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Nationalmannschaft: So reagieren Völler und Nagelsmann auf die DFB-Blamage gegen Österreich

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So reagieren Völler und Nagelsmann auf die DFB-Blamage gegen Österreich

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    Ein nachdenklicher Julian Nagelsmann. Dem Bundestrainer konnte nicht gefallen, was seine Nationalspieler gegen die Türkei und Österreich gezeigt hatten.
    Ein nachdenklicher Julian Nagelsmann. Dem Bundestrainer konnte nicht gefallen, was seine Nationalspieler gegen die Türkei und Österreich gezeigt hatten. Foto: Tim Groothuis, witters

    Rudi Völler hatte sich warm geredet. Davon zeugten nicht nur die Schweißperlen auf seiner Stirn, ebenso sein Tonfall. Mit ruhigen Worten hatte er zunächst auf die Fragen der Medienvertreter geantwortet. Mit jedem weiteren Satz steigerte sich der DFB-Sportdirektor in seine Ausführungen hinein. Während Vorgänger Oliver Bierhoff seine diplomatische Haltung selbst in erschütterten Grundfesten aufrechterhielt, redete sich Völler kurz vor Mitternacht in den Katakomben des Ernst-Happel-Stadions in Rage. "Es geht vordergründig gar nicht ums nackte Ergebnis. Aber die Art und Weise, das ist nicht schön, das können wir uns nicht gefallen lassen", polterte der 63-Jährige. Wer weiß, welches Narrativ er noch gewählt hätte, hätte ihn nicht ein Medienverantwortlicher des DFB zum Aufbruch gedrängt. Aber auch so hatten die Worte Sprengkraft

    Völler zeigte an diesem denkwürdigen Abend mehr Gefühle als die Nationalspieler zuvor auf dem Rasen. In den Ohren mussten dem Weltmeister von 1990 noch die teils verhöhnenden Gesänge der euphorisierten Austria-Fans dröhnen. Melodisch echoten sie "Auf Wiedersehen", "Gegen Österreich kann man mal verlieren" oder gipfelnd "Der DFB ist am Orsch". Die Demütigung durch den Nachbarn hatte Spuren hinterlassen. Erschreckend war der Auftritt des DFB-Teams beim 0:2. Chancenlos, blutleer, kopflos – so präsentierte sich die Auswahl im prestigeträchtigen Nachbarschaftsduell. 

    Appellierte nach der Österreich-Pleite an die Nationalspieler: Rudi Völler.
    Appellierte nach der Österreich-Pleite an die Nationalspieler: Rudi Völler. Foto: Walter Luger, witters

    Völler wollte sich daher gar nicht mit taktischen Fehlern aufhalten. Selbst hatte er 2002 eine deutsche Mannschaft ins WM-Finale geführt, die von Ballacks Kopfballtoren, Kahns Paraden und Zerstörern wie Jeremies oder Ramelow profitierte. Den Nationalspielern verzeiht er, wenn Bälle verspringen und Pässe ihr Ziel verfehlen, nicht aber mangelnden Einsatz und Leidenschaft. "Ich weiß, das ist immer ein Begriff, ein Wort, das strapaziert wird, aber uns fehlen die deutschen Tugenden", erklärte Völler. "Es wird uns nur gelingen, eine gute EM zu spielen und die Menschen wieder auf unsere Seite zu ziehen, wenn wir das machen, was die Türken und die Österreicher gemacht haben: die fünf Prozent, die wir in den Klubs weniger machen, hier mehr zu machen." Daran müsse man arbeiten, sonst werde es schwierig, fügte er noch an. 

    Verstörend wirkte die Aussagen des zur Pause ausgewechselten Stürmers Niclas Füllkrug. "Aus dem Nichts" hätte man das 0:1 von Sabitzer bekommen, meinte er, und verschwieg geflissentlich Großchancen des Gastgebers. Weitaus einsichtiger zeigten sich Kapitän Ilkay Gündogan oder der zurückgekehrte Mats Hummels, die auf dem Rasen ihrer Führungsrolle nur bedingt nachgekommen waren. Selbstkritisch sagte Gündogan: "Schlechter kann es gerade nicht sein. Vielleicht ist das der einzig positive Aspekt." 

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    Erst im März wird sich das Nationalteam wieder vereinen. Drei, vier Monate müsse man nun mit diesen Negativerlebnissen leben, resümierte der Spieler des FC Barcelona. Und prognostizierte: "Deutschland ist ein Debattenland, darin sind wir gut. Wir müssen auf uns selbst schauen. Jeder muss sich selbst klar werden, was er tun muss, um optimal vorbereitet zu sein, damit wir erfolgreich sein können. Wenn das klappt, gibt es auch einen Weg, sonst nicht." Seine Ausführungen schloss er mit Worten an Bundestrainer Nagelsmann. Alles auf dem Platz habe Gründe, die der Trainer sehr gut kenne. 

    Nagelsmann hatte während des Spiels viel gelitten, geschimpft und gezaudert. Als er kurz vor Mitternacht das Geschehene einordnete, äußerte er sich in einem mehrminütigen Monolog. Seine Kritik an der Mannschaft wollte er konstruktiv verstanden wissen. Charakterfragen mied er, sprach nur davon, "den Transfer nicht zu schaffen": von einer Einheit neben zu einer Einheit auf dem Platz. Das war eine der Botschaften, die er nach den Länderspielpleiten gegen die Türkei und Österreich anbrachte. Eine weitere: Die Spieler dürften nicht immer in der jüngeren Vergangenheit, deren Negativerlebnissen und kritischer Berichterstattung Ausflüchte suchen. "Diese Opferrolle bringt dich im Leben nie weiter", betonte der 36-Jährige. 

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    Nagelsmann zeigte auf, wie er die Mannschaft ab März für die EM rüsten möchte, damit er nach seinen Vorgängern Löw und Flick nicht die nächste Enttäuschung bei einem großen Turnier verantworten und wohl seinen Platz räumen muss. "Wir müssen akzeptieren, dass wir mit ein bisserl Kicken da nicht rauskommen. Wir müssen davon wegkommen, dass wir alle super Fußballer sind, sondern hin zum Arbeiten." Emotionen und Mentalität müssten Ausgangspunkt sein, damit die Qualitäten in Ballkontrolle und Offensivspiel ihre Wirkung entfachten. Nicht umgekehrt. Worte, ganz im Sinne von Rudi Völler. 

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