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Nationalmannschaft: Eine Kante namens Nagelsmann

Nationalmannschaft

Eine Kante namens Nagelsmann

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    Ex-Football-Profi Markus Kuhn präsentiert mit Bundestrainer Julian Nagelsmann und Sportdirektor Rudi Völler die NFL-Trikots der New England Patriots.
    Ex-Football-Profi Markus Kuhn präsentiert mit Bundestrainer Julian Nagelsmann und Sportdirektor Rudi Völler die NFL-Trikots der New England Patriots. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Zugegeben, es fällt schwer, sich beim Blick auf das New England Revolution Training Center vorzustellen, dass ausgerechnet hier eventuell der Grundstein für eine neue Fußball-Euphorie in Deutschland gelegt werden soll. Dass auf den beiden hiesigen Rasenplätzen von Foxborough, einem 18.000-Einwohner-Städtchen irgendwo im Nirgendwo von Massachusetts, womöglich gar ein solcher Teamspirit entsteht, der die zuletzt so schwächelnde Deutsche Fußball-Nationalmannschaft zum Europameister 2024 im eigenen Land führen könnte.

    Für Fans des American Football ist Foxborough, knapp 35 Kilometer südwestlich von Boston, natürlich ein fester Begriff. Gar eine Art Pilgerstätte. Denn hier steht das Gillette Stadium, Heimspielstätte der New England Patriots. Von hier aus haben einst Quarterback-King Tom Brady und der ewig maulige Trainer-Kauz Bill Belichick mit ihren Pats die National Football League dominiert, zwischen 2002 und 2019 sechs Mal den Super Bowl gewonnen. Football und Foxborough – logo. Aber Fußball?

    Ein Großteil der Spieler ist Bundestrainer Nagelsmann bekannt

    Julian Nagelsmann sind derartige Gedankenspiele total egal. Er hat ohnehin keine Zeit für sie. Der neue Bundestrainer soll und will die zehntägige USA-Reise der Nationalmannschaft nutzen, sein Team, das er mindestens bis zum Ende der Heim-EM trainieren wird, besser kennenzulernen.

    Viele Profis, vor allem die fünf Bayern-München-Spieler Leon Goretzka, Joshua Kimmich, Jamal Musiala, Leroy Sané und Thomas Müller sind ihm natürlich noch bestens bekannt. Das Quintett hatte Nagelsmann bis zu seiner Entlassung beim deutschen Rekordmeister am 23. März trainiert. Mit Niklas Süle und Oliver Baumann hatte er einst als Coach der TSG Hoffenheim zusammengearbeitet.

    Nun mag die Abgeschiedenheit von Foxborough ideal anmuten, um zu trainieren, Einzelgespräche zu führen und sich so besser kennenzulernen. Knapp 6000 Kilometer von Deutschland entfernt. Inmitten des Indian Summer, für den der Nordosten der USA so bekannt ist. Doch Nagelsmann hat insgesamt nur fünf Einheiten sowie die beiden Testspiele am Samstag in Hartford gegen die USA und am Dienstag in Philadelphia gegen Mexiko mit seinem Team.

    Die Spieler bereiten sich auf dem Gelände der New England Patriots auf die kommenden Spiele vor.
    Die Spieler bereiten sich auf dem Gelände der New England Patriots auf die kommenden Spiele vor. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Und deshalb sei es ihm wichtig, seine Inhalte "schnellstmöglich rüberzubringen" und zudem "die erste Grundstruktur zu schaffen", hatte Nagelsmann vor dem Abflug in Frankfurt hervorgehoben. Was er damit meint, wurde beim ersten Training am Dienstagnachmittag schnell klar. Der 36-Jährige ließ seine 25 Profis, nur rund 600 Meter vom mächtigen Gillette Stadium entfernt, diverse Pass-Formen trainieren. Mal mit drei Spielern, dann mit sechs – und zum Schluss sogar auf engstem Raum im Strafraum mit Torabschluss.

    201 Tage nach seiner Entlassung bei den Bayern war ihm dabei die Freude an der Rückkehr auf den Trainingsplatz deutlich anzumerken. In heller Jacke und dunklen Shorts gab er klare, unüberhörbare Kommandos, geizte nicht mit Lob und Aufmunterung, unterbrach jedoch mitunter auch, wenn ihm die Ausführung nicht gefiel – und machte die Übung selbst vor.

    An seiner Seite verfolgten seine beiden Assistenten Sandro Wagner und Benjamin Glück sowie sowie DFB-Sportdirektor Rudi Völler und Geschäftsführer Andreas Rettig alle Aktionen der Akteure ganz genau.

    Der Zeitunterschied war kaum noch bemerkbar

    "Ich glaube, es war wichtig, direkt viel an den Ball zu kommen, Gefühl für den Ball zu kriegen", resümierte Mittelfeldspieler Jonas Hofmann. Er war erst 24 Stunden zuvor mit dem Gros des Teams von Frankfurt aus kommend in Boston gelandet. Der Zeitunterschied von sechs Stunden zwischen der Main-Metropole und der Hauptstadt von Massachusetts war dem 31-Jährigen von Bundesliga-Tabellenführer Bayer Leverkusen jedoch kaum anzumerken.

    Kapitän Ilkay Gündogan hob hervor, Nagelsmann habe dem Team "relativ klare Ansagen über Prinzipien, die wir in unserem Spiel haben wollen" gegeben. Sonst noch was? "Ja", ergänzte der 32-Jährige und lächelte. Es sei für ihn "ein bisschen überraschend" gewesen, wie groß Nagelsmann sei. Bislang kannte Gündogan den 1,90 Meter großen Coach nur aus dem Fernsehen. Und dort habe er "gar nicht so wahrgenommen, dass er schon eine gute Statur hat".

    Zum Abschluss der Einheit gab es für alle Spieler eine Überraschung. Der ehemalige deutsche NFL-Profi Markus Kuhn, der 2016 einige Monate zum Kader der New England Patriots gehörte, überreichte seinen Landsleuten Trikots seines ehemaligen Vereins. Thomas Müller streifte sein Jersey mit seiner Rückennummer 13 und seinem Namen sofort über und schlenderte damit sichtlich stolz zum Mannschaftsbus. Football und Foxborough – das passt einfach.

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