Es ist nicht üblich, dass der Bundestrainer mit zwei Büchern gewürdigt wird, noch bevor er seine Arbeit antritt. Allerdings war nun die bisherige Karriere von Hansi Flick auch kaum mit einer anderen zu vergleichen - dabei wuchs er doch in größtmöglicher Normalität auf. Geboren in Heidelberg, der erste Sportverein mit dem nicht nach Großmannssucht trachtenden Namen "BSC Mückenloch". Das war die Jugend Flicks.
Mit nun 56 Jahren ist er Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft. Nach der Europameisterschaft übernimmt er den Job von Joachim Löw. Flick hat sich sich für den Posten qualifiziert, indem er eine wankende Mannschaft des FC Bayern binnen kürzester Zeit auf feste Füße stellte und in nicht einmal zwei Jahren zu sieben Titel führte, darunter der Sehnsuchtssieg in der Champions League 2020.
Der Eindruck von Hansi Flick stimmt: bodenständig und durchsetzungsstark
Kein Wunder, dass die Autoren Günter Klein und Christof Kneer Bücher zum Wirken des Trainers schrieben. Klein in Form einer kenntnisreichen Biografie, Kneer nähert sich dem Menschen Flick über jene 36 Spiele an, die der Coach vom Start seiner Chefttrainer-Tätigkeit bis zum Champions-League-Triumph benötigte. Zwei Bücher, die den öffentlichen Eindruck Flicks bestätigen. Ein bodenständiger Typ, der in der Lage ist, seine Vorstellungen umzusetzen.
Ehe er Niko Kovac im September 2019 als Trainer des FC Bayern ablöste, hatte er ihm wenige Monate zugearbeitet. Es war die Idee der Vereinsbosse, Kovac einen Taktikexperten an die Seite zu stellen. Einen, der mit Stars umgehen kann. Einen, der im Notfall das Team übernehmen kann. Der Notfall trat nach einer krachenden 1:5-Niederlage gegen Frankfurt ein. Binnen weniger Tage formte er aus der zögerlichen Mannschaft ein aggressives Team, das seinen Gegnern Raum und Zeit raubte. Er gab Thomas Müller und Jerome Boateng jenes Selbstbewusstsein zurück, das in den vorherigen Monaten verloren gegangen war.
Hansi Flick wird auch als Bundestrainer ein Kümmerer sein
Er machte das, was er schon in seiner Zeit als Co-Trainer von Joachim Löw machte. Flick war nicht nur der Gutelaune-Onkel, wie es manch Assistent ist. Flick kümmert sich um Menschen. Egal ob Spieler, Busfahrer oder Zeugwart. Er ist ihnen zugewandt. Wie man es eben ist, wenn man in Heidelberg geboren wird, seine ersten Spiele für Mückenloch absolviert.
Dabei aber vergisst Flick nicht, eigene Ambitionen zu verfolgen. Er holte bereits als Spieler vier Meisterschaften mit dem FC Bayern. Auch in den 80er-Jahren ließ der Konkurrenzdruck denen in der Bayern-Kabine kaum Platz, die emotional wenig stabil waren. Als sich Flick 2017 als Geschäftsführer bei der TSG 1899 Hoffenheim auf den Weg machen wollte, den Verein in die nationale Spitze zu führen, hielt das Vorhaben nur acht Monate. Man trennte sich in gegenseitigem Einvernehmen. Die Floskel trifft wohl zu, schließlich hatten beide Seiten wenig Lust auf den jeweils anderen. Wie später auch in München scheiterte die Zusammenarbeit unter anderem an unterschiedlichen Kompetenzvorstellungen.
Flick und Salihamidzic: Eine Beziehung von kurzer Dauer
Die Bayern konnten Flick letztlich nicht halten, weil sie ihm ein größeres Mitspracherecht bei Transfers versagten. Flick konnte auf persönlicher Ebene wenig mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic anfangen und stand auch dessen beruflicher Tätigkeit eher skeptisch gegenüber. Wie schon in Hoffenheim reagierte Flick konsequent. Er ging.
Nun ist er Bundestrainer. Als solcher hat er zweifelsfrei mehr Zeit für Ehefrau Silke, seine beiden Töchter und zwei Enkel als er es als Coach beim FC Bayern hatte.
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