Lieber Jürgen Klopp - oder Kloppo,
also erstmal: Herzlichen Glückwunsch zum neuen Job. Dürfte ja eine gute Work-Life-Balance verheißen, dieser Posten als Chefstratege bei Red Bull Fußball. Ob einer was kann - sei es als Trainer oder Spieler - dürftest du ja schnell erkennen. Und dann wirds halt darum gehen, diese Leute sinnvoll auf einen der vielen Red-Bull-Klubs der Welt zu verteilen. Finanziell (nicht, dass du das noch nötig hättest, wenn ich mir den Werbeblock bei Fußball-Übertragungen ansehe) sollte sich das Ganze ja auch lohnen. Und trotzdem: Hey, zugleich auch keinen herzlichen Glückwunsch. Was soll das denn?
Kloppo, du warst doch immer der, der das Richtige tat. Der, der mit einem untrüglichen Kompass für die gute Seite der Macht ausgestattet zu sein schien. Du hast in England nicht nur viele Spiele gewonnen, sondern auch gezeigt, dass Deutsche gute und witzige Dudes sein können. Dafür bist du Ehrenbürger von Liverpool geworden, als einziger Nicht-Engländer neben Nelson Mandela. Kürzlich gabs für deine Verdienste das Bundesverdienstkreuz, was ich persönlich zwar eine Stufe zu viel des Guten empfand, aber sei es drum. Selbst in Phasen, in denen du dich bescheuert verhalten hast, hast du noch die Kurve gekriegt. Als dir in Diensten von Borussia Dortmund mal im Gespräch mit einem Schiedsrichter die Gesichtszüge entglitten sind, hast du bei Sichtung der Bilder gesagt: „Ich sehe da aus wie ein Idiot, verhalte mich wie ein Idiot. Sehr wahrscheinlich bin ich ein Idiot.“ Macht auch nicht jeder so.
Klopps Schritt zu Red Bull ist nicht idiotisch oder verboten, aber einfach falsch
Es gibt einen Unterschied darin, sich wie ein Idiot zu verhalten, etwas Verbotenes zu tun oder das offensichtlich Falsche zu tun. Sogar deinen Abschied in Liverpool hast du perfekt gewählt. Du kamst als „The Normal One“ und gingst als „The Favourite One“, auf dem Höhepunkt deiner Beliebtheit. Weil du gemerkt hast, dass dein Tank leer ist. Loslassen zu können ist eine Kunst, die du beherrschst. Als du bei Red Bull unterschrieben hast, hast du weder etwas Idiotisches noch etwas Verbotenes, sondern einfach nur das Falsche getan. Du, der nur bei seinem Herzensklub Mainz und den Emotions-Magneten Dortmund und Liverpool gearbeitet hat, wirst nun an der Spitze eines globalen Fußball-Konzerns stehen. Und dort dafür sorgen, dass Spieler und Trainer wie Schachfiguren zwischen den Filialen, sorry: Vereinen, hin- und her geschoben werden. „Ich habe gerade nichts weniger als den Glauben an das Gute verloren“ lautete eine der getwitterten Reaktionen nach der Bekanntgabe.
Du könntest „nicht aufgeregter sein“, dich „an einem Projekt wie diesem zu beteiligen“, hast du verlauten lassen, lieber Kloppo. Immerhin das teilst du noch mit den meisten anderen, denen der Fußball am Herzen liegt.
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