Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Nationalmannschaft: Julian Nagelsmann und sein bisher größtes Werk

Nationalmannschaft

Julian Nagelsmann und sein bisher größtes Werk

    • |
    • |
    Julian Nagelsmann hat bei der Nationalmannschaft die richtige Richtung gefunden.
    Julian Nagelsmann hat bei der Nationalmannschaft die richtige Richtung gefunden. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Nun ist es ja nicht so, dass Julian Nagelsmann in seiner Funktion als Bundestrainer alles gelungen wäre. Die Bahn hält sich weiter nicht an ihre Fahrpläne und der Sommer ging allzu abrupt in den Spätherbst über. Vielleicht ist aber auch gar nicht Julian Nagelsmann daran schuld. Sondern die SPD. Aus sportlicher Sicht ist dem ranghöchsten Übungsleiter des Landes nur wenig vorzuwerfen. Als letztes Indiz für die Rückkehr der Nationalmannschaft in die Weltspitze ist das 2:2 vom Dienstagabend gegen die Niederlande zu sehen.

    Der frühe Rückstand durch Tijjani Reijnders (2.) rüttelte die deutsche Mannschaft zwar gehörig durch, doch noch im Verlauf der ersten Halbzeit fand das deutsche Team zu beeindruckender Dominanz und belohnte sich dafür letztlich mit der Pausenführung. Dass die Treffer von Deniz Undav (38.) und Joshua Kimmich (45.+3) am Ende nicht für den Sieg reichten, dürfte in diesem Ausnahmefall sogar dem sehr, sehr gerne gewinnenden Nagelsmann ganz passabel ins Konzept passen. „Ich kann mit dem 2:2 leben. Das aus meinem Mund, das heißt was“, sagte er nach der unterhaltsamen Partie.

    Ich kann mit dem 2:2 leben. Das aus meinem Mund, das heißt was.

    Julian Nagelsmann, Bundestrainer

    Der Ausgleichstreffer durch Denzel Dumfries (51.) bringt Nagelsmann in die kommode Situation, die Sinne schärfende mahnende Worte finden zu können, ohne allzu lange zu suchen. Jamal Musiala mit einem arg leichtfertigen Ballverlust sowie Nico Schlotterbeck und David Raum, die sich gleichermaßen mäßig positionierten, begünstigten den Gegentreffer. Weil auch zuvor schon Schlotterbeck, vor allem aber Tah, gegen Brian Brobbey in ziemliche Nöte gerieten, kann die Abwehr als jener Mannschaftsteil identifiziert werden, an dem am meisten gearbeitet werden kann.

    Ansonsten aber war die Partie ein abermaliges Beispiel für den herausragenden Umschwung, den hauptsächlich Nagelsmann zu verantworten hat. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Hansi Flick verfügt er kaum über zusätzliche Spieler. Deniz Undav, Robert Andrich oder Pascal Groß gehörten auch schon vor einem Jahr in jene Alterskohorte, in der Spieler dem besten Fußballeralter zugeordnet werden. Flick aber vermochte sie nicht gewinnbringend in den Kader zu integrieren oder verzichtete gänzlich auf sie. Ehrlicherweise ist auch Nagelsmann nicht von Beginn seiner Amtszeit an auf die Idee gekommen, das Leistungsprinzip mit exakten Rollen-Definitionen zu kombinieren.

    Unter Julian Nagelsmann entwickelte sich Pascal Groß zu einem Stammspieler in der Nationalmannschaft.
    Unter Julian Nagelsmann entwickelte sich Pascal Groß zu einem Stammspieler in der Nationalmannschaft. Foto: Fabian Strauch, dpa

    Ende September vor einem Jahr stellte der DFB Nagelsmann als Nachfolger des erfolglosen Flick vor. Der Neue machte erstmal weiter wie der alte. Serge Gnabry, Leon Goretzka oder Mats Hummels haben sich im Herbst 2023 noch keine Gedanken um die Sommerplanung 2024 machen müssen, für sie galt die EM als gesichert. Als Nagelsmann seinen taktisch-reformatorischem Eifer nicht mehr zurückhalten konnte und Kai Havertz als Linksverteidiger aufbot, erlitt die Mannschaft gegen die Türkei und in Österreich zwei schlimme Niederlagen. Diese Partien änderten den Blick des Trainers auf sein Team.

    Mit neuem Kader und simplen Ideen gelang der Umschwung mit zwei Siegen gegen Frankreich und die Niederlande im Frühjahr 2023. Seitdem werden Trainer und Mannschaft von der Frage verfolgt, wo sie im internationalen Vergleich stehen. Nach dem Sondereffekte wie die Stimmung während der Heim EM mittlerweile zu vernachlässigen sind, ist klar: Diese Auswahl gehört zur Weltspitze. „Wir sind nicht weit davon entfernt, etwas Großes zu leisten“, war sich der nach seinem ersten Länderspieltor euphorisierte Undav sicher.

    Deutschland gehört zum Favoritenkreis bei der WM

    Da mag der Stürmer des VfB Stuttgart sogar recht haben, allerdings trifft diese Aussage auf mindestens ein halbes Dutzend Mannschaften im Weltfußball zu. Franzosen und Spanier dürften dem deutschen Team weiterhin individuell überlegen sein. Die Holländer standen aus vernünftigen Gründen im Halbfinale der EM, die Engländer machen sich weiterhin berechtigte Hoffnungen auf einen Titel und Argentinien sowie Brasilien werden in zwei Jahren gewiss auch zum Favoritenkreis gehören. Dann nämlich geht es bei der WM das nächste Mal darum, „etwas Großes“ zu leisten.

    Es gibt keine Garantie für Erfolge. Was aber Nagelsmann bislang schon erreicht hat, ist enorm. Innerhalb weniger Monate hat er innerhalb der Mannschaft ein Klima geschaffen, das angenehm und leistungsfördernd ist. Die Fans goutieren das nach nebligen Jahren fußballerischer Belanglosigkeit. Sie verfolgen die Partien wieder, weil sie der Mannschaft zugewandt sind und sich hervorragend unterhalten fühlen. Das ist hauptsächlich Julian Nagelsmann zu verdanken. Um den Rest soll sich die SPD kümmern.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden