Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

NHL: "Er war damals der Kleinste": Nico Sturm gewinnt Stanley Cup

NHL

"Er war damals der Kleinste": Nico Sturm gewinnt Stanley Cup

    • |
    Nico Sturm hat den Stanley Cup mit den Colorado Avalanche gewonnen.
    Nico Sturm hat den Stanley Cup mit den Colorado Avalanche gewonnen. Foto: Getty Images

    Der großartigste Moment in einer Eishockey-Finale-Serie ist, wenn die Anspannung exlosionsartig in Jubel umschlägt. In den letzten Sekunden des Duells zwischen der Colorado Avalanche und Tampa fieberte Nico Sturm von der Bank aus mit. "Da habe ich noch mal versucht, die Jungs verbal zu pushen. Das ein oder andere Stoßgebet nach oben gab es auch", sagte der Colorado-Stürmer im Interview mit dem Sender Sky. Nach der Schlusssirene und dem entscheidenden 2:1-Erfolg gegen Tampa Bay flogen die Handschuhe und Helme in hohem Bogen davon. Auf dem Eis blideten die Spieler ein zappelndes Jubel-Knäuel. "Das ist das Schwerste, was man in seinem professionellen Leben machen kann als Eishockey-Profi", sagte der gebürtige Augsburger nach dem 16. und entscheidenden Sieg der Avalanche in den Playoffs und fügte an: "Man hat sich vorgestellt, dass es eine Explosion der Gefühle sein wird. Aktuell fühlt es sich aber einfach unrealistisch an. Das wird ein paar Tage dauern."

    Mit 2:1 hatte die Mannschaft von Trainer Jared Bednar soeben bei Tampa Bay Ligthning gewonnen, immerhin zuletzt zweifacher Gewinner des Stanley Cups. Nun aber stemmten die Spieler aus Denver in der Halle des Rivalen eine der größten Sporttrophäen der Welt in die Luft. 90 Zentimeter hoch und 20 Kilogramm schwer – das sind die beeindruckenden Ausmaße der Silbertrophäe. "Man möchte nicht derjenige sein, der ihn fallen lässt", kommentierte Sturm mit einem Lachen. Der Augsburger ist erst der fünfte Deutsche nach Uwe Krupp, Dennis Seidenberg, Tom Kühnhackl und Philipp Grubauer, der sich den begehrtesten Eishockey-Titel der Welt, wertvoller als ein WM-Gewinn, holt.

    undefined

    Nico Sturm musste von Minnesota nach Colorado

    Der Weg zum Triumph war verschlungen. Nach der Saisonvorbereitung in Augsburg spielte Sturm zunächst für die Minnesota Wild. Erst Mitte März folgte der nicht ganz freiwillige Wechsel nach Denver. In einem 30 Sekunden kurzen Gespräche hatte der Wild-Manager dem Stürmer den Wechsel mitgeteilt "Das ging sehr geschäftlich zu", berichtete Sturm in einem Interview mit unseren Zeitung. Sturm wusste, dass er zu dem heißesten Stanley-Cup-Kandidaten gewechselt war, fand sich schnell zurecht. "Ich genieße das Vertrauen, das ich bekomme. Ich spiele in einer absoluten Topmannschaft und versuche, ihr zu helfen."

    Sturm konnte helfen, meist als Defensivstürmer in der dritten oder vierten Reihe. Sein Dank galt zuerst dem Sport-Management: "Nach dem Gewinn der Trophäe habe mich bei Joe (Sakic, General Manager, Anm. d. R.) bedankt, dass er mich mit ins Boot geholt hat. Sie haben mir die Möglichkeit gegeben zu zeigen, dass ich so einer Mannschaft helfen kann in bestimmten Situationen."

    Nico Sturm ist im Nachwuchs des AEV aufgewachsen

    Sturm ist im Nachwuchs des Augsburger EV unter dem Jugendtrainer und früheren AEV-Spieler Georg Hetmann groß geworden. "Er war damals der Kleinste und immer sehr ehrgeizig" erinnert sich Hetmann, selbst eine lebende AEV-Legende. Sturm, der auch für den ESV Kaufbeuren spielte, vergisst in solchen Augenblicken seine Wurzeln nicht. "Das Allerschönste ist, dass man solche Momente mit der Familie teilen kann, mein Bruder und meine Freundin sind hier. Ich möchte einfach Danke sagen, auch an meine Eltern zu Hause." Mutter Gabi und Vater Klaus luden am Montagabend zu einer spontanen Cup-Feier nach Neubergheim bei Augsburg.

    Von jenseits des Atlantiks grüßte auch der Bundestrainer. Toni Söderholm gratulierte über die sozialen Netzwerke "einem feinen Menschen und Athlet, der sich alles durch harte, kompromisslose Arbeit verdient hat. Genieß den Stanley Cup lieber @nicosturm7, den heiligen Gral im Eishockey". Es gebe ganz viele gute Spieler, auch deutsche Spieler, die diese Chance gar nicht bekommen hätten, sagte Sturm selbst. "Man muss Glück haben, dass man sich in so eine Position spielt."

    Der Klub nahm in den vergannenen Jahren eine erstanliche Entwicklung – vom Prügelknaben zum Topfavoriten. "Das schlechteste NHL-Team vor fünf Jahren hat seine Reise an die Spitze der Hockey-Welt Sonntagabend vollendet", schrieb die Denver Post. Am Ende der Saison 2016/17 hatte Colorado den 30. und letzten Platz in der NHL belegt. Die Bilanz verheerend: 56 Niederlagen in 82 Spielen.

    Nico Sturm (Zweiter von rechts) feiert den Gewinn des Stanley Cups zusammen mit seinen Teamkollegen der Colorado Avalanche.
    Nico Sturm (Zweiter von rechts) feiert den Gewinn des Stanley Cups zusammen mit seinen Teamkollegen der Colorado Avalanche. Foto: Phelan Ebenhack/AP, dpa

    Die Stanley-Cup-Trophäe kommt im Sommer nach Augsburg

    General Manager Sakic und Coach Bednar bauten eine hungrige Mannschaft, die zum dritten Mal nach 1996 und 2001 den Titel in die Stadt holte. Auf dem Eis trieben einige Stars das Team an, wie Sturm erzählte: "Die Anforderungen der Führungsspieler wie Nathan MacKinnon an alle einzelnen Spieler sind hoch." Ab jetzt ist jedoch Party angesagt. Am Donnerstag ist in Denver eine Parade geplant. Kurz darauf wird auch Nico Sturm seinen Sommerurlaub zu Hause antreten. Einer guten Marketing-Tradition folgend, darf jeder Profi den NHL-Pokal in eine Stadt seiner Wahl nehmen. Der Mann mit der Rückennummer 78, die Bezug nimmt auf das Gründungsjahr 1878 des Augsburger EV als ältestem Eislaufverein Deutschlands, hat sich offenbar schon entschieden. Der 20-Kilo-Pott wird im Sommer nach Augsburg kommen, kündigte der 27-Jährige jedenfalls an: "Der Stolz ist riesig – und als Augsburger hoffe ich, dass ich das Ding nach Hause holen kann."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden