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Nationalmannschaft: Rangnicks Reformen sollen auch gegen die DFB-Elf funktionieren

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Rangnicks Reformen sollen auch gegen die DFB-Elf funktionieren

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    Ralf Rangnick hat mit der österreichischen Nationalmannschaft die Qualifikation für die EM 2024 geschafft. Im Testspiel gegen den DFB könnte er die Vorfreude auf das Turnier in Deutschland zunichte machen.
    Ralf Rangnick hat mit der österreichischen Nationalmannschaft die Qualifikation für die EM 2024 geschafft. Im Testspiel gegen den DFB könnte er die Vorfreude auf das Turnier in Deutschland zunichte machen. Foto: Christian Charisius, dpa

    Beinahe 25 Jahre ist es her, als zwei Männer in zu großen Anzügen sich vor einer Taktiktafel platzierten und Magnete verschoben: der eine "Sportstudio"-Moderator Michael Steinbrecher, der andere Ralf Ragnick. Der Fernsehauftritt, bei dem der Trainer die Viererkette erklärte, brachte ihm den damals belächelten Titel des "Fußballprofessors" ein. Ein Vierteljahrhundert später wird der gebürtige Baden-Württemberger von niemandem mehr belächelt. Mit seinen Systemfußball hat er nicht nur Taktiken revolutioniert, vor allem lieferte er Beweise, dass er damit Erfolg haben kann. Rangnicks Expertise holten sich etliche Klubs. Vor allem Red Bull, das weltweit Profifußballmodelle betreibt, machte sich das Wissen des Fußballlehrers zunutze. In seiner Funktion als Sportdirektor lotste er unter anderem Julian Nagelsmann im Sommer 2019 von der TSG Hoffenheim zu RB Leipzig.

    Rangnick und Nagelsmann vereint ein übergeordnetes Ziel

    Wenn sich Nagelsmann und Rangnick am Dienstag begegnen, sind die Voraussetzungen gänzlich andere. Tägliche Vereinsarbeit haben beide hinter sich gelassen, ihre Anleitungen sollen Nationalmannschaften zu positiver Entwicklung verhelfen. Das übergeordnete Ziel: ein gutes Abschneiden bei der EM 2024. Rangnick hat nach jüngsten Stationen bei Lokomotive Moskau und Manchester United vor 18 Monaten als Teamchef die Auswahl des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) übernommen. Hinter Belgien haben sich die Austrianer souverän als Gruppenzweiter direkt für das Turnier in Deutschland qualifiziert. Mehr Ausnahme denn Regel in der Vergangenheit des Verbands. 

    Nach einem weiteren Tiefpunkt, der verpassten Qualifikation für die WM in Katar, hatte Rangnick Österreichs Auswahl übernommen. "Ein Name, den viele vermutlich gar nicht für möglich gehalten haben", sagte ÖFB-Verbandspräsident Gerhard Milletich damals. Rangnicks Wirken trägt Früchte, mit den Erfolgen wächst das Selbstvertrauen. Sich als Favorit zu sehen, weist der 65-Jährige von sich, als er im Bauch des Ernst-Happel-Stadions Medienvertretern Auskünfte erteilt. Seinen analytischen Ton legt er auch nicht ab, als er von einem "brisanten, spannenden Duell" spricht. "Auf Vereinsebene würde man das als Derby bezeichnen", schiebt Rangnick noch hinterher. Wenn Deutschland diesmal in Wien antritt (Dienstag, 20.45 Uhr/ZDF), sind die Rollen allerdings nicht so eindeutig verteilt, wie dies früher der Fall war. Einerseits suchen Nagelsmann und der DFB weiterhin nach Wegen, zurück in die Weltklasse zu finden, andererseits haben die Österreicher eine enorme Entwicklung hingelegt.

    DFB-Heimniederlage gegen Österreich wäre emotional schwer zu vermitteln

    Kapitän David Alaba (Real Madrid) sticht heraus, doch auch seine Mitspieler behaupten sich inzwischen bei europäischen Spitzenmannschaften. Rangnick wirkt mit dem bisher Erreichten zufrieden. In Begegnungen mit Italien, Frankreich oder Kroatien hätten seine Spieler gezeigt, dass sie "auf Augenhöhe agieren" können. In keinem Spiel unter seiner Regie hätte er über fehlende Einstellung oder Mentalität klagen können. Nach dem Spiel gegen Deutschland würde er weitere Erkenntnisse gewinnen, so Rangnick. "Am Ende wird es wichtig sein, dass wir eine Turniermannschaft entwickeln. Dass wir uns auf das Turnier einschwören." 

    Nach dem Aus von Joachim Löw entschied sich der DFB gegen den Reformer Rangnick und setzte auf die naheliegende Lösung Hansi Flick. Rangnick war wiederholt als Bundestrainer im Gespräch, wie er selbst am Montag indes betonte, habe es "zu keinem Zeitpunkt" Kontakt mit dem DFB gegeben. Womöglich scheuten die Verantwortlichen die Verpflichtung des Erneuerers, der akribisch tüftelt, mitunter aber als anstrengender und schwieriger Charakter beschrieben wird. Österreichs Verband ist für Rangnicks Reformprozesse empfänglich. Strukturiert und offensiv - so traten Alaba und Co. zuletzt auf, deutlichste Sprache sprechen die Ergebnisse. 

    Nagelsmann, zu dem Rangnick seit Jahren losen Kontakt hält, könnten diese Österreicher einen unangenehmen Abend bescheren. Nach dem 2:3 in Berlin gegen die Türkei wäre eine weitere Niederlage zu Hause emotional schwer zu vermitteln. Statt Vorfreude und Euphorie würde das DFB-Team nach dem letzten Länderspiel 2023 Tristesse und Ratlosigkeit ins Jahr der Heim-EM mitnehmen. 

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