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Nationalmannschaft: Nach dem Sieg gegen die Niederlande steht Nagelsmann vor einem Luxusproblem

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Nach dem Sieg gegen die Niederlande steht Nagelsmann vor einem Luxusproblem

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    Niclas Füllkrug jubelt über seinen späten 2:1-Siegtreffer. Der Stürmer ist derzeit nur Joker in der Nationalelf, nimmt diese Rolle aber als Ansporn.
    Niclas Füllkrug jubelt über seinen späten 2:1-Siegtreffer. Der Stürmer ist derzeit nur Joker in der Nationalelf, nimmt diese Rolle aber als Ansporn. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Eines der wenigen Probleme sprach Toni Kroos direkt nach dem Spiel an. Die schlechte Nachricht nach dem Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die Niederlande sei, dass er "im Turnier keine Punkte bringt". Das Turnier ist die EM in zweieinhalb Monaten im eigenen Land und einzig darauf sind die Planungen von Kroos ausgelegt. Dass der 34-Jährige über den Sommer hinaus das Trikot der Nationalmannschaft trägt, ist unwahrscheinlich. Er ist der prominenteste Projektarbeiter im Team von Julian Nagelsmann.

    Dass ein Erfolg über den Nachbarn aus den Niederlanden keine Zähler einbringen würde, war selbstverständlich schon vor dem Anpfiff klar. Der Sieg aber brachte der neu zusammengestellten Mannschaft etliche Erkenntnisse, die für den Turnierverlauf möglicherweise genauso wertvoll sein könnten wie Punkte. Schließlich kann die Mannschaft mit einem Gefühl in die Vorbereitung auf das Heim-Event gehen, das ihr lange Zeit unbekannt war: Sie befindet sich auf einem guten Weg.

    Bundestrainer Julian Nagelsmann schaffte, woran seine Vorgänger scheiterten

    Innerhalb nur eines Lehrgangs hat Nagelsmann geschafft, woran seine Vorgänger Hansi Flick und Joachim Löw gescheitert sind. Er hat seiner Mannschaft eine klare Spielidee vermittelt und zudem jedem Akteur offensichtlich überzeugend erklärt, wie er helfen kann, diese Idee mit Leben zu füllen. Dabei war der 2:1-Erfolg gegen die Niederländer mindestens genauso wichtig wie der Sieg wenige Tage zuvor gegen die Franzosen. Beim Auswärtserfolg in Lyon gelang der Mannschaft beinahe alles, angefangen beim Führungstor nach lediglich acht Sekunden. In Frankfurt wiederum gelang dem Team bei Weitem nicht alles. Allerdings lehnte sich die Auswahl beeindruckend gegen alle Probleme auf, die ihr das Spiel in den Weg stellte. Da war der frühe Gegentreffer nach einem Fehler von Maximilian Mittelstädt. Zudem war der Rasen in einem Zustand, der laut Nagelsmann "wirklich Katastrophe" war. Vor allem der sonst so elegante Pirouettendreher Musiala landete ähnlich oft auf allen vieren wie ein Eiskunstläufer beim Einstudieren eines neuen Sprungs. In der zweiten Halbzeit fehlte es dem Team zudem beinahe eine halbe Stunde lang am Zugriff auf das Spiel, weil sich die Niederländer äußerst variabel in ihrer Struktur zeigten.

    Das deutsche Team aber verschaffte sich selbst wieder Zugriff auf das Spiel. Genauso, wie es sich vom 0:1 nicht aus dem Konzept bringen ließ. Dass der Siegtreffer der deutschen Mannschaft erst wenige Minuten vor Schluss fiel, war kein Zufall. Enge Partien würden oft jene Mannschaften gewinnen, "die es ein bisschen mehr wollen", so Nagelsmann. Seine Mannschaft wollte den Erfolg mit aller Macht. Dass es letztlich mit dem Sieg klappte, lag hauptsächlich an den Einwechselspielern. Niclas Füllkrug und Thomas Müller brachten genauso frischen Wind in das zuvor abgeebbte deutsche Angriffsspiel wie Chris Führich. 

    Eben jenen Spielern, die zu Spielbeginn mit einem Platz auf der Bank vorliebnehmen müssen, misst Nagelsmann große Bedeutung bei. Bei Turnieren würden in den meisten Fällen die Spiele nicht in der ersten Stunde entschieden, sondern in der letzten halben Stunde. Als Füllkrug zum 2:1 einschulterte, hatte Nagelsmann sechs Mal gewechselt. Der Trainer hat es geschafft, dass derzeit offenbar jeder Spieler die Rolle annimmt, die ihm Nagelsmann zugeteilt hat. Dabei waren Gespräche zu führen, "die sicherlich nicht immer angenehm waren", so der Coach. Schließlich würde jeder Spieler gerne von Beginn an auf dem Feld stehen.

    Nachdem Aleksandar Pavlovic, Manuel Neuer und Jan-Niklas Beste nicht mitwirken konnten, verfügte Nagelsmann über einen 23-Mann-Kader. Auf diese Sollzahl ist auch die Größe des EM-Kaders begrenzt. "Außer Frage steht: Falls alle gesund bleiben und so weiter performen, werden wir auf jeden Fall nicht zehn Spieler tauschen im Sommer. Eigentlich auch nicht fünf, vielleicht ein, zwei", kündigt der Trainer an. Einer dieser Plätze ist für Leroy Sané reserviert, der diesmal gesperrt fehlte. "Wenn er gesund ist, werden wir nicht auf ihn verzichten", stellte Nagelsmann dem Bayern-Spieler eine Garantie aus. Für Leon Goretzka, Mats Hummels, Niklas Süle und alle anderen, die sich Hoffnungen auf die EM machen, bedeutet das: Es wird sehr eng.

    Julian Nagelsmann steht vor einem Luxusproblem

    Dass der Bundestrainer vor der Herausforderung steht, weitere unangenehme Gespräche zu führen und arrivierten Akteuren mitzuteilen, nicht im EM-Kader zu stehen, ist eines von jenen Problemen, das sich der Coach wünschen dürfte. Ansonsten aber steht das deutsche Team erstmals seit langer Zeit nicht vor vielen Problemen – sondern vor einer EM, die nun mit vielen Hoffnungen verbunden ist.

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