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Nationalmannschaft: Glück und Pech trainieren nah beieinander: Der Kampf ums deutsche Tor

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Glück und Pech trainieren nah beieinander: Der Kampf ums deutsche Tor

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    Marc-André ter Stegen (links) und Manuel Neuer agieren auf Augenhöhe. Am Ende aber spielt doch immer der Münchner.
    Marc-André ter Stegen (links) und Manuel Neuer agieren auf Augenhöhe. Am Ende aber spielt doch immer der Münchner. Foto: Arne Dedert, dpa

    Leistungssport hat viel mehr mit Glück und Pech zu tun, als es die Protagonisten wahrhaben wollen. Das beginnt schon mit der Geburt. Fällt die nämlich in die ersten Monate eines Jahres, ist die Wahrscheinlichkeit viel größer, später erfolgreich zu sein. Das hat nichts damit zu tun, dass Januarkinder geschickter wären als Dezemberkinder. Sie zählen lediglich in ihrem Jahrgang immer zu den Ältesten und sind im Schnitt körperlich und motorisch etwas weiter entwickelt. Manuel Neuer, Marc-André ter Stegen, Oliver Baumann und Bernd Leno sind beispielsweise allesamt in der ersten Jahreshälfte geboren.

    Dieses Torhüter-Quartett trainierte bis Mittwoch zusammen in Frankfurt und wird sich dort möglicherweise so seine Gedanken zu Glück und Pech machen. Leno und Baumann sind wahrscheinlich schlicht glücklich, Mitglied der Nationalmannschaft sein zu dürfen. Ter Stegen wiederum dürfte eher hadern. Medienberichten zufolge hat sich Trainer Julian Nagelsmann darauf festgelegt, dass Manuel Neuer bei der kommenden EM das deutsche Tor bewacht. Das wäre Pech für ter Stegen, der dann abermals ein Turnier von der Bank aus verfolgen müsste. Sein größtes Pech aber ist es, mit einer Ausnahmeerscheinung um den Platz im deutschen Tor zu konkurrieren. 

    Manuel Neuer revolutionierte nebenbei das Torwartspiel

    Nun kommt es aber zur kuriosen Situation, dass ter Stegen in den kommenden beiden Länderspielen im Tor steht und den Platzhalter für Neuer gibt. Das kündigte Bundestrainer Julian Nagelsmann am frühen Mittwochabend bei einer Fan-Pressekonferenz des Deutschen Fußball-Bundes an. Neuer zog sich nämlich am Mittwoch einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zu und fällt für die Partien gegen Frankreich am Samstag (21 Uhr) und Dienstag gegen die Niederlande aus.

    "Wir haben Gott sei Dank einen Weltklasse-Torwart, der im Tor stehen und sicher eine gute Leistung zeigen wird“, sagte Nagelsmann über ter Stegen. Den Ausfall Neuers bezeichnete der Bundestrainer als "sehr, sehr ärgerlich“. Pech für Neuer. Zu den Turnierplänen für die Torwartposition äußerte sich Nagelsmann dabei aber nicht.

    Seit der WM 2010 stand Manuel Neuer bei jeder EM und WM im deutschen Tor. Lediglich beim zu vernachlässigenden Confederations Cup 2017 verzichtete er verletzt auf seinen angestammten Platz – es war der letzte Titel, den die deutsche Mannschaft bislang errang. Neuer selbst kam auch erst durch Schicksalsschläge und eine Verletzung zu seinem Stammplatz. Diesen sollten eigentlich Robert Enke und René Adler untereinander ausfechten. Schließlich stand Neuer in Südafrika im Tor, revolutionierte das Torwartspiel ganz nebenbei und dachte gar nicht mehr daran, seinen Platz aufzugeben.

    Ähnlich hatten es in vorherigen Dekaden Oliver Kahn und Sepp Maier gemacht. Auch sie blockierten das Gehäuse über Jahre hinweg. Nie aber durfte sich ein Konkurrent derart häufig berechtigte Hoffnungen machen wie ter Stegen. Zum einen waren seine Leistungen im Dress des FC Barcelona bislang sehr wohl dazu angetan, als Nummer eins in ein Turnier zu gehen, und zum anderen öffneten die Verletzungen Neuers häufiger scheinbar die Tür zu einer noch erfüllenderen Karriere in der Nationalmannschaft.

    Von November 2016 bis zum Juni 2018 musste Neuer wegen zweier Mittelfußbrüche für jegliche Termine der Nationalmannschaft passen. Kurz vor der WM aber legte sich Joachim Löw dennoch auf den Münchner als Stammtorwart fest. Als sich Neuer im Dezember 2022 einen komplizierten Bruch des Unterschenkels zuzog, konnte sich ter Stegen abermals ernsthafte Hoffnungen machen, endlich den Platz zwischen den Pfosten auf Dauer zu ergattern. Als Indiz dafür galt unter anderem, dass sich der damalige Bundestrainer Hansi Flick dazu entschloss, Ilkay Gündogan zu seinem Spielführer zu machen. Das sorgte für eine Verschiebung der tektonischen Platten innerhalb der Nationalmannschaft, Neuer schien an Einfluss zu verlieren. 

    Das Team aber mäanderte weiter vor sich hin, und ter Stegen gelang es in jener Phase nicht, sich unentbehrlich zu machen. Eine Rückenverletzung tat ihr Übriges, und statt sich als Nachfolger Neuers zu präsentieren, musste der Keeper zusehen, wie sein Konkurrent Manuel-Neuer-Sachen machte. Dieser nämlich kehrte nach über zehn Monaten wieder zurück ins Tor der Münchner und zeigte sofort in beeindruckender Selbstverständlichkeit, weshalb er immer noch zu den besten Torhütern der Welt gehört. Pech für ter Stegen.

    Marc-André ter Stegen bleibt nur der Platz auf der Bank

    Der steht nun abermals vor einem Sommer, in dem er mehrere Wochen ohne ernsthafte Aussicht auf Einsätze von seiner Familie getrennt ist. Diesmal in der Abgeschiedenheit Herzogenaurachs. Einige 32-jährige Väter könnten auf die Idee kommen, dass sich die Zeit sinnvoller nutzen ließe. In den vergangenen Jahren verzichtete ter Stegen darauf, seine Unzufriedenheit öffentlich zu äußern. Zwar sagte er mehrfach, dass es natürlich sein Ziel sei, als Stammtorwart der Mannschaft in ein Turnier zu gehen, verbale Kraftmeiereien aber gab es nicht zu hören. Für Julian Nagelsmann könnte dies wiederum ein großes Glück sein. Er hat genug damit zu tun, sich um den Bereich außerhalb des eigenen Strafraums zu kümmern. 

    Gegen Frankreich am Samstag wird mal wieder eine neu formierte Abwehrkette auflaufen, im Mittelfeld soll Toni Kroos bei seinem Comeback möglichst sofort das Spiel anleiten und im Angriff ist bislang noch fraglich, ob sich Wirtz, Musiala und Füllkrug gegen eine Defensive gehobenen internationalen Formats werden durchsetzen können. Was ein Glück, dass so viele Fragen auf einmal beantwortet werden. Ter Stegen dürfte das wohl deutlich anders sehen.

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