachteil gereichen wird. Dabei sollte das allen verbohrten Staatsoberhäuptern ein Zeichen sein: Was die Politik nicht schafft, gelingt dem Sport. Mit einem kleinen Selfie, das in seiner Einmaligkeit den olympischen Geist vom gemeinsamen und friedlichen Zusammensein rund um den Erdball schickt. So als wäre es das die einfachste Sache der Welt.
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