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Olympia 1972: Warum der Augsburger Eiskanal für immer einzigartig bleibt

Olympia 1972

Warum der Augsburger Eiskanal für immer einzigartig bleibt

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    50 Jahre ist der Augsburger Eiskanal nun alt und hat nichts an seiner Attraktivität eingebüßt. Rund 33.000  Besucherinnen und Besucher bevölkerten bei der Kanu-WM im Juli diese historische Sportstätte.
    50 Jahre ist der Augsburger Eiskanal nun alt und hat nichts an seiner Attraktivität eingebüßt. Rund 33.000 Besucherinnen und Besucher bevölkerten bei der Kanu-WM im Juli diese historische Sportstätte. Foto: Andrea Bogenreuther

    Wie wohltuend nach 50 Jahren eine Schönheitskur auch für eine Sportstätte sein kann, zeigt sich am Augsburger Eiskanal. Nach einer zweijährigen Generalsanierung für rund 20 Millionen Euro, finanziert durch Bund, Land und Stadt, erstrahlt das Wahrzeichen der Olympischen Spiele 1972 wieder in neuem Glanz.

    Als vergangene Woche bis zu 33.000 Menschen zur Weltmeisterschaft auf die Kanuslalom-Anlage kamen, konnte man einen kleinen Eindruck davon gewinnen, wie sich die Stimmung vor 50 Jahren bei den Olympischen Spielen angefühlt haben muss. Damals bevölkerten die 30.000 an nur einem einzigen Tag die Rasentribünen und sorgten mit ihrer Begeisterung für eine eindrucksvolle olympische Premiere der Sportart Kanuslalom.

    Nicht nur am Eiskanal wurden in Augsburg 1972 olympische Wettkämpfe ausgetragen

    Der Eiskanal war zwar nicht die einzige Sportstätte, in der 1972 in Augsburg Wettbewerbe im Zeichen der fünf Ringe ausgetragen wurden – in der Erhard-Wunderlich-Halle wurde Handball gespielt, im Rosenaustadion Fußball –, doch nur an der Kanustrecke wurden auch Medaillen vergeben.

    Dass dabei überwiegend die Mannschaft der DDR Edelmetall abräumte, sorgte nicht gerade für eine Verbesserung der damals ohnehin schon belasteten deutsch-deutschen Beziehung. Zumal die Erfolge nicht nur auf die ausnehmend guten Vorbereitung der ostdeutschen Kanutinnen und Kanuten zurückzuführen war, sondern auch auf ihre tief greifenden Kenntnisse des Augsburger Wildwassers. Denn der Kanal in der Fuggerstadt war ausspioniert und in Teilen an der Mulde in Zwickau nachgebaut worden.

    Bei Niedrigwasser sind sie zu sehen. Die Betonhindernisse, die 1972 in den Augsburger Eiskanal zu den Olympischen Spielen eingebaut, aber immer wieder erneuert und saniert werden mussten.
    Bei Niedrigwasser sind sie zu sehen. Die Betonhindernisse, die 1972 in den Augsburger Eiskanal zu den Olympischen Spielen eingebaut, aber immer wieder erneuert und saniert werden mussten. Foto: Ulrich Wagner

    „Das ist ja nicht verboten, Wettkampfstrecken nachzubauen. Es macht sich nur nicht jeder die Arbeit und es kostet auch viel Geld“, sagte der ehemalige DDR-Kanu-Trainer Werner Lempert erst kürzlich bei einem Podiumsgespräch mit Zeitzeugen in Augsburg. Er selbst war damals mit Maßband und Fotokamera mehrfach nach Augsburg gekommen und hatte sich die Informationen geholt, die seinem Team noch fehlten. „Die Baupläne von Augsburg hatten wir nicht, aber vom Internationalen Verband ICF waren die Modellbaupläne der Strecke den teilnehmenden Nationen vorgestellt worden. Aber ein paar Details brauchten wir noch“, berichtete Lempert. Ihm war die Idee zum Nachbau gekommen, weil seine Mannschaft bei Testfahrten in Augsburg „überhaupt nicht mit dem Wasser zurechtgekommen ist.“

    Am 13. Mai 1970 war bei der Amsterdamer Sitzung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) die Entscheidung gefallen, Augsburg als Austragungsort der Kanuslalom-Disziplinen für die Spiele 1972 auszuwählen. Dort gab es mit dem natürlich abfallenden Gelände unterhalb des Hochablasses bessere Möglichkeiten, die erste künstliche und gleichzeitig von der Natur geflutete Kanuslalomstrecke der Welt zu bauen, als in der eigentlichen Olympia-Gastgeberstadt München.

    Seit 2017 steht der Augsburger Eiskanal aufgrund seiner Historie unter Denkmalschutz

    Mit dem Bau von Kanal und Gebäuden betraut wurden die Augsburger Architekten Reinhard Brockel und Erich R. Müller von der Olympia-Baugesellschaft sowie für die landschaftliche Gestaltung die Münchner Gartenarchitekten Gottfried und Anton Hansjakob. Diesen vier Experten gelang es, der Olympiaanlage jene einzigartige Optik zu geben, die bis heute Bestand hat und aufgrund ihrer Einzigartigkeit und historischen Bedeutung seit dem Jahr 2017 unter Denkmalschutz steht. 2019 wurde der Eiskanal auch in die Welterbeliste der Unesco aufgenommen.

    Wenn genügend Wasser da ist, zeigen sich die reißenden Stromschnellen und unberechenbaren Kehrwasser, die typisch sind für den Augsburger Eiskanal.
    Wenn genügend Wasser da ist, zeigen sich die reißenden Stromschnellen und unberechenbaren Kehrwasser, die typisch sind für den Augsburger Eiskanal. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Für den Bau dieser beispiellosen Wildwasserstrecke wurde 1970 der südliche Teil des Augsburger Hauptstadtbachs umgebaut und mit 35 Betonhindernissen auf einer Länge von über 350 Metern versehen. Am 20. Juli 1970 erfolgte der Spatenstich, im April 1971 waren die Arbeiten früher als erwartet abgeschlossen. Nur der reine Wettkampfabschnitt ist heute auf 280 Meter verkürzt, an der grundlegenden Streckenführung des Eiskanals hingegen hat sich seit den Olympischen Spielen nichts geändert.

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